Kurz vor Ende des Prozesses eskalierte die Lage im Saal. Die Stimmung war nach einer kritischen Aussage des Richters zur Burka von Mona S. aufgeheizt.
Zu einer weiteren Eskalation ist es am vierten und letzten Verhandlungstag im Wiener Terror-Prozess gekommen, obwohl zu diesem Zeitpunkt das Beweisverfahren gegen Mohamed M. und Mona S. an sich bereits abgeschlossen war. Ehe Staatsanwalt Michael Klackl am Mittwochnachmittag sein Schlussplädoyer halten sollte, ordnete der Richter eine viertelstündige Verhandlungspause an. Diese wollte Mohamed M. dazu nützen, um noch ein Mal mit seiner Frau Mona S. zu sprechen.
Abgeführt
Als Richter Norbert Gerstberger das ablehnte,
weil das Verfahren nunmehr in einem "kritischen Stadium" sei,
spielten sich im Großen Schwurgerichtssaal dramatische Szenen ab. Vier
Justizwachebeamten wollten Mohamed M. umgehend und eher unsanft abführen:
Sie legten ihm mit Bestimmtheit Handschellen an, wobei sie offenbar die
verletzte rechte Hand des 22-Jährigen zu hart anfassten.
"Sie tun mir weh!"
"Sie tun mir weh! Sie tun mir
weh!", brüllte Mohamed S., wobei er sich gegen seine Verbringung aus
dem Saal stemmte. "Sehen Sie, die tun mir weh!", rief er dem
Richter zu, während ihn die Justizwache zum Ausgang drängte. Da begann
Mohamed M. wieder erzürnt um sich zu schlagen. Beinahe stieß er gegen eine
Begrenzungsbarriere, die das Publikum von den Prozessbeteiligten trennt. Das
Wachpersonal hatte alle Mühe, ihn aus dem Saal zu bringen.
Verwandte wollen Mohammed retten
Als das geschehen war, hörte
man hinter der Tür Gepoltere und laute Schreie des Mannes, worauf Verwandte
und Freunde des Mannes Richtung Tür laufen wollten, allerdings am Zutritt
gehindert wurden.
Schwiegermutter wollte eingreifen
Auch die Familie von Mona S.
zeigte sich erbost. Deren Mutter eilte ins Zeugenzimmer, um über einen
Verbindungsgang zu ihrem Schwiegersohn vorzudringen und diesem Beistand zu
leisten. Die Justizwache stellte sich ihr in in den Weg. "Das ist
Misshandlung!", rief die Frau. Ein jugendlicher Prozessbesucher machte
Anstalten, einen Wachebeamten körperlich zu attackieren, konnte aber von
einem besonneneren Erwachsenen von Handgreiflichkeiten abgebracht werden.
Eskalation drohte
Die Situation drohte über Minuten hinweg zu
eskalieren. Die Verhandlungspause musste daher notgedrungen ausgedehnt
werden. Endlich hatten sich die Gemüter wieder halbwegs beruhigt, so dass
der Staatsanwalt knapp vor 17.00 Uhr zu seinem Schlussvortrag ansetzen
konnte.
Fetzen vor dem Gesicht
Mona ließ sich zu Beginn in den Großen
Schwurgerichtssaal bringen, um eine Stellungnahme abzugeben. Sie war gleich
am ersten Verhandlungstag wegen ihres Schleiers vom Prozess ausgeschlossen
worden. Die 21-Jährige war aber nicht zu verstehen, zumal ihr Mikrofon
abgedreht war. "Es ist jemand relativ schwer verständlich, der einen
Fetzen vor dem Gesicht hat", stellte Richter Norbert Gerstberger fest.
Mona wurde wieder abgeführt.
Richter entschuldigt sich
Mohamed M. legte am Rande Protest
gegen diese Bemerkung des Richters ein: "Ihre Aussage, meine Frau hätte
einen Fetzen vor dem Gesicht, war eine ziemlich schwere Beleidigung!" "Ich
bin bereit, das zurückzunehmen, wenn sich dadurch jemand beleidigt fühlt",
erwiderte Richter Norbert Gerstberger. "Ja, ich!", rief darauf die
unter den Zuhörern sitzende Mutter von Mona S. Als deren Wortmeldung
auszuufern drohte, ersuchte sie der Richter, sich ruhig zu verhalten, das er
sie ansonsten aus dem Verhandlungssaal entfernen lassen müsse.
"Nichts Unrechtes getan"
Ihre schriftliche
Stellungnahme wurde verlesen. Darin beteuert die junge Frau: "Gott weiß
es am Besten, ich habe nichts Unrechtes getan! Übersetzen ist keine Straftat."
Der Staatsanwalt wirft ihr vor, für Mohamed Übersetzerdienste geleistet und
sich damit propagandistisch für die al-Qaida betätigt zu haben. "Dass
wir Sachen von der al-Qaida übersetzt haben, heißt nicht, dass wir auch die
Meinung vertreten haben", so Mona.
Akten werden nicht vernichtet
Im Anschluss lehnte das Gericht
den Antrag des Verteidigers auf Vernichtung von Aktenbestandteilen ab, die
die Polizei auf Basis einer Keylogg- und Screenshot-Überwachung des
Computers von Mohamed gewonnenen hatte. Die Begründung: Die Grenzen des
Erlaubten wurden bei den Ermittlungen nicht überschritten.
Gerstberger räumte ein, dass die heimliche Installation einer speziellen Angriffs-Software zwar eine "Besonderheit" sei, rechtlich aber dasselbe darstelle wie eine Video-Kamera. Der Verteidiger beantragte daraufhin die Beiziehung eines EDV-Sachverständigen, um zu beweisen, dass in gesetzwidriger Weise ermittelt wurde.