Die Aut Idem-Regelung kommt, genauso die Patientenquittung und die Einzelverträge für Kassenärzte. Und der Hauptverband wird eine Holding.
Regierung und Sozialpartner haben sich Dienstag früh auf eine Gesundheitsreform zur Sanierung der defizitären Krankenkassen verständigt. Nach ewigem Hin und her wird der Vorschlag der Sozialpartner offenbar doch in großen Zügen übernommen. Damit kommen zahlreiche umstrittene Punkte: die Aut Idem-Regel - wo die Ärzte nur mehr den Wirkstoff verschreiben, die Patientenqittung - die der Arzt dem Patienten nach jedem Ordinationsbesuch schreiben muss, und der Hauptverband wird eine Holding.
Gegen Kdolsky-Wunsch
ÖVP-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky hatte noch am Wochenende angekündigt, dass es keine Patientenquittung geben werde, weil der bürokratische Aufwand für die Mediziner zu hoch wäre. Außerdem hatte sie die Aut idem-Regelung auf 2011 verschoben, was nun auch nicht geklappt hat. Der Begutachtungsentwurf soll am Mittwoch verschickt werden.
Aut idem mit 2 Ausnahmen
Die Aut Idem-Regelung soll mit zwei Ausnahmen versehen werden und ab 2010 in Kraft treten. Einerseits muss gewährleistet sein, dass chronisch Kranke durchgängig überall ihr bisheriges Medikament weiter bekommen. Und andererseits kann der Arzt weiterhin einem Patienten ein bestimmtes Medikament verschreiben, wenn er weiß, dass nur dieses und nicht ein anderes ihm hilft. Zudem soll die Aut Idem-Regelung schon aus dem Spital heraus zur Anwendung kommen.
Patientenquittung eingeführt
Die Patientenquittung soll bei jedem Arzt mit neuem Kassenvertrag ab diesem August ausgestellt werden müssen. Ärzte mit bestehenden Verträgen müssen die Quittung erst 2012 ausstellen.
Einzelverträge für Ärzte
Auch die von den Ärzten entschieden abgelehnte Möglichkeit von Einzelverträgen im Falle eines vertragslosen Zustandes wird geschaffen. Ärzte, die während einer solchen Phase einen Einzelvertrag akzeptieren, sollen dann, wenn es wieder einen Gesamtvertrag gibt, eine Kassenstelle zugesichert bekommen.
Auch die von den Sozialpartnern vorgeschlagene Möglichkeit der Kündigung von Kassenverträgen ist in dem Entwurf enthalten, wenn die Ärzte bestimmte Vorgaben nicht erfüllen. Das bezieht sich allerdings nicht auf ökonomische Richtlinien, sondern auf qualitative.
Hauptverband als Holding
Ebenfalls vorgesehen ist die Umwandlung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger in eine Holding mit einem Durchgriffsrecht auf die einzelnen Träger und einer verstärkten Aufsicht des Bundes. Dagegen hatten sich sowohl rote als auch schwarze Gewerkschafter ausgesprochen. Neben dem zuständigen Gesundheits-und Sozialministerium, wird auch das Finanzministerium Kommissäre entsenden. Diese Kommissäre werden nicht nur die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen prüfen, sondern auch die Wirtschaftlichkeit.
Überbrückungshilfe für Kassen
Die Überbrückungshilfe des Bundes für die Kassen von insgesamt 450 Millionen Euro bis 2012 ist in dem Paket auch enthalten. Sie soll in drei Tranchen zu je 150 Millionen ausgezahlt werden. Die Sozialpartner hatten vorgeschlagen, heuer mit 150 Millionen zu beginnen und dann bis 2012 jährlich um 30 Millionen weniger zu überweisen. Als weitere Finanzhilfe vorgesehen ist, dass der Hebesatz für die Pensionen im ASVG auf das Niveau der Bauern angehoben werden soll, was elf Millionen pro Jahr bringen soll.
Länder vorerst verschont
Nicht im Paket enthalten sind die Bereiche, die die Länder betreffen, weil dazu der Finanzausgleich aufgeschnürt werden müsste. Das von den Sozialpartnern vorgeschlagene Einfrieren der Pauschalzahlungen der Krankenversicherung an die Landesfondsspitäler kommt daher vorerst nicht.
Die Begutachtung soll nur zwei Wochen laufen. Das Gesetz soll noch vor dem Sommer im Parlament beschlossen werden und mit Beginn nächsten Jahres in Kraft treten.
Ärzte und Kasse laufen Sturm
Ärzteschaft und Gebietskrankenkasse in Oberösterreich laufen Sturm gegen die Pläne. Sie befürchten, durch die Zentralisierung würde die jahrzehntelange Selbstverwaltung in den Ländern zerschlagen, für den Patienten komme es zu Verschlechterungen. Einzelverträge zwischen Medizinern und Kassen würden zu einer Zwei-Klassen-Medizin führen, die Zahl der Ärzte werde sinken, die flächendeckende Versorgung mit Fachärzten sei gefährdet.
Die Aut Idem-Regelung sei ein grober Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Man habe sowieso eine hohe Ausschöpfungsquote bei Generika, und die Einsparungen seien dadurch auch nicht berauschend.