Regierung: Streit um neue Steuern
16.05.2010
Knallharter Poker um den Sanierungsbeitrag der Banken: Pröll ist jetzt für
500 Mio.-Bankenabgabe, aber gegen Solo bei Spekulationssteuer.
Diese Ansage von Finanzminister Josef Pröll sorgt für Zündstoff in der
Koalition: Im ÖSTERREICH-Interview spricht er sich glasklar für eine
Bankenabgabe im Volumen von 500 Millionen Euro aus.
Und erteilt gleichzeitig einem der Lieblingsprojekte von Kanzler Werner
Faymann und dem schwarzen Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl eine
knallharte Absage: „Ein Solo
bei der Finanztransaktionssteuer für Spekulationsgeschäfte gibt es mit mir
nicht. Diese Steuer gibt es EU-weit oder gar nicht.“
VP-intern dürfte Leitl, der die Bankenabgabe etwa in ÖSTERREICH massiv
kritisierte, ziemlich allein bleiben: Er will lieber im Land – notfalls ohne
EU – Spekulanten mit 0,05 % (1 Mrd. €) besteuern, als „per Bankenabgabe
Kredite für investierende Unternehmen zu verteuern“. Dagegen wettern nun von
Industriellenvereinigung bis Prölls Staatssekretär Reinhold Lopatka fast
alle VP-ler.
Spannend wird es freilich, was die SPÖ zu Prölls Vorschlägen zu sagen hat:
So wendete sich zuletzt Kanzler Werner Faymann vehement gegen „jede Form von
neuen Massenbesteuerungen wie eine Erhöhung der Mineralölsteuer“. Und heute
wird der Kanzler bei der SP-Klubklausur im Burgenland noch einmal Klartext
sprechen: „Mit den bis zu zwei Milliarden aus den SP-Steuervorschlägen, die
vor allem Vermögende, Banken und Spekulanten treffen, braucht man für 2011
keinerlei Massensteuern.“
Faymanns Geheimpapier: 50 Seiten Frontalangriff
Ein SP-internes
Geheimpapier, das noch nicht ganz fertig ist, aber laut Insidern 50 Seiten
Frontalangriff auf Prölls Pläne darstellen soll, wird die Grundlage für
Faymanns Alternativplan zu Prölls Ideen sein – und in dem Papier unter dem
Arbeitstitel „Mehr Gerechtigkeit“ hat die von Pröll so hart bekämpfte
Transaktionssteuer ebenso einen Fixplatz wie andere „Grausigkeiten“ für
Banken und Superreiche.
"Alleingang bei Finanzsteuer ist undenkbar"
ÖSTERREICH: Herr Finanzminister, ganz Österreich wartet
auf Ihr Budget – aber es kummt net. JOSEF PRÖLL:
Stimmt nicht. Wir werden schon diese Woche im Parlament die
Budget-Obergrenzen für alle Ressorts beschließen. Das wird ein
Meilenstein. Jedes Ressort wird zwischen 3 und 4 Prozent gegenüber dem
Vorjahr einsparen. Nur bei Bildung, Forschung und Sicherheit muss
nicht gespart werden, weil das wichtig für die Zukunft ist. Aber wir
beschließen die größte Schuldenbremse der Republik.
ÖSTERREICH: Wissen Sie bereits, wie Ihr Budget für 2011 aussehen wird? PRÖLL:
Wir planen einen massiven Schuldenabbau. Schon 2011 wird es statt
der bisher vorgesehenen 5 Prozent nur noch 4 Prozent Neuverschuldung
geben, bis 2013 sinkt die Neuverschuldung sogar auf 2,7 %. Wir sind
damit Europameister – die Deutschen haben mehr Schulden als wir, die
Franzosen deutlich mehr Defizit, die Engländer viel, viel mehr.
ÖSTERREICH:
Warum sind Sie gegen die Bankensteuer? PRÖLL: Ich war nie gegen
die Bankensteuer – im Gegenteil: Die Bankensteuer ist ab 1. Jänner
2011 mit 500 Millionen Euro im Budget fix eingeplant. Wir haben
bereits Arbeitsgruppen, wo wir sehr intensiv mit den Banken
diskutieren, wie garantiert wird, dass diese 500 Millionen nicht auf
die Kunden abgewälzt werden.
ÖSTERREICH: Wie sehen Sie
die Einführung einer Finanz-Transaktionssteuer? PRÖLL: Ich
betrachte mich in Österreich als Erfinder der Transaktionssteuer für
Finanzspekulationen – das steht in meinem ÖVP-Perspektivenpapier 2006.
ÖSTERREICH:
Wenn Sie schon der Erfinder sind – führen wir die Transaktionssteuer
dann auch mit 1. Jänner 2011 als EU-Vorreiter ein? PRÖLL:
Das ist schwer denkbar für Österreich alleine. Experten warnen: Eine
Finanztransaktionssteuer bringt uns nur europäisch weiter, weil
sonst die Finanzströme sofort von Wien nach Frankfurt oder London
wegverlagert werden. Da können Sie die Wiener Börse zusperren, in der
Minute, in der Sie das in Österreich im Alleingang einführen.
ÖSTERREICH:
Kanzler Faymann und auch der Ihnen nahestehende
Wirtschaftskammer-Präsident Leitl wollen die Transaktionssteuer aber
im Alleingang ab 2011 starten. PRÖLL: Ich lade beide Herren ein,
mir und den Finanzexperten zu erklären, wie wir in Österreich als
Einzige in Europa eine Transaktionssteuer ohne Schaden für den
Finanzmarkt einführen. Ich befürchte, unser Finanzmarkt ist viel zu
klein – das Geld ist in Sekunden in Frankfurt oder London. Aber ich
lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen.
ÖSTERREICH:
Es wird keine Transaktionssteuer geben? PRÖLL: Ich werde wie ein
Löwe dafür kämpfen, dass wir die Transaktionssteuer europaweit
bekommen. Die Deutschen stehen derzeit auf der Bremse, auch der
Währungsfonds. Aber ich bin Optimist, dass die
Finanztransaktionssteuer noch 2011 EU-weit kommt.
ÖSTERREICH: Wird im Budget 2011 eine Öko-Steuer inkludiert sein? PRÖLL:
Ich werde dem Koalitionspartner eine Ökologisierung des
Steuersystems vorschlagen. Da geht’s nicht nur um eine Erhöhung der
Treibstoff-Kosten, sondern auch darum, dass die Steuerzahler das mehr
eingenommene Geld zurückerhalten für thermische Sanierung und für
Investitionen ins Energiesparen. Ich hoffe, dass wir die
Ökologisierung der Steuer im Herbst schaffen.
ÖSTERREICH:
Warum gibt’s das Budget noch nicht? PRÖLL: Weil ich das –
inklusive Ökosteuer – bis Herbst in aller Ruhe diskutieren und
gemeinsam entwickeln will. Bei uns brennt nicht wie in anderen Ländern
die Hütte, wir können unsere Steuerreform in aller Ruhe für den
Herbst vorbereiten.
|