Die bisher schlechteste Bewertung im Polit-Barometer erschüttert die Regierung. Der Kanzler fällt auf den letzten Platz zurück – die Wähler zeigen nur noch Frust.
„Immer wenn ich mich auf den Sonntag freue, verdirbt mir euer Polit-Barometer das Frühstück“, scherzte Kanzler Gusenbauer vor einigen Monaten über seine sonntägliche ÖSTERREICH-Lektüre.
Am Sonntag dürfte dem Kanzler das Kipferl fast im Hals stecken bleiben: Das Chaos in der Regierung, der Streit zwischen Rot und Schwarz und die Neuwahl-Gerüchte haben zu einem wahren Absturz der ohnehin katastrophalen Popularitätswerte des SP-Chefs geführt.
54 Prozent „negativ“
Jede zweite Woche erstellt das
Gallup-Institut ein Regierungs-Zeugnis aus der Bewertung der Minister. 800
Österreicher werden jeweils gefragt, ob sie die Arbeit des Ministers
„positiv“ oder „negativ“ bewerten. Der Saldo ergibt den Barometer-Wert. Noch
nie seit Beginn des Barometers in den 70er-Jahren war der Wert der Regierung
dabei so schlecht wie heute – und noch nie lag ein Kanzler so im Minus.
Nur noch 20 Prozent der Österreicher haben von Gusenbauers Kanzler-Arbeit eine „positive“ Meinung. 54 Prozent dagegen sehen den Kanzler schon „negativ“ – das ergibt erstmals für einen Regierungs-Chef den Negativ-Saldo von 34 Prozent und damit den absolut letzten Platz unter allen Regierungsmitgliedern.
Regierungs-Katastrophe
Das Abschneiden der gesamten Regierung im
dieswöchigen Polit-Barometer nennen alle Meinungsforscher unisono „eine
Katastrophe“. Nur noch fünf Minister liegen im Urteil der Wähler knapp
im Plus. Bei der SPÖ werden nur die „Fleißigen“ gut benotet:
Justizministerin Berger und Verkehrsminister Faymann sind die beliebtesten
roten Minister. Claudia Schmied, deren Schulreform zunehmend ins Rollen
kommt, hat mit plus 4 Prozent den höchsten Zugewinn der Woche.
Platter stürzt ab
Dramatisch abgestürzt ist Innenminister
Platter, dem die Wähler den Vertuschungs-Skandal im Innenministerium
anlasten. Der bald via U-Ausschuss gegrillte Polizei-Minister stürzt um 9
Prozent auf minus 20 Prozent ab und holt VP-Schlusslicht Kdolsky (– 27 %)
fast schon ein.
57 % für Neuwahl
Wie katastrophal die Meinung der
Österreicher über die Regierung ist, zeigen die weiteren Fragen der Umfrage: 57%
der Österreicher würden es „nicht mehr bedauern, wenn die Regierung
zerbricht“ – und sprechen sich für Neuwahlen aus. Nur noch
36% würden es bedauern, wenn die Regierung beendet und Neuwahlen kommen
würden.
So sehr sich die Österreicher mit dem Gedanken an Neuwahlen anfreunden – so wenig würde eine Neuwahl derzeit ändern: Wie bei der letzten Wahl liegen ÖVP und SPÖ Kopf an Kopf – die SPÖ (die schon 5 Prozent hinter der ÖVP war) liegt nun mit 32 Prozent nur mehr ein Prozent hinter der ÖVP (32 %). Weil das BZÖ über der 4-Prozent-Grenze liegt, hätten weder ÖVP und FPÖ (14 %) noch SPÖ und Grüne (15 %) eine Mehrheit für eine Regierung.
Alles spricht für Neuwahl
Bei Rot und Schwarz deuten
derzeit alle Zeichen auf ein Ende der Regierung und Neuwahlen hin. „Aber“,
so lautet die einhellige Meinung, „der Krach kommt nicht sofort, sondern
erst nach der EURO und die Neuwahl gibt es deshalb erst im Herbst. Bis dahin
will jeder seine Position verbessern und dem anderen die Schuld am
Zerbrechen der Regierung geben.“
Die SPÖ wird Dienstag im Klub den U-Ausschuss wegen der ÖVP-Polizeiaffäre beschließen und steigert bewusst täglich die Eskalations-Spirale. Die SPÖ-Devise lautet: „Die ÖVP soll bis aufs Blut provoziert und gedemütigt werden.“
Die ÖVP gibt im Gegenzug die Parole aus: „Die SPÖ bekommt als Antwort keinen Wunsch in der Regierung mehr erfüllt. Kommt ein U-Ausschuss, dann steht die Regierung still.“
Die wahre ÖVP-Rache kommt nach der EURO: Ein Rechnungshof-Bericht zum neuen Eurofighter-Deal soll zunächst Verteidigungsminister Darabos zum Rücktritt zwingen – dann wird Finanzminister Molterer eine Steuerreform und ein Budget ausschließlich mit ÖVP-Inhalten präsentieren.
Ein Insider: „Der SPÖ wird dann nichts anderes übrig bleiben, als angesichts der ÖVP-Total-Blockade bei Steuerreform und Budget die Regierung aufzulösen.“
Völlige Ratlosigkeit
Was das Spiel mit dem Neuwahlfeuer
bringen soll, ist beiden Parteien nicht klar. Insider halten es für möglich,
dass bei einem Scheitern der Regierung sowohl SPÖ wie ÖVP mit neuen
Spitzenkandidaten antreten. Die ÖVP entweder mit ihrem alten Frontmann
Schüssel oder der Hoffnung Josef Pröll. Die SPÖ am ehesten mit der
Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller. Gusenbauer soll deshalb ein
völlig anderes Konzept verfolgen: Er löst zwar die Regierung auf – regiert
aber mit Duldung von Grün und Orange alleine weiter.