Höhere Strafen und mehr Präventionsmaßnahmen - Opferschutz und Täterarbeit soll ausgebaut werden
Nach mehrern Missbrauchsfällen sowie dem Fall Teichtmeister hat die Regierung ein Paket mit Maßnahmen für den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Gewalt mit dem Fokus auf sexuelle Gewalt angekündigt. So sollen unter anderem die Strafen für Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen erhöht und Präventionsmaßnahmen verstärkt werden. Die Regierung plant auch, Opferschutz und Täterarbeit auszubauen. Ein Überblick:
STRAFVERFOLGUNG:
- Sprachliche Anpassung: Die Tatbestände sollen von pornographische Darstellung auf Darstellung von Kindesmissbrauch geändert werden. Damit soll der tatsächliche Unwert der Tat hervorgehoben und Verharmlosungen verhindert werden.
- Straferhöhung im 207a StGB: Die Strafe für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen einer mündigen minderjährigen Person wird von bisher bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf bis zu zwei Jahre erhöht, für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen einer unmündigen minderjährigen Person wird die Strafe von bisher bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe auf bis zu drei Jahre erhöht. Der Besitz von einer "Vielzahl von Darstellungen", wobei dieser Begriff in qualitativer und quantitativer Hinsicht noch genauer ausgestaltet werden muss, führt zu qualifizierten Strafdrohungen: Der Besitz einer Vielzahl von Missbrauchsdarstellungen mündiger Minderjähriger wird mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft, der Besitz einer Vielzahl von Missbrauchsdarstellungen unmündiger Minderjähriger wird mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Wer eine Vielzahl von pornographischen Darstellungen einer minderjährigen Person herstellt oder einem anderen anbietet wird mit einer Freiheitsstrafe von ein bis zu fünf Jahren bestraft. Für die Herstellung einer Missbrauchsdarstellung einer minderjährigen Person zum Zwecke der Verbreitung wird die Mindeststrafdrohung von sechs Monaten auf ein Jahr erhöht. Erfolgt die Herstellung einer Vielzahl von Missbrauchsdarstellungen einer minderjährigen Person zum Zwecke der Verbreitung beträgt der Strafrahmen ein Jahr bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
- Beim Tätigkeitsverbot für Straftäterinnen und Straftäter soll eine Gesetzeslücke geschlossen werden.
PRÄVENTION:
- Implementierung von Kinderschutzkonzepten in allen österreichischen Schulen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf soll im ersten Halbjahr 2023 in Begutachtung geschickt werden. Mit den Bundesländern, die für den Pflichtschulbereich zuständig sind, müssen jedoch erst Gespräche geführt werden. Außerdem sollen Vereine und sonstige Institutionen, die in den Bereichen Kultur und Sport mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, unterstützt werden, um Kinderschutzkonzepte zu erarbeiten und zu implementieren. Kinderschutzkonzepte müssen bestimmten Qualitätskriterien entsprechen, welche überprüfbar sind. Die Bundesregierung wird die Verleihung von Gütesiegeln durch Organisationen mit Expertise im Kinderschutz, die den Einsatz von Kinderschutzkonzepten sowie weiteren missbrauchs- und gewaltvorbeugenden Maßnahmen bestätigen, unterstützen. Im Dienstrecht soll die vollständige Übergabe der Personalakten bei Ressortwechsel forciert werden sowie darauf hingewirkt werden, Hinweisen aufmerksam gegenüberzustehen und entsprechend vorzugehen.
- Verständigungspflicht: Vereine sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, bei denen Kinder und Jugendliche betreut werden, sollten Bescheid wissen, wenn von ihren ehrenamtlich Tätigen oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen sexueller Gewalt gegen Minderjährige eine akute Gefahr ausgeht. Das Justizministerium prüft, ob so eine Verständigungspflicht durch die Strafverfolgungsbehörden rechtlich und praktisch umsetzbar ist.
- Österreichweite Kinderschutz-Kampagne: Die Bundesregierung will 2023 eine Kinderschutz-Kampagne auf den Weg bringen, deren Ziel es ist, Kinder besser vor Gewalt zu schützen und die Kinderrechte zu stärken. Kinder und Jugendliche sollen Informationen darüber erhalten, welche Formen von Gewalt es gibt, was sie dagegen tun und wohin sie sich wenden können. Die Kampagne soll in kinder- und jugendgerechter Sprache erfolgen. Parallel sollen Erwachsene sensibilisiert werden.
ERMITTLUNG UND AUFKLÄRUNG:
- Cyber-Ermittlungen durch Spezialisten in den Landeskriminalämtern, aber auch durch Schwerpunktdienststellen in den Regionen sollen ausgebaut werden. Ein Sonderbereich für Online-Kindesmissbrauchsdelikte in den bestehenden Ermittlungsbereichen "Sexualdelikte" in den Landeskriminalämtern soll geschaffen werden. Das Cyber Crime Competence Centers (C4) im Bundeskriminalamt als nationale Koordinierungs- und Meldestelle für Cyberkriminalität soll verstärkt werden.
- Ankauf und Implementierung einer speziellen Softwarelösung für Ermittlungen nach der Strafprozessordnung, welche die Kriminalpolizistinnen und Kriminalpolizisten im Bundeskriminalamt und in den Landeskriminalämtern bei der Entgegennahme, der Sichtung und der grafischen Aufbereitung von Verdachtsmeldungen und Anzeigen unterstützen. Dadurch wird die Feststellung von tatsächlichen Missbrauchshandlungen wesentlich erleichtert. Beschlagnahmte Missbrauchsdarstellungen in Form von Fotos und Videos können mit bestehenden Datenbanken abgeglichen und Netzwerke professionell identifiziert werden.
OPFERSCHUTZ UND TÄTERARBEIT:
-Die psychosoziale Nachbetreuung für Opfer von sexuellem Missbrauch soll ausgebaut werden. Familienberatungsstellen sollen gestärkt werden.
- Ausbau der Präventionsmaßnahmen: Täterinnen- und Täterarbeit im und nach dem Strafvollzug soll ausgebaut werden: Wegen Straftaten gegen die sexuelle Integrität von Kindern Verurteilte sollen im Strafvollzug von Beginn der Anhaltung an noch gezielter individuell therapiert werden. Die Täterinnen- und Täterarbeit durch externe Dienstleister soll im Bereich der Psychotherapie erweitert und insbesondere Sexualtherapie angeboten werden.