Rede zur 'Zukunft der Nation'

Gendern, Asyl, Klima, Arbeit: Das sind die Kanzler-Ansagen

10.03.2023

Wie seine Vorgänger an der ÖVP-Spitze hielt Kanzler Karl Nehammer seine große Zukunftsrede - bis ins Jahr 2030 wollte der ÖVP-Chef blicken. Die wichtigste Sager hier auf oe24.TV.  

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In seiner Ansprache in der Wiener Eventlocation "Thirty Five" im 35. Stock der Twin Towers am Wienerberg hat Nehammer seinen Zukunftsplan für Österreich vorgelegt, eine "Rede zur Zukunft der Nation" - der Zeithorizont geht bis 2030. Geladen war alles, was in der ÖVP Rang und Namen hat.

Nehammer wandte sich gegen viele Vorhaben seines Koalitionspartners, die Grünen, so gegen das Verteufeln von Autofahrern, gegen das Gendern und skizziert bei der Bildung, dass alle Kinder Deutsch lernen müssen. Die wichtigsten Ansagen: Es soll, ein Schulfach Programmieren für jedes Kind geben. Kommen soll auch eine Berufspflicht für Ärzte, die in Österreich studiert haben. Und: Sozialleistungen für Zuwanderer soll es erst nach fünf Jahren geben.

Nehammer, der Ende 2021 die skandalgebeutelte ÖVP übernommen hatte, wurde von Beobachtern immer wieder attestiert, bisher zu wenig klar gemacht zu haben, wofür er inhaltlich steht. In einer groß inszenierten "Rede zur Zukunft der Nation" sollten nun Pflöcke eingeschlagen werden, die in den kommenden Monaten unter Mitarbeit von Politikern und Experten in einem "Zukunftsplan" namens "Österreich 2030" münden sollen. 80 Minuten lang schlug er in einem Hochhaus am Wienerberg einen Bogen von einer Reform des Arbeitslosengeldes bis zur Streichung der Grundsteuer fürs erste Eigenheim. 

Kanzler provoziert die Grünen

Der Grüne Koalitionspartner war nicht vor Ort - und für den hatte der ÖVP-Chef auch einige bittere Pillen im Gepäck, etwa was die Sozialhilfe, den Klimaschutz oder die Flüchtlingspolitik betraf. Nehammers ausführliche Erklärung, in der von der Energieversorgung, Bildung, Gesundheit, Wohnen und der EU-Politik über die Putenproduktion bis zur Blasmusikkapelle vielfältige Themen Platz fanden, ließ sich nämlich eher wie ein Wahlkampfprogramm an - inklusive Absage an das Gendern.

Brandrede für Eigentum 

Im Bereich des Wohnens propagierte Nehammer das Eigentum: "Mein Ziel ist es, dass alle Österreicherinnen und Österreicher zur besitzenden Klasse gehören und nicht zur nicht-besitzenden." Lösen will der ÖVP-Chef die Frage über die Zweckwidmung der Wohnbauförderung, außerdem soll nach seinen Vorstellungen die Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim gestrichen werden. Überhaupt soll die Abgabenquote von 42 auf 40 Prozent gesenkt werden.

Nehammer droht mit Veto gegen Verbrennermotor-Aus

Bekannte Positionen gab es auch zum Klimaschutz: Fleischkonsum und Auto zu verbieten seien keine Antworten, sondern Rückschritte, befand Nehammer. "Manchmal hat man das Gefühl, dass man sich entschuldigen muss, dass man überhaupt auf der Welt ist", meinte er in Richtung der Klimaaktivisten. Er wolle die Sorgen der Jungen nicht kleinreden, aber man müsse mit Kreativität und Innovation in der Technologie gegen den Klimawandel vorgehen, und "dieser Untergangsapokalypse" der Aktivisten entgegen treten. "Österreich ist das Autoland schlechthin", meinte er mit Blick auf die Branche, und "auch ich werde mich dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen".

"Leistung muss sich wieder lohnen" war ein weiteres ÖVP-Mantra, das Nehammer bediente. So blieb er bei der Forderung nach der regierungsintern gescheiterten Arbeitslosengeld-Reform, wonach man in der ersten Phase mehr Geld bekommen soll, dieses dann aber "deutlich" abgesenkt wird. Sein Ziel sei es auch, die Sozialleistungen neu zu regeln, sodass nur jene voll berechtigt seien, die durchgehend fünf Jahre in Österreich leben, "und wenn nicht, nur die Hälfte".

Meisterprüfung soll kostenlos werden

Im Bildungsbereich pochte der Kanzler darauf, "dass Talente gefördert werden und nicht, dass das Mittelmaß unser Ziel ist". Die Meisterprüfung solle genauso kostenlos werden wie ein Studienabschluss. Keine Altersarmut in der Pension nannte er ebenso als Ziel wie ein leistungsfähiges Gesundheitssystem.

In der Energieversorgung hätte Nehammer gern eine Pflicht zur Gas-Einspeicherung für Energiekonzerne, denn es könne nicht sein, "Risiken zu verstaatlichen und Gewinne dann zu privatisieren". Die Neutralität bezeichnete Nehammer als weiterhin fixen Bestandteil der Sicherheitsstrategie. Zum Thema Asyl bekräftigte der Kanzler, "die Europäische Union muss hier deutlich in die Gänge kommen, denn tatsächlich liegt hier vieles im Argen".

Viel Kritik von Umweltorganisationen und Opposition

Die Umweltorganisationen Greenpeace, WWF, Global 2000 und "Fridays for Future" reagierten auf diese Ansagen mit blankem Entsetzen. Kritisiert wurden Ignoranz, billige Worthülsen und totales Versagen beim Klimaschutz. Seitens der Opposition ortete SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ein Versagen der "türkisen Truppe" beim Bewältigen etwa der Teuerung. FPÖ-Chef Herbert Kickl bewertete Nehammers Auftritt als "nichts anderes als eine vorösterliche Wald- und Wiesenrede". Würde man diese mit einem Kochrezept vergleichen, so "käme ungenießbares Faschiertes" heraus. Ernüchtert zeigten sich auch die NEOS. "Diese Rede hat aufgezeigt, was die ÖVP kann: Inhaltsleere und Ambitionslosigkeit schön inszenieren", meinte Generalsekretär Douglas Hoyos.

Durchgehend lobend äußerten sich ÖVP-Repräsentanten, während der grüne Koalitionspartner zurückhaltend blieb. Lediglich Lehrlingssprecher Süleyman Zorba rückte aus, um die geplante Abschaffung der Meisterprüfungsgebühr hervorzuheben.

Das Protokoll der Kanzler-Rede können Sie hier im Live-Ticker nachlesen. 

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