Schlagabtausch

ÖVP legt Gewessler Rücktritt nahe - jetzt kontern die Grünen

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ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl  hatte die Grünen-Ministerin als "Staatsgefährderin" bezeichnet.

ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl legt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) den Rücktritt nahe. Grund ist eine Anfragebeantwortung Gewesslers zu ihrer von der ÖVP vielkritisierten Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung. Die Ministerin würde "gut daran tun, sofort zurückzutreten, bevor sie vom Wähler abgewählt wird", so Gerstl, der die Anfrage eingebracht hat, gegenüber oe24. Die Grüne Justizsprecherin Agnes Prammer rückte zur Verteidigung aus.

"Staatsgefährderin"

Gerstl bezeichnete Gewessler zudem als "Staatsgefährderin". Sie hatte Mitte Juni gegen den Willen des Koalitionspartners ÖVP im Rat der EU-Staaten für die Verordnung gestimmt, die daraufhin mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Die Volkspartei brachte in weiterer Folge eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen die grüne Ministerin ein, weil sie kein Einvernehmen mit den Bundesländern und dem ÖVP-geführten Landwirtschaftsministerium hergestellt hatte. Die Anzeige wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geprüft. Einen Misstrauensantrag der FPÖ gegen Gewessler hatte die ÖVP im Juli nicht unterstützt.

Gewessler breche den Föderalismus und verweigere die Anerkennung der einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer - "wissend, dass diese nur durch eine neue einheitliche Stellungnahme aufgehoben hätte werden können", meinte Gerstl, der der Ministerin vorwarf, die Verantwortung an Wien abzuschieben. Dass sie sich entgegen einer ablehnenden Länderstellungnahme für die Renaturierungsverordnung ausgesprochen hat, begründet diese in der Anfragebeantwortung, die oe24 vorliegt, nämlich mit dem Ausscheren Wiens. Die Hauptstadt hatte die Renaturierung nach einem Kurswechsel unterstützt. "Wenn es keine einheitliche Position der Länder mehr gibt, liegt auch keine einheitliche Stellungnahme der Länder mehr vor", heißt es. Es bestehe zudem "hinsichtlich des finalen Abstimmungsverhaltens im EU-Rat keine Pflicht zur Herstellung des Einvernehmens" mit dem Landwirtschaftsministerium.

"Die Ministerin hat verantwortungslos gehandelt und Rechtsbruch begangen", so Gerstls Fazit. Die ÖVP verweist auf die Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes. Dieser habe die Rechtsfrage allerdings "unzutreffend gelöst", geht aus Gewesslers Anfragebeantwortung hervor. Eine Bindungswirkung der Rechtsmeinung des Verfassungsdienstes sei zudem nicht vorgesehen.

So kontern die Grünen

"Eine Klimaschutzministerin, die für die Natur stimmt, macht ihren Job und sonst nichts", verteidigte die Grüne Justizsprecherin Agnes Prammer das Vorgehen Gewesslers. Dass diese "Staatsgefährderin" genannt werde, hält sie für fahrlässig: "Hier werden echte Gefährder massiv verharmlost." Die ÖVP habe sich daran gewöhnt "die Interessen einiger Lobbygruppen zu bedienen. Deshalb ist es für sie nicht nachvollziehbar, dass man sich bei unterschiedlichen Rechtsansichten nicht an diejenige klammert, die möglichst wenig am Status quo ändert, sondern mutig die Entscheidung für den Schutz von Natur und Menschen trifft", schoss sie gegen den Koalitionspartner.

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