Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) will qualifizierte Arbeitskräfte schon im Vorfeld besser auf einen Aufenthalt in Österreich vorbereiten.
Das ist ein Schluss aus ihrer gegenwärtigen Kanadareise. Konkret dachte sie im Gespräch mit Journalisten an, Online-Deutschkurse, Orientierungsprogramme oder auch Mentoringinitiativen bereits dann zu starten, wenn die künftigen Beschäftigten und deren Familienangehörige noch gar nicht in Österreich sind.
Ähnlich geht ja Kanada vor, dessen für Migration zuständigen Minister Marc Miller Raab am Dienstag in Ottawa traf. Dazu könnte auch gehören, die Anerkennung von Qualifikationen bereits vom Ausland aus zu starten. Grundsätzlich konstatiert Raab, es brauche Programme nicht nur für jene, die schon in Österreich sind, sondern auch für jene, die sich auf eine legale Anreise vorbereiten, inklusive Familienzusammenführung.
Weniger hält Raab vom kanadischen Modell, die Qualifikation angeworbener Fachkräfte nicht nachzuprüfen. Dort basiert das System auf Selbst-Angabe, dafür haben die Zugewanderten auch keine fixe Aussicht, in ihrem erlernten Beruf einen Job zu bekommen. Immerhin gibt es Programme, die sich darum bemühen, dass die Neuankömmlinge zunächst zumindest in verwandten Branchen unterkommen.
"Rot-Weiß-Rot-Karte"
Die Ministerin kann sich das in Österreich höchstens in einzelnen Sektoren vorstellen. Grundsätzlich glaubt sie, dass die neue Form der "Rot-Weiß-Rot-Karte" mit einem Plus von zuletzt 50 Prozent den richtigen Weg vorgibt.
Einmal mehr bekräftigte Raab ihre Position, dass Österreich die falsche Form der Zuwanderung habe. Diese schließe aufgrund von Ausbildungsmängeln nicht die Lücken, die es am Arbeitsmarkt gebe - dabei brauche es qualifizierte Zuwanderung. Freilich - so betont Raab - müsse man weiter denken als bisher. Es gehe jetzt bei qualifizierter Zuwanderung nicht nur um Ärzte und Ingenieure, sondern auch um Branchen wie Gesundheit, Tourismus und Gastronomie.
Was die unqualifizierte Zuwanderung nach Österreich angeht, pocht die Ministerin auf mehr überregionale Vermittlung. Es sei nicht nachvollziehbar, wenn ein anerkannter Flüchtling nach zwei Jahren noch immer nicht nach Tirol vermittelt werden könne, selbst wenn es dort einen Job für ihn gebe. Auch bei der Höhe der Sozialleistungen würde Raab ansetzen, um zur Aufnahme von Beschäftigung zu motivieren.
Verstärkte Zusammenarbeit
Raabs Treffen mit ihrem neuen Amtskollegen, das auch im Plan einer verstärkten Zusammenarbeit in Sachen Migration mündete, kollidierte am Dienstag mit der Sitzung zur Wahl des neuen Speakers des kanadischen Abgeordnetenhauses, an der die Ministerin eine Zeit lang selbst auf der Publikumstribüne teilnahm. Die mitten in der Legislaturperiode ungewöhnliche Wahl war notwendig geworden, nachdem der bisherige Parlamentschef Anthony Rota zurückgetreten war. Er übernahm die Verantwortung dafür, dass beim Parlamentsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein 98-jähriger ukrainischer SS-Veteran eingeladen war.
Neuer Speaker ist Greg Fergus, der erste Schwarze in dieser Funktion. Er wurde nach seiner Kür durch das House of Commons einer alten Tradition entsprechend von Premierminister Justin Trudeau und dem konservativen Minderheitsführer Pierre Poilievre spaßeshalber auf seinen neuen Stuhl gezerrt.