Die ÖVP unterstrich am Montag ihre Forderung, Autos mit Verbrenner-Motor zu erhalten.
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) lud Vertreter aus Industrie und Wirtschaft am Montag zum "Verbrenner-Gipfel". Es gehe um "Technologieoffenheit", "gegen ein Verbrenner-Verbot" und ein "Ja zum Auto", hieß es bereits im Vorfeld seitens Nehammer. Kritik kam von der SPÖ, der FPÖ aber auch vom grünen Koalitionspartner (siehe am Ende des Artikels).
Beim "Runden Tisch" kamen Kanzler Nehammer, Wirtschaftsminister Martin Kocher und Steiermarks Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) mit der IV und Vertretern von Autofirmen zusammen. Anschließend gab es eine Pressekonferenz. Dort erklärte Nehammer, er fordere ein "Aus vom Verbrenner-Aus". Das "Ja zum Auto" sei ein "Ja zu einer starken Wirtschaft, zu Arbeitsplätzen und Wohlstand."
"Schüsselzweig für unser Land"
Auch Drexler bekannte sich klar zur Auto-Industrie: "Es ist für die Steiermark von entscheidender Bedeutung, dass wir die Auto-Industrie, einen absoluten Schlüsselzweig für unser Land, im Wandel unterstützen und sie nicht in ihrer Entwicklung behindern. Wirksamer Klimaschutz kann nur in Verbindung mit einem erfolgreichen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort funktionieren."
"Damit der Standort Österreich und Europa langfristig wettbewerbsfähig sind, braucht es Technologieoffenheit. Die Politik sollte nicht Technologien vorgeben oder verbieten, sonst verhindern wir bahnbrechende Innovationen", erklärte Kocher.
Neuwagen müssen ab 2035 CO2-neutral sein
Die ÖVP sieht Österreichs starke Zulieferindustrie mit einem Schwerpunkt in der Steiermark gefährdet. Schon vor einem Jahr hatte die ÖVP mit der gleichen Forderung einen "Autogipfel" einberufen, Nehammer hat die Forderung nach einem Aus für ein "Verbrenner-Verbot" in der EU inzwischen öfter aufgebracht. Allerdings sieht die EU kein Verbot für Verbrenner-Motoren vor, sondern verlangt, dass Neuwagen ab 2035 CO2-neutral sind. Das bedeutet ein Verbot für das Tanken mit den fossilen Treibstoffen Benzin und Diesel und wird damit als "Verbrenner-Verbot" interpretiert. Aber Verbrenner-Motoren, die mit CO2-neutralem Treibstoff (SAF) betankt werden, bleiben - auf Druck Deutschlands - ausdrücklich erlaubt. Auch Wasserstoff-betriebene Autos bleiben erlaubt. Insofern wird die Regelung auf EU-Ebene als technologieneutral angesehen. Außerdem weist die EU darauf hin, dass auf jeden Fall 2026 überprüft wird, ob das Aus für fossile Kraftstoffe für Neuwagen wie geplant 2035 kommen soll. Ein Verbot von schon zugelassenen Fahrzeugen ist in der EU-Regelung nicht vorgesehen.
SAF in der Wissenschaft stark umstritten
SAF, der derzeit einzig bekannte, potenziell CO2-neutrale Treibstoff für Verbrenner-Motoren, ist allerdings in der Wissenschaft stark umstritten, denn damit er umweltfreundlich hergestellt werden kann, sind große Mengen - grünen - Stroms nötig. Allgemein wird davon ausgegangen, dass es energetisch effizienter ist, ein Auto gleich mit Strom zu betreiben, als mit Strom SAF zu erzeugen und dann diesen in einem Automotor zu verbrennen.
Auch EVP fordert Aus für Verbrenner-Verbot
Die ÖVP kann sich gut aufgehoben fühlen in ihrer politischen Familie auf EU-Ebene, denn auch die Europäische Volkspartei (EVP) fordert ein Aus für das Verbrenner-Verbot. In Deutschland hat die Rot-Grün-Liberale Bundesregierung hingegen bei einem Autogipfel im November 2023 darüber diskutiert, wie das Ziel von 15 Millionen Elektro-Pkw bis 2030 zu erreichen und ein weiterer Markthochlauf batteriegetriebener Modelle zu unterstützen ist.
Ebenfalls am heutigen Montag hat die Lobbyorganisation Oecolution, die von WKÖ und IV finanziert wird, eine in ihrem Auftrag vom Economica Institut erstellte Studie veröffentlicht. Demnach braucht Österreichs Autoindustrie dringend mehr Forschung. Sonst könnte sie den Anschluss an China und die dort - vor allem im Bereich Elektromobilität - boomende Innovation verlieren. Laut Oecolution muss Österreich zwar weiter an der Verbesserung der Energieeffizienz von Verbrennermotoren arbeiten und "in der Übergangsphase, in der noch viele Verbrennungsmotoren im Einsatz sind" zur schnellen Reduktion des CO2-Ausstoßes im Bereich der Biokraftstoffe und E-Fuels beschleunigt forschen. Aber Österreich habe auch "ein wichtiges Zukunftsfeld, das verstärkt weiter ausgebaut werden muss: alternative Antriebe". Dazu gehörten E-Autos, Wasserstoff-Autos und "andere innovative Ansätze". "Da wir heute noch nicht wissen, welche technologischen Durchbrüche uns erwarten, ist es von großer Bedeutung, die Forschung in diesen Bereichen intensiv voranzutreiben", so die Studie.
Kritik von SPÖ, Grünen und FPÖ
Kritik am "Auto-Gipfel" kam indes von der SPÖ, den Grünen und der FPÖ. SPÖ-Klubobmann Philip Kucher bezeichnete den "runden Tisch" als "PR-Schmarrn". "Immer, wenn Nehammer einen Gipfel veranstaltet, geht’s für Österreich garantiert steil bergab", so Kucher.
„Für ein paar Groschen politisches Kleingeld verzockt die ÖVP die Zukunft der europäischen Autoindustrie. Die Volkspartei muss ihren Verbrenner-Fetisch überwinden und den Weg für klimafreundliche Mobilität frei machen“, kritisierte etwa die Grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling.
„Es ist geradezu grotesk, wenn sich die ÖVP jetzt plötzlich gegen das Verbrennerverbot ausspricht. Ohne die Stimmen der EVP wäre dieser Irrsinn bereits im EU-Parlament gescheitert“, so der freiheitliche Europaparlamentarier und Verkehrssprecher der ID-Fraktion Mag. Roman Haider.