Die Grünen kommen nach dem Einknicken im Abschiebe-Streit nicht zur Ruhe.
In den grünen Chefetagen ist es nach der Abstimmung über einen Abschiebungsstopp ruhig – doch an der Basis herrscht Bestürzung. Haben doch am Freitag 25 grüne Nationalräte gegen ihre Überzeugungen einen SPÖ-Neos-Antrag für einen Abschiebe-Stopp für Kinder abgelehnt. Das widerspricht völlig der grünen DNA – zudem haben ja mehrere Grünen-Nationalräte vor zehn Tagen selbst gegen die Abschiebung von zwei Wiener Mädchen nach Georgien demonstriert.
Kindeswohl-Kommission soll Basis beruhigen
Konnte Werner Kogler die grünen Spitzenfunktionäre mit der Einsetzung einer sogenannten „Kindeswohl-Kommission“ beruhigen – so gelangt das bei der grünen Basis eher nicht so gut. Dort herrscht Aufruhr. Gegenüber ÖSTERREICH tritt der grüne Innsbrucker Gemeinderat Dejan Lukovic dafür ein, dass die Grünen aus der Regierung austreten müssten, sollte die ÖVP weiter bei ihrer Abschiebe-Politik bleiben – sonst sei auch der letzte Rest an Glaubwürdigkeit dahin. Lukovic hatte schon vor einem Jahr beim Grünen-Bundeskongress gegen die Koalition gestimmt.
Korun rechnet ab
Kritik kam auch von der früheren Nationalrätin Alev Korun – die sich ja vor allem für Flüchtlinge engagiert.
Es sei wichtig, „aufzustehen & ihre/seine Meinung zu sagen, auch wenn man in der Minderheit ist“. Und dann schreibt Korun: „Mit der Schere im Kopf davon auszugehen, dass Herr Kurz die Koalition sprengt, sobald die Grünen nach ihren Grundwerten abstimmen, verstehe ich als langjährige Grüne und Menschenrechtssprecherin nicht.“ Schließlich liege die Verantwortung für die Regierung auch bei Kurz: „Kurz versteht nur die Sprache der Macht, also: Zähne zeigen und nach den eigenen Überzeugungen abstimmen.“
Parteiaustritte
Es droht offenbar eine Welle an Parteiaustritten. So erklärte Conny Schmeller, Bezirksrätin der Inneren Stadt in Wien, auf Twitter: „Es zerreißt auch das Herz, aber ich werde wohl austreten.“
ÖVP will Kommissions-Ideen ''prüfen''
Die im grünen Justizministerium angesiedelte „Kinderwohl-Kommission“ wird von der ÖVP gar nicht so unfreundlich aufgenommen. Kein Wunder, in der Kanzlerpartei hat man schon mitbekommen, dass die Kinderabschiebungen beim Koalitionspartner an die Substanz gehen. Da vermeiden Sebastian Kurz, aber auch sein Vertrauter, Klubchef August Wöginger, jede Provokation. Allerdings: Asylgesetze so lockern, dass hier geborene Kinder nicht mehr abgeschoben werden können – dass will die ÖVP auch wieder nicht. Zwar sagte Wöginger den Grünen eine Prüfung der Kommissionsvorschläge zu – eine Gesetzesänderung lehnt er ab: „Für und gilt das Koalitionsprogramm.“
Gemeinderat der Grünen: "Sind ja schon einstellig"
ÖSTERREICH: Was sagen Sie zum Abstimmungsverhalten der Grünen im Parlament.
Dejan Lukovic: Das war ein Bauchklatscher für die Glaubwürdigkeit der Grünen.
ÖSTERREICH: Sollten die Grünen weiter in der Regierung bleiben?
Lukovic: Wir sind in den Umfragen ja schon einstellig. Und wenn sich die ÖVP weiter nicht bewegt, sehe ich keinen Sinn darin, in der Regierung zu bleiben. Das kostet uns dann den letzten Rest an Glaubwürdigkeit.
Günther Schröder