Nachdem sich die Regierung bei der Erhöhung der Pendlerpauschale einigte, wird schon über diese gestritten. Der ARBÖ fordert mehr Entlastung.
Die Anhebung der Mineralölsteuer (MÖSt) im Vorjahr brachte dem Budget jährliche Mehreinnahmen von 440 Mio. Euro, davon gibt Finanzminister Wilhelm Molterer (V) nun 60 Mio. Euro über eine Anhebung der Pendlerpauschale und des Kilometergeldes wieder zurück - bleibt ein Körberlgeld von 380 Mio. Euro für die Finanz, so der ARBÖ am Donnerstag. Wie berichtet sollen die Mehreinnahmen aus der MÖSt für den Klimaschutz verwendet werden. Dabei seien die 380 Mio. Euro aber weit mehr, als für den Klimafonds benötigt würden. Für diesen seien heuer 150 Mio. Euro vorgesehen. "Wo ist der Rest vom Geld?", so ARBÖ-Sprecherin Lydia Ninz
Laut ARBÖ haben knapp 4 Mio. Österreicher gar nichts von einer angehobenen Pendlerpauschale. Denn in den Genuss der erhöhten Pauschale kommen nur jene, die überhaupt Lohnsteuer entrichten müssen. Wer hingegen so wenig verdient, dass keine Lohnsteuer gezahlt werden muss (1,5 Millionen Personen), nur geringfügig beschäftigt (274.853 Personen) oder bereits in Pension (2,2 Millionen Personen) ist, schaut gänzlich durch die Finger.
AK fordert Totalreform
"Die Herren Politiker müssen zur
Besinnung kommen. Es braucht eine Totalreform der Pendlerpauschale",
sagte Erwin Zangerl, Präsidenten der Tiroler Kammer für Arbeiter
Angestellter (AK). Dafür müssen die Distanzen an die tatsächlichen
Pendlerströme angepasst werden, die "völlig unzeitgemäßen
Zumutbarkeitsgrenzen" in zeitlicher Hinsicht müssen wegfallen, es gebe
kein klares Bekenntnis für den öffentlichen Personennahverkehr auch in den
Richtlinien der Pendlerpauschale und der bisherige Freibetrag müsse in einen
Absetzbetrag umgewandelt werden. "Momentan versuchen die Politiker auf
einen alten Baum einen neuen Ast zu pflanzen. In der Hoffnung, dass dieser
dann Früchte trägt", schilderte er.
Koalitionszank
Nur einen Tag nach der Einigung zur Erhöhung des
Pendlerpauschales ist nämlich bereits ein Koalitionszank zum Thema
ausgebrochen. So werfen SPÖ und ÖVP einander vor, einen dahingehenden
Beschluss im Finanzausschuss am Donnerstag verhindert zu haben. Hintergrund:
Die ÖVP wollte den Punkt auf die Tagesordnung bringen und mit einem Antrag
zum Schenkungsmeldegesetz verknüpft, zu dem es noch keine Einigung gibt. Die
SPÖ lehnte das ab, woraufhin der Ausschuss vertagt wurde.
Beide Seiten empört
Beide Parteien zeigten sich
gleichermaßen empört. ÖVP-Sozialsprecher Werner Amon sieht "einen
mehr als deutlichen Beweis, dass bei der SPÖ zwischen Reden und Handeln
Meilen liegen". Die Ablehnung des Antrags durch die SPÖ ist aus
ÖVP-Sicht "völlig unverständlich". "Erschütternd"
ist für Amon auch, dass die SPÖ zwar davon rede, den gestiegenen Preisen
entgegenzutreten, bei der Umsetzung aber auf der Bremse stehe, ließ er via
Aussendung ausrichten.
Überraschte ÖVP
"Überrascht" über die
ÖVP-Reaktion zeigte sich SPÖ-Budget- und Finanzsprecher Jan Krainer. "Diese
Maßnahme war mit uns nicht abgesprochen. Eine Vorgangsweise, die für einen
Vertreter einer Regierungspartei ziemlich ungewöhnlich ist",
spielte er in einer Aussendung den Ball zurück. Die Vertagung der Sitzung
durch den Ausschussvorsitzenden Günther Stummvoll (V) sei umso
bedauerlicher, weil man die Anhebung der Pendlerpauschale und die Erhöhung
des amtlichen Kilometergeldes hätte umsetzen hätte können. Krainer geht nun
davon aus, bei der kommenden Sitzung am Dienstag die Entlastung für die
Pendler beschließen zu können.
Grüne wittern Skandal
Die Grünen sehen einen Skandal, dass
die ÖVP versuche, die Stiftungsprivilegien mit der Erhöhung des
Pendlerpauschales zu verknüpfen. Finanzsprecher Bruno Rossmann verwehrt sich
gegen die "geplanten Privilegien für Superreiche, die ihr Geld in
Stiftungen geparkt haben". Diese dürften keinesfalls Gesetz werden.
Kritik am Koalitionszank übte FPÖ-Finanzsprecher Lutz Weinzinger. Beide
Parteien würden sich wieder einmal nicht einigen können, meinte er.
BZÖ-Finanzsprecher Josef Bucher sprach von einem "unwürdigen
Schauspiel".
Erhöhung am Mittwoch beschlossen
Die Bundesregierung hatte
zuvor am Mittwoch die Erhöhung von Pendlerpauschale und Kilometergeld als
Antwort auf die ständig steigenden Treibstoffpreise vereinbart. Die kleine
und die große Pendlerpauschale sollen um je 15 Prozent, das Kilometergeld um
12 Prozent (von 38 Cent auf 42 Cent) angehoben werden. Der Bund stellt dafür
60 Mio. Euro aus dem Budget zur Verfügung. In Kraft treten sollen die
Erhöhungen schon mit 1. Juli. Kritik kommt naturgemäß vons eiten der
Opposition, aber auch die Autofahrerklubs sind mit den Maßnahmen der
Regierung nicht zufrieden.
Die Koalition rief die Bundesländer auf, Heizkostenzuschüsse und
Pendlerbeihilfe zu harmonisieren und ebenfalls auszuweiten.
Auf der nächsten Seite: Die genaue Auflistung der Pauschale und die Reaktionen zum Beschluss
Kleine Pendlerpauschale:
bis km |
01.07.2007 |
01.07.2008 |
20 - 40 |
546 |
630 |
40 - 60 |
1.080 |
1.242 |
darüber |
1.614 |
1.857 |
Große Pendlerpauschale:
bis km |
01.07.2007 |
01.07.2008 |
2 - 20 |
297 |
342 |
20 - 40 |
1.179 |
1.356 |
40 - 60 |
2.052 |
2.361 |
darüber |
2.931 |
3.372 |
Die vereinbarte Erhöhung ist bei den Oppostionsparteien naturgemäß auf wenig Anerkennung gestoßen. Aber auch innerhalb der Regierungspartei SPÖ hielt sich die Freude in Grenzen. Während SPÖ-Geschäftsführer Josef Kalina von einem Erfolg von Gusenbauer spricht, kommen durchaus kritische Reaktionen von Parteikollegen und parteinahen Interessengemeinschaften. Beim Regierungspartner ÖVP schwelt man einhellig im Jubel für Molterer.
Grummeln bei den Roten
Oberösterreichs SPÖ-Chef Erich Haider ist
nicht ganz zufrieden mit diesen Maßnahmen. Er fordert eine Senkung der
Treibstoffsteuern. Der Grund: Von mehr Kilometergeld bzw. Pendlerbeihilfe
haben nur Dienstnehmer etwas, Pensionisten oder Alleinerzieherinnen aber
nichts.
Grüne sehen "Groteske"
Die Grünen meinen, dass
diese Maßnahmen den Kyoto-Zielen zuwiderlaufen. Auf der einen Seite werde
ein Loch gestopft, auf der anderen - beim Klimaschutz - werde eines
aufgerissen. Das sei eine "absolute Groteske".
FPÖ findet es zu wenig
FPÖ-Parteichef Heinz-Christian
Strache nennt die Regierungspläne "liebenswürdig, aber unzureichend".
Finanzminister Wilhelm Molterer solle lieber die Mineralölsteuer temporär
aussetzen und die Mehrwertsteuer auf Treibstoff halbieren.
Haider plant gallisches Dorf
Landeshauptmann Jörg Haider findet
die Erleichterungen für die Pendler auch nicht berauschend und will Kärnten
innerhalb von 30 Jahren energieautark machen. Dazu will er Mittel aus dem
Klimafonds beantragen. Haider träumt von 100 Mio. Euro jährlich. Damit
sollen Gebäude saniert und alternative Energien stärker gefördert werden.
Eine Kärntner Gemeinde nach der anderen sollte auf diese Weise energieautark
werden, am Ende dann das gesamte Bundesland.
Auch BZÖ-Chef Peter Westenthaler ist die Anhebung von Pendlerpauschale und Kilometergeld zu gering, er nennt die Pläne der Regierung eine "Frotzelei".
Zu gering ist die Erhöhung auch für ARBÖ und ÖAMTC. Heftige Kritik kam auch von der Arbeiterkammer. Sie sprach heute von "blankem Hohn", alleine die Erhöhung der Treibstoffpreise seit Juli 2007 habe für die Betroffenen Mehrkosten von 500 Mio. Euro gebracht.
EU-weite Spekulationssteuer
Außerdem wird sich Österreich bei
der EU-Kommission für eine Spekulationssteuer im Erdöl- und Rohstoffbereich
stark machen. Eine höhere Besteuerung von Spekulationen ist aus Sicht der
Regierung besser als das Aussetzen der Mehrwertsteuer auf EU-Ebene, wie das
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gefordert hatte. Denn die Streichung
der Mehrwertsteuer würde sofort wieder durch Preissteigerungen der
Mineralölwirtschaft kompensiert.
Eine höhere Pendlerpauschale und eine höheres Kilometergeld hat gestern erstmals SPÖ-Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter öffentlich gefordert.