Alle Urteile gegen Deserteure, die keine Kameraden getötet haben, sollen aufgehoben werden.
Die Regierung macht Ernst bei der Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren. Das Justizministerium soll dem Vernehmen nach bereits ein entsprechendes Konzept ausarbeiten. Dieses soll die Aufhebung aller Urteile jener Deserteure vorsehen, die nicht nachweislich Kameraden getötet haben. Weiters dürften auch die Urteile gegen Homosexuelle der NS-Zeit erlöschen - und zwar für jene, die sich auch nach derzeit bestehendem Recht nicht strafbar gemacht hätten.
"Hochdruck"
Offiziell war dafür keine Stellungnahme zu
erhalten. Aus dem Justizministerium hieß es nur, man arbeite "mit Hochdruck"
an den Gesetzesentwürfen. Mit dem ÖVP-Klub sollen die Pläne bereits
akkordiert sein. Der schwarze Justizsprecher Heribert Donnerbauer war Anfang
September noch gegen eine pauschale Aufhebung der Urteile ("Desertion ist
ein Delikt, das es nach wie vor gibt"), mit der Ausnahmeregelung dürften
seine Einwände aber nun vom Tisch sein.
Anlässlich des 70. Jahrestages des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs war die Debatte um die generelle Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren wieder hochgekocht. Mit dem von der schwarz-orangen Koalition beschlossenen "Anerkennungsgesetz 2005" (das von SPÖ und Grünen abgelehnt wurde) wurden lediglich das NS-Aufhebungsgesetz und die Befreiungsamnestie von 1945 bzw. 1946 neu veröffentlicht. Damit wurden allerdings weder die Urteile der "Gesundheitsgerichte" über die Zwangssterilisationen noch jene der NS-Justiz gegen Homosexuelle aufgehoben (letzteres deshalb, weil Homosexualität auch nach den vor 1938 und nach 1945 geltenden österreichischen Gesetzen strafbar war).