Rendi-Wagner: 'Grüne treten ihre Werte mit Füßen'
22.01.2020
SPÖ-Chefin zeigt sich enttäuscht und attackiert die Regierungsparteien.
Eklat um den Ibiza-U-Ausschuss: Die beiden Koalitionsparteien ÖVP und Grüne werden heute Teile jenes Begehrens beeinspruchen, mit dem SPÖ und Neos den Ibiza-U-Ausschuss einsetzen wollten. Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer begründet das Bremsen mit Formalfehlern.
Postenschacher. Postenbesetzungen bei ÖBAG oder Nationalbank sowie Ermittlungen zu Ibiza könnten somit nicht untersucht werden, monieren die Neos. Der Ausschuss werde damit auf die Causa Casinos beschränkt. Die Grünen würden der ÖVP aus Koalitionsräson "die Mauer machen". Folge: Der Ausschuss kann zwar starten und auch schon Akten bestellen. Die Entscheidung liegt jetzt beim Verfassungsgericht, das kann vier Wochen dauern.
Scharfe SPÖ-Kritik
Scharfe Kritik am Vorgehen der Regierung äußerte am Mittwoch SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. „Es geht einzig um ein Kalkül: Die ÖVP soll in diesem U-Ausschuss so gut wie nicht untersucht werden“, so die Parteichefin im Ö1-Morgenjournal. Es gelte, im Ausschuss die politische Verantwortung zu klären: „Sind Straches Ankündigungen im Ibiza-Video mithilfe der ÖVP in der schwarz-blauen Bundesregierung auch in Taten gemündet worden?“, so Rendi-Wagner weiter.
Rendi-Wagner zeigt sich vor allem von den Grünen enttäuscht. „Sie treten ihre Werte hier mit Füßen.“ Die SPÖ-Chefin will jetzt den Gang zum Verfassungsgerichtshof „auf jeden Fall gehen“.
Auch FPÖ empört
Auch die FPÖ zeigt sich über das Vorgehen der Koalition beim U-Ausschuss zur Casinos-Affäre verwundert. Der Abgeordnete Philipp Schrangl begrüßte daher in einer Aussendung, dass nun der VfGH mit der Angelegenheit befasst werde.
Die Freiheitlichen treten explizit dafür ein, dass auch die sie betreffende Ibiza-Affäre untersucht wird. Alleine der Wunsch, Punkte wie diesen aus der Untersuchung auszuschließen, werfe ein merkwürdiges Licht auf die Regierungsparteien und insbesondere auf die sonst so an parlamentarischer Aufklärung interessierten Grünen, meint Schrangl.
VfGH entscheidet über Tempo selbst
Es liegt nun in den Händen des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zu entscheiden, ob die von SPÖ und NEOS für einen Untersuchungsausschuss beantragten Themen zur Gänze erörtert werden können. Wie lange das Höchstgericht für seine Entscheidung braucht, ist letztlich Sache der Richter.
Fix ist, dass die Beschwerde gegen die Zusammenstreichung des Untersuchungsgegenstands innerhalb von zwei Wochen eingebracht werden muss. Dann kommt der VfGH zum Zug und ist gesetzlich angehalten, möglichst innerhalb eines Monats zu entscheiden. Verpflichtet ist er dazu nicht. Wörtlich heißt es im Verfassungsgerichtshofgesetz: "Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Grund der Aktenlage ohne unnötigen Aufschub, tunlichst aber binnen vier Wochen."
Die Grünen gehen nun davon aus, dass die Verzögerung, sollte der ursprüngliche Untersuchungsgegenstand überhaupt zugelassen werden, wohl nur sechs Wochen dauern wird. Die SPÖ vermutet, dass der VfGH für die Prüfung ein wenig länger brauchen könnte. Die "tunlichst"-Formulierung gibt den Höchstrichtern ja jeden erdenklichen Spielraum und der Verfassungsgerichtshof ist nicht dafür bekannt, sich zeitlich gerne unter Druck setzen zu lassen.
Sollte der Gerichtshof SPÖ und NEOS folgen, werden die Auswirkungen des heutigen türkis-grünen Einspruchs gering sein. Einzig, dass die Akten ein wenig später angefordert werden könnten, wäre ein gewisser Nachteil.
Im U-Ausschuss selbst haben ÖVP und Grüne übrigens auch eine knappe Mehrheit. Die Volkspartei ist mit fünf Mandataren repräsentiert, der Koalitionspartner mit zwei. Auf der anderen Seite stehen drei Rote, zwei Blaue und eine pinke Ausschuss-Vertreterin.