Caritas kritisiert
"Republik spart auf Kosten der Pfleglinge"
02.09.2008
Die Caritas verlangt die Schaffung eines Pflegelasten-Ausgleichsfonds - finanziert u.a. über eine Vermögenszuwachssteuer.
Im Bereich Pflege sieht die Caritas weiterhin zahlreiche "Großbaustellen", wie Caritas-Präsident Franz Küberl und der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau kritisierten. Küberl erneuerte die Caritas-Forderung nach einem Pflegelasten-Ausgleichsfonds und plädierte für einen jährlichen Bericht. Außerdem solle das Pflegegeld jährlich valorisiert werden. Nachdem das seit Jahren unterlassen worden ist, hat sich die Republik von 1993 bis Mitte 2008 rund drei Milliarden Euro erspart.
Neue Vermögenssteuer
Gespeist werden soll der Pflegefonds
aus Mitteln der Krankenversicherung, Länderbeiträgen, bestehenden Steuern
plus einer neuen Vermögenszuwachssteuer, so Küberl. Als Vorbild sieht er den
Familienlastenausgleichsfonds (FLAF). Wie hoch der Fonds dotiert werden
müsse, wollte er nicht abschätzen.
Bericht zwecks Transparenz
Nötig ist für Küberl auch ein
österreichweiter Pflegebericht, in dem jährlich Daten erhoben werden
müssten, um auch die Kosten abschätzen zu können. Derzeit sei nicht
ersichtlich, wieviel Pflegepersonal in Österreich tätig sei, die Datenlage
bezeichnete er als "katastrophal".
Ungerecht sei auch die verschiedenartige Verrechnung von Bundesland zu Bundesland: So koste etwa in der Steiermark bei gleicher Abgabenquote ein und das selbe Pflegepaket doppelt so viel wie in Oberösterreich, rechnete Küberl vor.
Pflege als Geldproblem
Küberl kritisierte außerdem die Praxis
einiger Bundesländer, die Pflegekosten immer noch bei den Angehörigen zu
regressieren. Als zu Pflegender müsse man heute zu einem Armutsfall werden,
das "Lebensrisiko" Pflege müsse aber ebenso wie Krankheit
solidarisch getragen werden, forderte er.
Angehörige entlasten
Landau weist darauf hin, dass zwischen
75 und 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen derzeit von Angehörigen
betreut und gepflegt werden. Hier bedürfe es deutlicherer Zeichen der
Anerkennung für die Leistung und konkreter Entlastungsangebote. Derzeit
bestehe eine deutliche "Lücke" zwischen der
24-Stunden-Betreuung auf der einen Seite und der mobilen Hauskrankenpflege
auf der anderen Seite.
Landau forderte auch einen Ausbau der Angebote für Demenzkranke. Derzeit seien etwa 100.000 Menschen davon betroffen, was sich bis 2050 auf 234.000 Personen erhöhen dürfte.
Gegen Versicherungsmodell
Ein Versicherungsmodell zur
Finanzierung, wie es etwa in Deutschland mit der "Pflegeversicherung"
existiert, halten Küberl und Landau nicht für zielführend, da diese zu stark
an das jeweilige Arbeitseinkommen geknüpft sei, damit die Arbeitskosten
weiter verteuere und davon ablenke, dass Pflege ein umfassendes
Gesellschaftsthema sei und nicht nur eine Frage der erwerbstätigen
Bevölkerung.
Dickes Ende kommt noch
Der Wiener Arbeits- und Sozialrechtler
Wolfgang Mazal warnt vor den Folgen der mittlerweile ausgelaufenen
Pflegeamnestie. Er sieht mögliche nachträgliche Komplikationen, weil die
illegal Beschäftigten dabei um Sozialleistungen umgefallen sind. So wäre es
für diese Betreuer möglich, entgangene Pensionsjahre nachtragen zu lassen
und auch ein regelkonformes und damit höheres Gehalt einzufordern. "Man
kann Sozialschutz nicht abschaffen." Jeder, der hierzulande nicht
angemeldet sei, könne im Nachhinein die Anrechnung der Pensionsjahre
einfordern.
Selbstständigkeit wird nicht halten
Arbeitsrechtlich stellt
sich für ihn auch die Frage nach der Korrektheit der legalen
Beschäftigtenverhältnisse: Derzeit seien die Pfleger zu 90 Prozent
selbstständig tätig, auf Grund ihrer Tätigkeit stelle sich aber die Frage,
ob sie nicht Anspruch auf den Arbeitnehmerstatus hätten: "Was
Beitragsprüfer in den kommenden Jahren dazu sagen werden, wird sich noch
zeigen."