Scharfe Töne
Riesen-Demo für faire Löhne in Wien
13.05.2009
5 Teilgewerkschaften hatten dazu aufgerufen, zwischen 15.500 (Polizei) und 25.000 (GPA) Teilnehmer fanden sich zur Demo ein. Angesichts der Prämien für Manager wollen sie für Arbeitnehmer keine Nulllohnrunden akzeptieren.
Die schleppenden Kollektivvertrags-Verhandlungen haben am Mittwochnachmittag zwischen 15.000 und 25.000 Arbeitnehmer in Wien auf die Straße gebracht. Angeführt von ÖGB-Chef Erich Foglar und AK-Präsident Herbert Tumpel zogen sie bei strahlenden Sonnenschein vom Schwarzenbergplatz - dem Sitz der Industriellenvereinigung - zur Wiedner Hauptstraße, wo die Wirtschaftskammer ihren Hauptsitz hat. Foglar fand dabei klare Worte für die Kritiker der Protestveranstaltung: "Wir demonstrieren wie wir wollen, wann wir wollen und wo wir wollen."
Mitterlehner enttäuscht
Wirtschaftsminister Reinhold
Mitterlehner (V) zeigte sich heute "einigermaßen enttäuscht". Er finde
Demonstrationen zum jetzigen Zeitpunkt für überzogen. Vom Bundesvorsitzenden
der Christgewerkschafter, ÖGB-Vizepräsident Norbert Schnedl, hieß es
hingegen: "Die Kaufkraft für alle zu steigern, ist das Gebot der Stunde."
Kampfeslustig
Alle Redner erinnerten heute daran, dass es in zehn
Branchen trotz zahlreicher Verhandlungsrunden noch keine Einigung gegeben
habe, wobei die IT-Beschäftigten schon fünf Gesprächsrunden hinter sich
hätten und die Drucker gar acht. Besonders viel Applaus erntete der oberste
Post-Gewerkschafter Robert Wurm. "Wir sind nur die Vorhut, die Gewerkschaft
ist eine Kampforganisation. Wir lassen uns nichts gefallen!", meinte Wurm.
"Schweinerei"
Zuvor hatten Belegschaftsvertreter das
Verhalten der Arbeitgeberseite als eine "Schweinerei" und "Frechheit"
bezeichnet. Es wurde darauf verwiesen, dass alleine im Vorjahr die
börsenotierten Unternehmen in Österreich 1,9 Mrd. Euro an ihre
Aktionäre ausgeschüttet hätten. "Auf unsere Kosten wird zuerst abkassiert,
und dann werden wir abserviert", hieß es.
Wirtschaftskammer kontert
Die Wirtschaftskammer Österreich
konterte mit einem Plakat am Hauptquartier: "Seriös verhandeln ja - Schüren
von Emotionen nein." Zuvor hatten die Arbeitgeber in einer Pressekonferenz
erklärt, sie können sich eine stufenweise Anhebung der Kollektivverträge
(KV) vorstellen, wie das in Deutschland zwischen Unternehmen und der
Gewerkschaft IG Metall ausverhandelt wurde.
Streik-Drohung
Der stellvertretende Bundesgeschäftsführer der
Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), Karl Proyer kritisierte die
Aussagen der Arbeitgeberseite, wonach es ohnehin nie das Angebot einer
Nulllohnrunde gegeben hätte. So habe der Fachverband Unternehmensberatung &
IT nach wie vor kein Angebot für eine Erhöhung des Ist-Lohnes gelegt. Sollte
die Arbeitgeberseite nicht einlenken, schloss Proyer Streiks nicht aus.
Industrie sieht Menschen auf ihrer Seite
IV-Präsident Veit
Sorger meint: "Nur neun Prozent der Arbeitnehmer sind zu keinem
Lohnverzicht bereit." Außerdem sei sowieso nicht an eine generelle
Nulllohnrunde gedacht, sondern an eine Lohnpolitik angepasst an die
spezifischen Situation der verschiedenen Branchen. Die bisherigenAbschlüsse
seien weit von Nulllohnrunden entfernt gewesen.
Klassischer Rot-Schwarz-Konflikt
Auf Koalitionsebene hat die
Protestkundgebung schon im Vorfeld für Verstimmung gesorgt. Die
Sozialdemokratie, allen voran Parteichef Werner Faymann, stärkt den
Demonstranten den Rücken. Er sieht keinen Anlass für Nulllohnrunden oder gar
Gehaltskürzungen und erklärt sich "solidarisch" mit den
Dienstnehmern. Wirtschaft, Industrie und ÖVP haben kein Verständnis für den
Gang auf die Straße und fordern den Weg zurück zum Verhandlungstisch.