ÖSTERREICH-Interview
Riess-Passer: „An Jörg gescheitert"
04.02.2010
10 Jahre nach der von wütenden Protesten begleiteten Angelobung erinnert sich die FPÖ-Vizekanzlerin.
ÖSTERREICH: Die blau- schwarze Regierung ist
eigentlich an der eigenen Partei und am eigenen Parteichef Haider
gescheitert.
Susanne Riess-Passer: Die FPÖ als Partei war
2002 nicht regierungsfähig – und ich glaube, sie ist es bis heute nicht. Es
gab in der FPÖ nur wenige, die verstanden haben, dass eine
Regierungsbeteiligung ein langer, dorniger Weg ist, der aus unendlich vielen
Kompromissen besteht. Haider wollte immer die Konfrontation – auch mit der
ÖVP.
Den ersten Teil des Interviews lesen Sie hier!
ÖSTERREICH: Wie kam es zum Bruch mit Haider?
Riess-Passer:
Der erste Bruch war die verlorene Wien-Wahl – da hat Haider die Lust an
einer konstruktiven Regierung verloren, wollte Konfrontation. Der zweite
Vertrauensbruch war seine Reise zu Saddam Hussein, von der er mich nicht
informiert hat und die – auch für ihn – unglaublich schädlich war. Der
endgültige Bruch war im Sommer 2002 Knittelfeld. Da haben ihn Strache,
Stadler, Mölzer und Scheuch in seinen eigenen Absturz gedrängt. Aber in
Wahrheit hat Haider seine Entscheidungen selbst getroffen, er hat
Schwarz-Blau selbst zerstört und dafür auch sehr teuer bezahlt. Er hat mir
später dutzendfach gesagt, dass er Knittelfeld und die damals provozierte
Neuwahl für seinen schwersten politischen Fehler hielt.
ÖSTERREICH: Schwarz-Blau ist an Haider gescheitert?
Riess-Passer:
Er hatte zu wenig Geduld. Das war ein Projekt, das auf mehrere
Legislaturperioden angelegt war. Wir hätten noch so viel erreichen können:
Die ganze Beamten- und Verwaltungsreform, die eine Große Koalition niemals
schaffen wird, die Bildungsreform. Jörg Haider hat sein Lebensziel – die
Regierungsbeteiligung – in Knittelfeld zerstört. Aber ich habe es sehr
berührend gefunden, wie ich am Schluss seines Lebens einen Haider erlebt
habe, der verzweifelt bemüht war, das alles wieder aufzubauen – noch einmal
eine Regierungsbeteiligung mit der ÖVP zu schaffen .
ÖSTERREICH: Hat er Sie danach gefragt, ob Sie nochmal
mitmachen würden?
Riess-Passer: Hat er. Sogar oft. Und
ich habe ihm gesagt: Niemals wieder! Ich bin ganz draußen und bleibe ganz
draußen. Und bitte, dass dieser Satz am Schluss des Interviews steht...