Bundespräsident
Rosenkranz ist "Belastung für das Land"
23.03.2010
Beim Wahlkampfauftakt appellierte Amtsinhaber Fischer an die Menschen, wählen zu gehen und nicht weiß zu wählen.
Bundespräsident Heinz Fischer hat zum Wahlkampfauftakt deutliche Kritik an seiner freiheitlichen Konkurrentin Barbara Rosenkranz geübt, ohne diese beim Namen zu nennen. Gleichzeitig appellierte er in seiner Rede im Wiener Museum für Angewandte Kunst an die Bürger, am 25. April nicht ungültig zu wählen, wie das einige Vertreter der ÖVP vorgeschlagen hatten.
Rosenkranz ist "Belastung fürs Land"
"Kann man
sich wirklich wünschen, dass ausgerechnet beim Bundespräsidenten fehlende
Glaubwürdigkeit durch eidesstattliche Erklärungen ersetzt werden muss?",
fragte Fischer ohne Rosenkranz zu nennen, die sich erst nach heftiger Kritik
und einer Aufforderung der "Kronen-Zeitung" in einer eidesstattlichen
Erklärung von nationalsozialistischer Ideologie distanziert hatte. Und
weiter: "Warum sollte man in schwierigen Zeiten unser Land mit der Hypothek
von Unsicherheit und Umstrittenheit belasten?"
Erfahrung des Staatschefs nutzen
Seine eigenen Vorteile strich
das amtierende Staatsoberhaupt auch in Frageform heraus: "Warum sollte auf
den Vorteil von Stabilität und Verlässlichkeit im Amt des Bundespräsidenten
verzichtet werden?" Und warum sollten die Erfahrung, die er selbst in den
vergangenen sechs Jahren erworben habe, und sein im In- und Ausland
erworbenes Vertrauen nicht für weitere sechs Jahre genutzt werden.
"Ablehnung aller totalitären Systeme"
Fischer
zeigte sich überzeugt davon, mit Hilfe von Österreichern, die "die gleiche
Grundeinstellung zu den Grundwerten und Erfolgen unserer Zweiten Republik"
haben, erfolgreich zu sein. "Die gleiche Grundeinstellung auch zu den
dunkelsten Stunden unseres Landes, also der Zeit zwischen 1938 und 1945, und
den Konsequenzen, die daraus zu ziehen sind. Und die gleiche
Grundeinstellung in der Ablehnung aller totalitären Systeme."
"Wählen Sie nicht weiß!"
An die Österreicher
richtete Fischer den Appell: "Nützen Sie Ihr Wahlrecht und wählen Sie nicht
weiß, sondern wählen Sie im Interesse von Rot-Weiß-Rot." Fischer ging damit
indirekt auf die Aufforderungen von ÖVP-Politikern ein, weiß zu wählen. Er
bat um eine "klare Entscheidung", die dem österreichischen Bundespräsidenten
in den nächsten sechs Jahren einen starken Rückhalt gibt.
Wahlrecht ist keine "Nebensache"
Angesichts der
befürchteten geringen Wahlbeteiligung, weil es voraussichtlich nur zwei
Kandidaten geben wird, appellierte Fischer auch an die Bürger, vom Wahlrecht
Gebrauch zu machen. Das Staatsoberhaupt verteidigte die Wahl des
Bundespräsidenten durch das Volk und sagte: "Man kann nicht beklagen, dass
es in Österreich zu wenig Möglichkeiten der Bevölkerung zur Mitwirkung in
der Politik gibt und dann eine ganz konkrete und seit Jahrzehnten bewährte
Mitwirkungsmöglichkeit eliminieren. Auch alle meine Amtsvorgänger haben das
so gesehen. Also bleiben wir bei der Volkswahl! Aber dann sollte von diesem
Wahlrecht auch starker Gebrauch gemacht werden." Das Wahlrecht dürfe in
einer Demokratie nicht zu einer Nebensache gemacht werden oder zum
Gegenstand taktischer Spiele. "Dazu ist das Wahlrecht viel zu wichtig.
Denken Sie daran, wie mühsam es erkämpft wurde."
"Viele Verbündete"
Fischer begründete seinen
Optimismus für die Wahl am 25. April damit, dass er damit rechne, "viele
Verbündete" zu finden. Das gelte für Sozialdemokraten, Christdemokraten, für
Grüne und Liberale sowie für Parteifreie und alle, die sich zu seinen
Grundsätzen bekennen, meinte das Staatsoberhaupt.
Humanismus und Menschenwürde
Fischer bekräftigte, dass er
auf der Basis der Prinzipien des Humanismus und der Menschenwürde bei
gleichzeitigem Bekenntnis gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit auch in
den nächsten sechs Jahren das Amt des Bundespräsidenten ausüben möchte. Sein
Motto "Unser Handeln braucht Werte" gelte für alle Bereiche der Gesellschaft.
Gerade in schwierigen Zeiten dürfe man ein Auseinanderdriften der Gesellschaft nicht zulassen. "Wir müssen das Gemeinsame wieder mehr vor das Trennende stellen. Solidarität und Leistung betrachte ich nicht als Gegensätze. Wir wollen eine Wirtschaft, die nicht meint, auf ethische Grundsätze verzichten zu können. Eine Wirtschaft, in der Gewinne durch Arbeit und Leistung entstehen und nicht durch Spekulationen auf den Finanzmärkten. Eine soziale Marktwirtschaft, in der die Begriffe sozial und Markt in gleicher Weise Berücksichtigung finden", appellierte Fischer neuerlich an das soziale Gewissen.
Nicht im Stich lassen
Dem Grundsatz der Gleichstellung von Frauen
und Männern müsse die Gesellschaft umfassend Rechnung tragen und auch in der
Lebenswirklichkeit dafür die erforderlichen Voraussetzungen schaffen,
forderte Fischer. Und "gerade die Jungen sollen wissen, dass man in
Österreich nicht im Stich gelassen wird." Beim Thema Klimaschutz müssten
Aufmerksamkeit und Anstrengungen verstärkt werden, verlangte Fischer.
Sachlichkeit statt Agitation
Um die Politikverdrossenheit zu
bekämpfen, mahnte Fischer "große Ernsthaftigkeit" im Umgang mit den
Problemen ein. "Wir brauchen Fairness und Sachlichkeit und nicht das Schüren
von Ängsten und Agitation gegen Minderheiten."
An seiner bisherigen Art der Amtsführung will Fischer festhalten: "Ich werde meine sachliche Zusammenarbeit mit Parlament und Regierung, mit den Gebietskörperschaften und Sozialpartnern, aber auch mit den Organisationen der Zivilgesellschaft fortsetzen. Ich werde auch in Zukunft aussprechen, was gesagt werden muss, aber ich suche nicht Streit oder Profilierung, sondern betrachte mich als Bindeglied zwischen der Bevölkerung und den Institutionen unserer Republik. Ich möchte das Miteinander stärken und nicht das Gegeneinander, weil ich den Nutzen schätze, den gemeinsame Anstrengungen unserem Lande bringen." Stärken will Fischer auch das Miteinander der Generationen sowie der Volksgruppen, wobei er anmerkte, dass er sich auch nicht vor zweispracheigen Ortstafeln fürchte. Zudem versprach der Bundespräsident, dass er seine Entscheidungen weiter nach den Kriterien der Überparteilichkeit, Objektivität und Sachlichkeit treffen werde.