Haider-Interview

Rot-Grün-Orange? "Vorstellbar"

09.11.2006

Haider hält sich in Kärnten als Landeshauptmann für unverzichtbar – aber bei einer neuen Regierung dabei zu sein, wäre „interessant“.

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ÖSTERREICH: Was muss Ihrer Meinung nach passieren, um die Patt-Situation bei den Regierungsverhandlungen aufzulockern?
Jörg Haider: Bundespräsident Fischer müsste seine sklavische Fixierung auf die Große Koalition aufgeben und den Auftrag erteilen, andere Mehrheiten zu suchen. Es gibt andere Mehrheiten, weil wir bereit sind mitzuwirken. Im Unterschied zu anderen Parteien, die eine panische Angst vor der Regierungsverantwortung haben und kneifen. Wir sind ja umgeben von lauter Parteien, die sich verweigern und nur ihr warmes Plätzchen im Parlament haben und kassieren wollen.

ÖSTERREICH: In welcher Form können Sie sich eine Mitwirkung vorstellen? Duldung einer Minderheitsregierung oder als Teil einer Koalition?
Haider: Es ist vieles denkbar und vieles möglich. Eine Koalition, aber auch einer Minderheitsregierung würden wir eine Chance geben und sie nicht gleich durch einen Misstrauensantrag zu Fall bringen. Ich schließe da nichts aus und grenze auch niemanden aus. Wir vom BZÖ wollen arbeiten und können es durch unsere Regierungserfahrung auch. Es ist ja einmalig in der Zweiten Republik, dass kollektive Arbeitsverweigerung betrieben wird. Dieser unerträgliche Zustand gehört beendet.

ÖSTERREICH: Durch Neuwahlen?
Haider: Was niemand will, sind Neuwahlen. Das wäre eine Zumutung. Wenn SPÖ und ÖVP nicht willens sind, eine Regierung zu bilden und damit Neuwahlen vom Zaun brechen, bin ich dafür, die Wahlkampfkostenrückerstattung völlig zu streichen. Der Bundespräsident soll klarstellen: Wenn die Parteien Neuwahlen wollen, sollen sie das auch selber zahlen. Sie würden staunen, wie schnell dann wieder Bewegung in die Regierungsverhandlungen kommen würde.

ÖSTERREICH: Wäre Rot-Grün-Orange vorstellbar?
Haider: Das wäre eine ernst zu nehmende Überlegung, wenn die anderen ihre ideologischen Verhärtungen abbauen und ihre fundamentalistischen Positionen aufgeben. Man soll ja nicht das praktizieren, was man am Islam kritisiert. Ich sehe jedenfalls keine inhaltlichen Ausschließungsgründe.

ÖSTERREICH: Wie soll das funktionieren?
Haider: Es gibt viele inhaltliche Übereinstimmungen in diesen Parteien. Ich kann mir ein sehr ambitioniertes Regierungsprogramm vorstellen. In der Frage der Pensionsanpassung, bei der Steuerreform, die vor allem Kleinbetriebe unterstützt, bei der Besserstellung der schwächeren Einkommen. Das will auch die SPÖ und da kann sie auch nichts gegen unsere Forderung nach einem Müttergeld haben. Und natürlich bei der Bildungsreform. Außer der ÖVP alt sprechen sich ja alle für eine gemeinsame Schule der 6- bis 15-Jährigen aus.

ÖSTERREICH: Zwischenfrage: Heißt das, Sie erwarten sich eine ÖVP neu.
Haider: Ich glaube schon, dass auch die ÖVP die Notwendigkeit sieht, auf die geistige Höhe ihrer Wähler aufzuschließen. Die ÖVP ist ja in vielen gesellschaftlichen Fragen zurückgeblieben. Vielen in der ÖVP ist das schon peinlich, so hinter der gesellschaftlichen Entwicklung herzuhinken. Etwa bei den Patchwork-Familien.

ÖSTERREICH: Gäbe es eine ÖVP neu: Wäre dann auch Schwarz-Blau-Orange denkbar? Die FPÖ hat das ja kategorisch abgelehnt ...
Haider: Sie wissen ja, wie das ist mit der beleidigten blauen Verwandtschaft. Ich glaube aber, dass trotz der derzeitigen Führung Bewegung in die FP kommen kann. Es wissen schließlich nicht alle, aber doch einige, dass wir 2006 und nicht 1848 schreiben.

ÖSTERREICH: Rot-Grün-Orange ist aber realistischer?
Haider: Welche Farbe immer: Wir müssen eine konstruktive Mehrheit für ein Regierungsmodell finden, hinter dem viele Österreicher fasziniert stehen.

ÖSTERREICH: Wären Sie da auch bereit, nach Wien zu gehen?
Haider: Von der Aufgabe her wäre es sicher interessant, aber ich bin als Landeshauptmann ja unverzichtbar. Nicht nur für Kärnten, sondern für ganz Österreich.

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