Anwesenheitspflicht
Rote Front gegen Asyl-Haft-Idee bröckelt
12.01.2010
Nach dem ersten kategorischen Nein relativiert die SPÖ ihre Position.
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann hat am Dienstag nach dem Ministerrat das Nein der SPÖ zur Internierung von Asylwerbern relativiert. Man werde einen entsprechenden Gesetzestext, den ÖVP-Innenministerin Maria Fekter vorlegen soll, "sehr genau prüfen". Klar sei aber, dass eine Regelung verfassungskonform sein müsse.
"Einsperren" wird abgelehnt
Die Darstellung, dass man
Asylwerber von vornherein einsperren solle, um die Bevölkerung zu beruhigen, "lehnen
wir entschieden ab", betonte Faymann. Es gehe aber um die Frage, wie
man Missbrauch verhindern könne, sagte der Bundeskanzler. Es gebe Menschen,
die Schutz brauchten und andere, wie z.B. Schlepperbanden.
Anwesenheitspflicht für Unkooperative
Auch ÖVP-Vizekanzler
Josef Pröll hob hervor, dass eine derartige Regelung sowohl der Verfassung
als auch den Menschenrechten entsprechen müsse. Es gebe aber offensichtlich
Asylmissbrauch, es komme nicht selten vor, dass Leute untertauchen. Bei der
gewünschten "Anwesenheitspflicht" in den Erstaufnahmezentren
gehe es um jene, die "unkooperativ sind". Kooperativ bedeutet für
den Vizekanzler beispielsweise, wenn sich Asylwerber ausweisen oder ihre
Gründe für die Einreise nennen. Unkooperativ seien etwa jene, die über Tage
hinweg weder ihren Namen noch ihre Nation preisgeben. Bis geklärt sei, ob es
sich wirklich um Schutzbedürftige handle, brauche es deshalb eine
Anwesenheitspflicht. Wie man sich die Unterscheidung zwischen kooperativen
und nicht kooperativen Asylwerbern nun genau vorstelle, beantworteten aber
weder Pröll noch Faymann.
Drittes Lager überhaupt nötig?
Faymann will nun klären,
ob überhaupt ein weiteres Erstaufnahmezentrum notwendig ist. Dabei könnte es
seiner Ansicht nach auch bis zu neun kleinere Zentren in den Bundesländern
geben.
Abermals machte der Bundeskanzler klar, dass das Ergebnis der Volksbefragung im Burgenland für ihn bindend sei. Pröll hingegen erklärte gleich von vornherein, dass er automatische Volksbefragungen zu möglichen anderen Standorten ablehne.
Heinisch-Hosek auf Faymanns Linie
SPÖ-Frauenministerin Gabriele
Heinisch-Hosek hatte davor schon gemeint, man müsse sich eine
Anwsenheitsregelung "verfassungsrechtlich ganz genau anschauen",
nicht einmal die Experten seien sich bei einer solchen Maßnahme einig. Am
Sonntag hatte sie noch erklärt, dass sich ihr bei der Idee der Magen
umdrehe. Nun gehe es aber darum, eine Lösung zu finden. Möglich sei alles,
was den Menschenrechten und der Verfassung entspricht.
SPÖ wird nicht zustimmen
SPÖ-Verteidigungsminister Norbert
Darabos, der in der SPÖ für Integration zuständig ist, stellte fest, dass
die Sozialdemokraten weiterhin gegen eine Internierung von Asylwerbern
seien. Mit der SPÖ werde es "kein Einsperren und keine Einengung
geben". Einen entsprechenden Vorschlag von ÖVP-Innenministerin Maria
Fekter werde man zwar prüfen, Zustimmung werde es aber keine geben.
Ein eigenes Ressort für Integration, eine Idee, die immer wieder in der SPÖ diskutiert worden ist, sei derzeit nicht aktuell, erklärte Darabos. Man habe jetzt eine Regierung, und es habe keinen Sinn, mitten in der Periode die Pferde neu zu satteln.
Aufteilung auf alle Bundesländer
Das Gespräch
mit Fekter am Montag zu einem dritten Erstaufnahmezentrum sei gut
verlaufen, meinte Darabos. Er zeigte sich auch zuversichtlich, eine
entsprechende Lösung zu finden. So hätten sich ja bereits einige Gemeinden
für ein solches Zentrum beworben und er werde sich nun ansehen, ob diese in
das Anforderungsprofil passen. Sollte dabei nichts herauskommen, kann sich
Darabos auch eine Aufteilung mehrerer Asylerstaufnahmezentren in allen
Bundesländern vorstellen.
Fekter hält eine Aufteilung auf alle Bundesländer für möglich, zeigte sich aber auch skeptisch. Man müsse dabei auch Nachteile, wie längere Transportwege, bedenken. Nach dem Gespräch mit Darabos hoffe sie nun auf eine "Abrüstung der Worte in den Parteizentralen".
Vorstoß von der Diakonie
Die Diakonie hatte in der Früh
gefordert, in
allen Bundesländern Flüchtlingsheime einzurichten - zum Einen, um
die Verweildauer der Asylsuchenden in den Lagern Traiskirchen und Thalham so
kurz wie möglich zu halten, zum Anderen, damit bundesweit eine gerechtere
Aufteilung gewährleistet ist.
Grüne für Lager pro Land
Die Grünen haben den Vorstoß
sofort unterstützt. Für Menschenrechtssprecherin Alev Korun liegt die Lösung "bei
einer raschen Erstabklärung in den bestehenden Aufnahmezentren und der
baldigen Verteilung der Asylsuchenden auf kleine Quartiere in allen neun
Bundesländern".