Mega-Finanz-Skandal

Salzburg: Sprengt ÖVP die Koalition?

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Für heute ist um 18:30 Uhr eine Präsidiumssitzung anberaumt. Wir werden LIVE berichten.

Eduard Paulus, Leiter der Salzburger Finanzabteilung, soll schon im Oktober 2008 erste Warnungen über seine Referatsleiterin erhalten haben: Damals soll ihn eine „hochrangige Delegation einer Regionalbank“ über die riskanten Swap-Geschäfte seiner Mitarbeiterin aufgeklärt haben. Allein bei „ihrem Institut ist dadurch ein Minus von 30 Mio. Euro entstanden“, argumentierten die Banker. Laut SN seien ­Sicherheiten verlangt worden. Paulus habe aber entrüstet abgelehnt.

Paulus in ÖSTERREICH: „Kein Banker hat bei mir vorgesprochen.“ Über seine (inzwischen gefeuerte) Mitarbeiterin sagt er: „Sie agierte mit hoher krimineller Energie, führte eiskalt alle an der Nase herum.“ Sowohl Paulus als auch SP-Finanzlandesrat David Brenner sind seit 19. Juli 2012 darüber informiert, dass Monika R. Börsenspekulationen mit 34 verschiedenen Banken durchführte. Damals wurde die Zockerin in die Personalabteilung vorgeladen: „Sie wurde ermahnt“, sagt Gerhard Loidl, der Personalchef.

Monika R.
© ÖSTERREICH/ Neumayr

(c) TZ ÖSTERREICH: Diese Beamten verzockte hunderte Millionen.

Monika R. wurde darauf von 19. Juli bis Mitte September beurlaubt. Gehandelt wurde aber erst jetzt, was Salzburg ins Chaos stürzt. Insgesamt hat Monika R. mit 1,8 Mrd. Euro spekuliert – es gilt die Unschuldsvermutung.

Steigt ÖVP aus Koalition aus – kommen Neuwahlen
In Salzburg könnte es Neuwahlen geben. Die ÖVP lässt offen, aus der Koalition mit Landeshauptfrau Gabi Burgstaller auszusteigen. Für heute 18:30 Uhr hat die ÖVP eine Präsidiums-Sitzung anberaumt. Wir werden ab 18 Uhr LIVE aus Salzburg berichten. Burgstaller selbst schließt ihren Rücktritt nicht aus.

Finanzreferent Brenner unter Druck
Ausgerechnet aus der SPÖ, das ist die Partei des angezählten Finanzreferenten LHStv. David Brenner, kam die klarste Ansage: "Wenn eine Regierung keine Budgetmehrheit hat, dann sind Neuwahlen die natürliche Konsequenz", so Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden. Es sei keine gute Nachricht für das Land, aber es scheine so, dass die Karten neu gemischt werden müssen. "Mann kann nicht ein paar Monate ins Land ziehen lassen, bis der Fall aufgearbeitet ist. Es ist ein politisch logischer Schritt, dass sich der Landtag auflöst", so Schaden, der seit der Aufarbeitung des Olympia-Skandals immer noch eine offene Rechnung mit der Landes-SPÖ hat.

Brenner hatte in der Sitzung heute ein Papier mit Vorschlägen zur Aufklärung und Aufarbeitung des Falles vorgelegt. Er möchte eine unabhängige Expertenkommission einsetzen, die dem geplanten Untersuchungs-Ausschuss des Landtages zuarbeiten soll. Diese Gruppe soll sämtliche Kontrollinstrumente überarbeiten, neue Richtlinien für das Finanzmanagement des Landes entwickeln, neue Vorschriften für Geschäftsabschlüsse (etwa Zeichnungsberechtigungen) festlegen, mögliche Auswirkungen der unerlaubten Geschäfte auf das Landesbudget 2013 analysieren und schließlich die Untersuchungen der externen Experten überwachen. Dem Gremium sollen unabhängige Wirtschaftsfachleute, Finanz-Forensiker, der Direktor des Landesrechnungshofes und Vertreter aller Landtags-Fraktionen angehören.

FPÖ gegen Neuwahlen
Die FPÖ lehnt sofortige Neuwahlen ab, so Parteichef Karl Schnell: "Natürlich muss es Konsequenzen geben. Auch in Form von Rücktritten, auch in Form von Neuwahlen. Aber zuerst müssen die Fakten auf den Tisch. Würde jetzt gewählt werden, wird wohl nicht mehr aufkommen, was tatsächlich passiert ist."

Grüne wollen Finanzressort unter Kuratel stellen
Die Salzburger Grünen haben am Montag beschlossen, am kommenden Mittwoch im Landtag einen dringlichen Antrag einbringen. "Das Finanzressort soll unter Kuratel gestellt und bis zum Ende der Krise vom Finanzausschuss des Landtags beaufsichtigt werden", so Landessprecherin Astrid Rössler. "Vorgezogene Neuwahlen lehnen wir in dieser Situation derzeit ab."

Landesbedienstete protestieren
Zum zweiten Mal in acht Tagen sind unterdessen am Montag Salzburgs Landes- und Spitalsbedienstete auf die Straße gegangen, um eine Gehaltserhöhung für 2012 zu fordern. Nach einer Kundgebung im Chiemseehof - dem Sitz der Landesregierung - baten Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S) und LHStv. Wilfried Haslauer (V) die Personalvertretung zu einem Gespräch. Die Wortmeldungen waren vom aktuellen Finanzskandal geprägt.

"Wir haben das hier nicht verbockt, sie haben unser Geld verzockt", meinte etwa ein Kundgebungsteilnehmer. "Wir stehen hier im größten Casino Österreichs, im Sumpf von Salzburg", meinte Bernd Gollackner (FCG), Vorsitzender-Stellvertreter des Zentralausschusses. Die Regierung habe sehr wohl von den Spekulationen gewusst, nun werde die Referatsleiterin, die am Finanzskandal schuld sein soll, als Bauernopfer und alleinige Verantwortliche hingestellt, hieß es sinngemäß in mehreren Wortmeldungen.

 

Burgstaller: "Neuwahlen wären das Schlechteste"

ÖSTERREICH: Gibt es in Salzburg Neuwahlen?
Gabi Burgstaller: Ich habe mit Wilfried Haslauer von der ÖVP geredet -er lässt sich alles offen. Neuwahlen wären das Schlechteste. Man könnte nichts aufklären, weil es keinen U-Ausschuss gäbe. Man könnte den Schaden nicht minimieren. Es wäre 14 Wochen Wahlkampf.
ÖSTERREICH: Wie lange wissen Sie von den Verlusten?
Burgstaller: Ich weiß seit 3. Dezember von dem Geständnis. Diese Spekulationen sind ja nicht -wie woanders -mit Zustimmung der Politik passiert.
ÖSTERREICH: Halten Sie zu Ihrem Vize David Brenner?
Burgstaller: Ja. Er weiß aber, dass er Konsequenzen ziehen muss, wenn die politische Verantwortung nicht wahrgenommen wurde.
ÖSTERREICH: Schließen Sie auch Ihren Rücktritt aus?
Burgstaller: Zuerst muss alles untersucht werden. Ausschließen kann ich zu diesem Zeitpunkt nichts. (gü)
 

Paulus: "Eiskalt und sicher kein Armutschkerl"

ÖSTERREICH: Warum haben Sie von den Millionenverlusten nie etwas bemerkt, haben Sie versagt?
Eduard Paulus: Gegen kriminelle Energie ist kein Kraut gewachsen. Sie hat Urkunden gefälscht, manipuliert. Sie hat alle Buchprüfungen überstanden, selbst die Experten haben nichts bemerkt. Intelligente Verbrecher finden immer eine Lücke. Diese Lücke gilt es zu stopfen.

ÖSTERREICH: Wissen Sie inzwischen, ob „nur“ 340 Millionen oder mehr Geld weg ist?
Paulus: Das wissen wir noch nicht, selbst die Zahl ist noch nicht fix. Die Verluste beziehen sich schließlich auf Geschäfte, die sie uns nie bekannt gegeben hat und sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Sie hat mit erstaunlicher Kaltblütigkeit ein Geständnis abgelegt, danach rauschte sie mit dem Auto weg. Erst dachten wir, sie könnte sich was antun, boten psychologische Hilfe an.

ÖSTERREICH: Will sie nun an der Aufklärung des Falles mitarbeiten?
Paulus: Sie ist nicht sehr kon-
struktiv, eigentlich hat sie uns an der Nase herumgeführt. Von einem hilflosen Armutschkerl kann da keine Rede sein.

ÖSTERREICH: Hat sie Geld im großen Stil für sich abgezweigt?
Paulus: Ich glaube nicht. Aber: Alles ist möglich, ich weiß es – ehrlich gesagt – nicht.

K. Wendl

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