Heiße Diskussionen

Sarrazin: Islam-Buch spaltet auch Österreich

13.09.2010

Jetzt streitet auch Österreich über die Hetzschrift gegen Moslems.

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© Reuters
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„Muslime sind dümmer, kriegen zu viele Kinder, arbeiten weniger als andere Zuwanderer und leben von deutscher Sozialhilfe wie Gott in Frankreich.“ Das sind die provokanten Kernthesen des deutschen Ex-Bundesbankers Thilo Sarrazin (65). Seit sich der umstrittene SPD-Politiker seine Zukunftsängste unter dem Buchtitel „Deutschland schafft sich ab“ von der ­Seele geschrieben hat, ist Deutschland gespalten – in Sarrazin-Anhänger und -Hasser. In Deutschland ist das Buch inzwischen 400.000-mal verkauft und wird bereits in der achten Auflage gedruckt – ein absoluter Megaseller.

Und spätestens mit dem Ausliefern der Zweitauflage des Bestsellers in Österreich – die Erstauflage war innerhalb weniger Stunden vergriffen – ist auch hierzulande die Diskussion über die provokanten Thesen des Ex-Bundesbankers voll entbrannt.

Heinz Fischer, Udo Jürgens gegen Sarrazin-Thesen
Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, bezeichnet das Buch als „rassistisches Werk“, untermauert mit „genetischen Argumenten“. Für Bundespräsident Heinz Fischer sei zwar klar, dass dieses Thema diskutiert werden müsse. Die Art von Sarrazin sei ihm jedoch „in höchstem Maße unangenehm und zuwider“. Für Schauspieler Werner Schneyder ist Sarrazin einer von vielen „Wirrköpfen“, die sich in das Migrantenproblem einmischen. Und auch Schlagersänger Udo Jürgens schaltete sich in die Diskussion: Bei seinem Österreich-Auftritt im Römersteinbruch St. Margarethen bezeichnete er Sarrazins Aussagen als „billigste Polemik, die wir aus der Nazizeit genug gehabt haben“.

Bis 2030 über 1 Mio. Moslems
Jeder 5. Wiener ist Zuwanderer. In manchen Bezirken ist jeder 3. kein Österreicher.

  • 10,7 % Ausländeranteil. In Österreich leben 895.000 Ausländer (10,7 % der Bevölkerung). Rund 1,5 Mio. Österreicher haben Migrationshintergrund, das sind 17,8 %. Davon gehören rund 1,1 Mio. der „ersten Generation“ an, die restlichen knapp 385.500 der „zweiten Generation“.
  • Über halbe Million Moslems. Laut Österreichischem Integrationsfonds (ÖIF) leben derzeit knapp 516.000 Muslime (6,2 %) im Land– gegenüber 2001 ein Plus von rund 170.000 Personen.
  • Bis 2030 über 1 Million Moslems. Die Zahl der Muslime wächst weiter: Bis 2030 werden hier laut Institut für Demokratie mehr als eine Million Moslems leben. 2051 werden es bereits 1,6 Millionen Menschen sein. Schon jetzt sind die Muslime die stärkste religiöse Gruppe nach den Katholiken.
  • Meiste Moslems in Wien. Jeder fünfte Wiener ist bereits ein Zuwanderer. Im 15. Wiener Bezirk ist jeder Dritte kein Österreicher mehr. Die meisten Türken leben in Dornbirn (5,5 %), gefolgt von Wien-Brigittenau (5,3 %) und Wien-­Rudolfsheim-Fünfhaus (5,6 %). Auch die meisten Ex-Jugoslawen leben hier (13,6 %), gefolgt von Wien-Ottakring (11,7 %) und Hernals (10,7 %).
  • Geburtenrate. Im Schnitt bekommen Österreicherinnen 1,27 Kinder, Frauen ausländischer Herkunft hingegen sind fruchtbarer: Sie bekommen 1,84 Kinder (Türkinnen: 2,41 Kinder, Frauen aus dem ehemaligen Jugoslawien: 1,87 Kinder).

Deutsche Bundesbank: Golden Handshake
Inzwischen musste der SPD-Politiker Sarrazin nach zähem Feilschen um seine Bezüge aus der Spitze der Deutschen Bundesbank ausscheiden. In den Rückzug willigte er allerdings erst nach einem äußerst ­lukrativen Angebot ein. Demnach kassiert Sarrazin nun 1.000 Euro mehr Pension, als ihm rein rechnerisch zugestanden wären – insgesamt kassiert der Neo-Bank-Rentner 10.000 Euro monatlich. Vermittelt wurde der „goldene Handschlag“ auf höchster Ebene –über das deutsche Bundespräsidialamt. Auch die SPD will Sarrazin ausschließen.

Autorin: M. Jelenko-Benedikt

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