Die Situation in der Schubhaft ist schlechter als in der Strafhaft.
Die Schubhaft-Situation in Österreich bleibt problematisch. Diesen Befund stellt der Menschenrechtsbeirat in seinem Jahresbericht, der am Mittwoch in einer Pressekonferenz präsentiert wurde. Wie der Vorsitzende des Beratungsgremiums der Innenministerin, Gerhart Wielinger, betonte, sei die Lage unverändert so, dass die Bedingungen in der Schubhaft schlechter seien als in der Strafhaft, vor allem, was die Beschäftigungsmöglichkeiten angehe.
"Fragwürdige Situation"
Georg Bürstmayr, Asylanwalt und Leiter der Beiratskommission Wien 1, sprach von einer "menschenrechtlich sehr fragwürdigen Situation". Die Schubhäftlinge säßen oft Wochen lang ohne sinnvolle Beschäftigung in ihren Zellen und gingen die Wände hoch.
Verbesserungen
Freilich konnte der Beirat auch Verbesserungen festmachen - und zwar bei den Familienabschiebungen. Seit der von Innenministerin Maria Fekter (V) verfügten geänderten Praxis in Folge des Falls Komani kommen Familien nicht mehr in echte Hafteinrichungen sondern in das frühere Kardinal-König-Haus, wo unter heftiger kirchlicher Kritik eine Umwidmung von Start-Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge in Schubhaft-Einrichtungen stattgefunden hat.
Situation für Familien
Zu diesen Begleitumständen wollte sich Bürstmayr nicht äußern. Aber diese Umgestaltung habe jedenfalls das Ergebnis gebracht, dass sich die Situation für Familien, die früher in echten Hafteinrichtungen gesessen wären, verbessert habe. In der Zinnergasse könne man sich auf den Stockwerken frei bewegen und es gebe Spielzimmer etc.
Allerdings steht die Einrichtung in der Zinnergasse meistens leer. Einfacher Grund: Abschiebungen länger in Österreich aufhältiger Familien habe es seit den Turbulenzen rund um die zuletzt zurückgenommene Ausweisung der kosovarischen Familie Komani nicht mehr gegeben, wie Wielinger betonte.
Lob für Exekutive
Insgesamt stellt der Menschenrechtsbeirat der Exekutive ein positives Zeugnis aus. Die Standards seien gut. Verbesserungsbedarf bleibe aber. Das gilt unter anderem für den Zustand von Gefangenenräumen. So seien etwa in Wiens größter Polizeiinspektion sechs von elf Zellen geschlossen, weil sie eine menschenrechtskonforme Unterbringung nicht möglich machten. Probleme gebe es in diversen Haftanstalten, und zwar mit unzumutbaren hygienischen Zuständen, Feuchtigkeitsbefall, herausragenden Rohren und ähnlichem. Auch die amtsärztliche Betreuung vor allem bei Hungerstreiks wird im Jahresbericht kritisiert.
Was die aktuellen Gesetzespläne der Regierung angeht, verlangt der Beirat bei einigen Punkten ein Umdenken. So bemängelte die stellvertretende Leiterin des Gremiums, Gabriele Kucsko-Stadlmayer, dass die geplante kostenlose Rechtsbetreuung im Asyl- bzw. Niederlassungsverfahren mit größerer Unabhängigkeit vom Innenministerium ausgestaltet werden müsse. Abgelehnt wird ferner, dass künftig ein gelinderes Mittel der Schubhaft nur vorzuziehen ist, wenn der Flüchtling bis 16 Jahre alt ist. Bisher war die Grenze 18.
Die Mitwirkungspflicht, die Asylwerber bis zu eine Woche mehr oder weniger ans Erstaufnahmezentrum bindet, stellt für Kucsko-Stadlmayer menschenrechtlich hingegen kein Problem dar. Denn es sei vom Innenministerium zugesichert, dass ein bloßes kurzes Verlassen des Flüchtlingslagers keinen neuen Schubhaftgrund darstelle.
Eine Forderung des Menschenrechtsbeirats bleibt noch: Abschiebungen nach Griechenland sollten nicht mehr durchgeführt werden, so lange die Zustände in den dortigen Flüchtlingseinrichtungen dies nicht zuließen. Das Innenministerium hat sich bisher solchen Wünschen - auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte - verweigert, tritt aber nach eigenen Angaben vermehrt in solche Verfahren ein, heißt, führt sie selbst durch statt dem laut "Dublin II"-Abkommen zuständigen Griechenland.