Im Interview
Schelling: "Nochmals 90.000 Flüchtlinge verkraften wir nicht"
15.10.2016In ÖSTERREICH fordert er eine Pensionsreform und warnt vor einer neuen Asylwelle.
Finanzminister Schelling setzt aufs Sparen. Bei der Sonderzahlung für Rentner ist er skeptisch: In ÖSTERREICH fordert er eine Pensionsreform und warnt vor einer neuen Asylwelle.
ÖSTERREICH: Kanzler Kern hat auf Ihre Budgetrede hart reagiert: weniger Worte, mehr Action. Was antworten Sie ihm?
HANS JÖRG SCHELLING: Ich bin für das Steuergeld der Österreicher verantwortlich. Ich muss auch aufzeigen, wo etwas falsch läuft. Es ist sehr erfreulich, wenn meine Appelle auf fruchtbaren Boden fallen und die SPÖ jetzt von Worten hin zu Taten schreiten will.
ÖSTERREICH: Ist dieser Krach nicht schon ein Zeichen, dass die Koalition zu Ende geht?
SCHELLING: Wir haben noch ein arbeitsreiches Programm vor uns.
ÖSTERREICH: Rechnen Sie mit baldigen Neuwahlen?
SCHELLING: Nein.
ÖSTERREICH: Sie fordern Sparmaßnahmen, etwa bei den Pensionen. Jetzt wird der Pensionszuschuss aber leicht sinken.
SCHELLING: Aber nur gegenüber der Planung. Tatsächlich haben wir eine Erwartung, dass die Ausgaben für die Pensionen bis 2020 um drei Milliarden steigen.
ÖSTERREICH: Sie wollen den Anstieg der Kosten um ein Drittel kürzen. Kleine Reformen oder einen großen Wurf?
SCHELLING: Ich persönlich bin für einen großen Wurf. Wir sollten das Thema ein für alle Mal positiv erledigen und nicht alle paar Jahre dieselbe Diskussion führen.
ÖSTERREICH: Sie wollen im Budget eine schwarze Null, also Überschüsse. Wann?
SCHELLING: Die großen Kosten für Sonderthemen wie Sicherheit und Integration werden noch einige Jahre laufen. Ich würde aber gerne 2020 oder 2021 die schwarze Null erreichen. Wenn es die Konjunktur zulässt, auch früher.
ÖSTERREICH: 2,055 Mrd. Euro kostet die Flüchtlingskrise heuer. Hat Sie das überrascht?
SCHELLING: Das beinhaltet alles, von der Grundversorgung bis zum Assistenzeinsatz des Heeres. Und es schaut auch danach aus, dass die Flüchtlinge nicht mehr in diesem hohen Ausmaß zu uns kommen. Dann wird sich das langsam abflachen – auch wenn die Kosten für Integration uns noch über Jahre hinaus beschäftigen werden.
ÖSTERREICH: 2015 kamen knapp 90.000 Asylwerber – halten wir ökonomisch gesehen nochmals eine solche Zahl aus?
SCHELLING: Österreich hat schon so viel bewältigt. Trotzdem: Nochmals eine so große Menge könnten wir nicht alleine verkraften. Dann würden wir die Hilfe der EU brauchen. Doch danach sieht es nicht aus.Günther Schröder