SPÖ und ÖVP
Schicksals-Jänner für die Koalition
04.01.2017Mitterlehner will statt neuer Köpfe jetzt mehr schwarze Forderungen durchsetzen.
Am Mittwoch dementierte Reinhold Mitterlehner persönlich einen Umbau seines Teams. „Wir – oder ich – planen keine Umstellungen.“ Alle Berichte darüber verwies der VP-Chef ins Reich der Fabel: „Irgendwer hat den Wettbewerb in Richtung der besten Ente schon jetzt angetreten.“
Abgeblasen. ÖSTERREICH wurde allerdings von zwei VP-Politikern versichert, dass sehr wohl etwas geplant war: So habe man in den Ländern vorgefühlt, ob drei Minister – Sophie Karmasin, Andrä Rupprechter und Wolfgang Brandstetter – abgelöst werden könnten. Als sich nur gegen Karmasins Aus kein Widerstand regte, sei die Sache wegen der schlechten Optik „tot gewesen“.
Marathon. Bei einem Sitzungsmarathon kommende Woche (s. r.) will die ÖVP jetzt festlegen, wie der Koalitionspakt „aktualisiert“ werden soll. Mitterlehner zu ÖSTERREICH: „Wir werden schauen, was haben wir schon geschafft, was haben wir noch zu tun, und was ist Unvorhergesehenes eingetreten – vor allem in Sachen Migration.“
In drei Bereichen will die ÖVP nachbessern – und alle sind gefährliches Terrain, wo es schnell wieder zum Streit und im Extremfall zur Neuwahl kommen könnte:
■ Sicherheit. Innenminister Sobotka fordert schärfere Gesetze gegen Terroristen (siehe Seite 8), die Asylobergrenze soll ins Gesetz. Außenminister Kurz will ein Burkaverbot und Ein-Euro-Jobs für Asylweber – die SPÖ tobt.
Flexiblere Arbeitszeiten ärgern die Gewerkschaft
■ Arbeit und Wirtschaft. Flexiblere Arbeitszeiten und Zurückdrängen der Überstundenzuschläge – das sind rote Tücher für die Gewerkschafter. Und Mitterlehner denkt auch an die Senkung von Unternehmenssteuern. Zudem wird Finanzminister Hans Jörg Schelling am 16. Jänner weitere Reformen fordern.
■ Nachhaltigkeit. Hier geht es um eine Klimastrategie.(gü)
SPÖ: Führt die Rede Kerns zur Neuwahl?
Am kommenden Mittwoch, 17.30 Uhr, Messezentrum Wels – die erste Großstadt mit einem FPÖ-Bürgermeister: Vor Hunderten Fans wird Christian Kern seine große Rede für einen New Deal für Österreich halten (siehe auch Insider auf Seite 8). Die Sache ist auch für die Koalition brandgefährlich: Die ÖVP hatte Kern sofort als Schuldenkanzler gebrandmarkt, als er im Sommer mehr öffentliche Ausgaben zur Ankurbelung der Wirtschaft gefordert hatte. Und Kern reizt die ÖVP gern mit seiner Forderung nach einer Wertschöpfungsabgabe vulgo Maschinensteuer.
Doch es brodelt auch in der SPÖ, will man doch endlich eine arbeitnehmerfreundlichere Politik. AK und Hans Niessl fordern eine neue Steuerreform – und sollte das nicht klappen, dann eben Neuwahlen. Diese fordert derzeit zwar nur Ex-Ländle-SPÖ-Chef Michael Ritsch. Doch auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der einen veritablen Parteizwist schlichten muss, soll ein Verfechter rascher Neuwahlen sein. Diese wären nicht zuletzt eine gute Methode, die Reihen der zerstrittenen Wiener Partei in einem Wahlkampf gegen die FPÖ um Platz eins wieder zu schließen.
Das ist der Polit-Jänner:
8.1.: ÖVP-Vorstand. Mitterlehner zieht die Sitzung auf Sonntag vor. Hier werden erste Inhalte des Koalitionsrelaunchs formuliert.
9.1.: VP-Parteileitung. „Django“ holt sich dann auch das O. k. der Parteileitung.
10.1.: VP-Regierungsteam. Die VP-Minister starten in Pöllauberg (Stmk.) ihre Beratungen – sie gehen nahtlos in die ÖVP-Klubklausur über.
11.1.: Kern-Rede. In Wels (OÖ) hält Kern seine große programmatische Rede.
11. + 12.1: VP-Klausur. Ebenfalls am 11. startet zweitägige Klausur des ÖVP-Parlamentsklubs.
16.1.: Schelling-Rede. ÖVP-Finanzminister Schelling hält am 16. Jänner seine große Reformrede.
21.1.: SP-Präsidium. Rote Bundesgremien beraten den Koalitionsrelaunch.
21. + 22.1.: Wiener SPÖ tagt. Bürgermeister Häupl hat Gremien einberufen, um die Wiener Stadtregierung umzubilden.
24.1.: Ministerrat. Der Relaunch wird von SPÖ und ÖVP fixiert, evtl. gibt es auch eine Regierungsklausur.