Fährt statt Kern nach Brüssel

Schieder wird neuer EU-Spitzenkandidat

07.10.2018

Spitzenkandidatur auf europäischer Ebene folgt auf Enttäuschungen in Kommunal- und Innenpolitik.

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© APA/HERBERT PFARRHOFER
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Andreas Schieders politisches Seuchenjahr findet doch noch einen versöhnlichen Abschluss. Nach dem Scheitern am Weg zum Wiener Bürgermeisteramt und der Demontage als Klubobmann darf der 49-jährige Wiener die österreichischen Sozialdemokraten von der Spitze weg in die kommende EU-Wahl führen. Für den passionierten Außenpolitiker bedeutet das ein echtes Trostpflaster. Nur einen Tag nach dem jüngsten Rückzug von Christian Kern hat die SPÖ ihre letzte wichtige Personalie geklärt. Schieder war erst vor kurzem von der neuen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner als Klubobmann abgesetzt worden.

Rendi-Wagner künftige Frontfrau der SPÖ

Diese Funktion wird die künftige Frontfrau der Roten selbst übernehmen und zwar ab Montag, wenn in einer Klubsitzung eine geheime Wahl dazu ansteht. Dabei soll dem Vernehmen nach auch geklärt werden, dass Ex-Infrastrukturminister Jörg Leichtfried im Klub aufgewertet wird und bei den Tagesgeschäften der Klubobfrau das eine oder andere abnehmen wird.

Am Sonntag trat Rendi-Wagner nach der Präsidiumsklausur am Wiener Kahlenberg in ihrer Funktion als geschäftsführende Parteivorsitzende auf und versicherte, dass man mit Schieder eine gute Wahl getroffen habe, sei dieser doch ein ausgewiesener Europaexperte und verfüge zudem sowohl über Regierungs- als auch über Parlamentserfahrung.

Schieder selbst wollte auf Fragen, ob es seine Arbeit nicht erschweren werde, dass er bloß Ersatzkandidat sei, nicht wirklich eingehen. Wahlkampf sei ohnehin immer schwer und man werde umso mehr die Frage des sozialen Zusammenhalts in den Vordergrund rücken müssen. Denn wer soziale Gerechtigkeit wolle, müsse kommendes Jahr SPÖ wählen.

Evelyn Regner als Listenzweite

 

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Dieser Fokus auf klassische rote Themen wird auch der am Kahlenberg festgelegten Listenzweiten nicht schwer fallen. Evelyn Regner ist nicht nur langjährige Europaparlamentarierin sondern auch Kandidatin der roten Gewerkschafter. Die übrigen Plätze werden erst am 18. Oktober vom Vorstand festgelegt, bis dahin sollten auch die Vorschläge aller Landesorganisationen fixiert sein. Endgültig abgesegnet wird die Liste dann am 24. und 25. November bei einem Bundesparteitag in Wels. Dort wird auch Rendi-Wagner zur Parteivorsitzenden gekürt und das neue Parteiprogramm beschlossen.

Schon davor will die SPÖ wieder verstärkt inhaltliche Pflöcke einschlagen. Als die drei Hauptthemen der kommenden Monate nannte Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda am Sonntag leistbares Wohnen, Pflege und eine Facharbeiteroffensive.

Nach Kerns Rückzug erstmal Ruhe eingekehrt

Wichtig war den Spitzen der Sozialdemokraten, dass die zermürbende Personaldiskussion nach dem Rückzug Kerns als Parteichef nun einmal abgeschlossen ist. Dass dieser auch nicht als Spitzenkandidat in die EU-Wahl zieht, wie er das ursprünglich angestrebt hatte, hat die neue Parteichefin übrigens endgültig erst Samstag früh um 8 Uhr und damit gerade einmal 4,5 Stunden vor der offiziellen Verkündung erfahren. Dass es dazu gekommen ist, bedauerte am Sonntag niemand. Kerns Entschluss sei sowohl für ihn als auch für die Partei das beste, meinte etwa Salzburgs Landesvorsitzender Walter Steidl.

Einer der Gründe für Kerns Rückzug war ja, dass in der Partei sein Wunsch, gemeinsam mit Liberalen und Grünen ein Pro-Europa-Bündnis zu formen, gescheitert war. Rendi-Wagner hielt dazu am Sonntag fest, dass die europäische Sozialdemokratie gemeinsam in die Europawahl gehe. Über allfällige Kooperationen könne man nach dem Wahltag sprechen.

Schieders Kür die richtige Entscheidung

Grundsätzlich betonte Rendi-Wagner, sich nicht allzu lange mit Rückschauen aufzuhalten. Die am Vortag geäußerte Kritik Kerns an Intrigen innerhalb der Partei teilte sie nicht. Viel lieber verwies sie darauf, wie herzlich sie bei ersten Begegnungen mit Landesorganisationen wie der steirischen und der Wiener aufgenommen worden sei. Letztere dürfte mit Schieders Kür auch endgültig befriedet sein. Die Steirer wiederum freuen sich darüber, dass ihnen ein fixer EU-Listenplatz in Aussicht gestellt wurde. Auch die oberösterreichische und die niederösterreichische SPÖ werden mit ihren Kandidaten Hannes Heide und Günther Sidl wohl nicht leer ausgehen.

Zu vergeben sein werden in Kürze auch zwei Nationalratsmandate, nämlich jene Kerns und Schieders. Geht alles nach Plan, könnten auf diesem Weg die frühere JG-Chefin Katharina Kucharowits und Finanzreferent Christoph Matznetter ins Hohe Haus zurückkehren .
 

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