Wehrpflicht
Schlammschlacht um das Bundesheer
31.08.2012Thema spaltet das Land, eine knappe Mehrheit tritt derzeit für ein Profi-Heer ein.
Die aktuelle Gallup-Umfrage für ÖSTERREICH zeigt: Die Frage, soll die Wehrpflicht bleiben oder nicht, spaltet Land.
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■ Knappes Ja
Das Ergebnis der Volksbefragung ist derzeitig nicht vorherzusagen: (Hochgerechnete) 51 Prozent sind für den Plan von Verteidigungsminister Norbert Darabos, ein Profi-Heer einzuführen, 49 % dagegen. Die Befragung wird zum Thriller: Männer sind für die Beibehaltung der Wehrpflicht (56:44 %), Frauen für das neue Freiwilligen-Heer (43:57 % für das Berufsheer). In Wien gibt es eine Mehrheit für das Berufsheer (53:47 %), in Niederösterreich eine knappe Mehrheit für die Wehrpflicht (51:49 %).
■ 4,7 Millionen gehen hin
75 % wollen zur Befragung gehen – umgerechnet auf 6,3 Millionen Wahlberechtigte wären das 4,7 Millionen.
■ Katastrophenschutz klappt
Die ÖVP wettert, dass nicht nur der Katastrophenschutz gefährdet sei – sondern auch der Zivildienst. Die Österreicher sehen das gelassener: 50 % glauben, dass auch ein Berufsheer anstehende Katastrophen bewältigen kann – 42 % folgen der ÖVP-Argumentation.
In der Koalition wird der Ton in Sachen Berufsheer indes zusehends rauer: Im Duell zwischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos fliegen die Fetzen. Mikl wirft ihrem Regierungskollegen vor, die Gesundheit der Bevölkerung mit seinem Modell zu gefährden: „Kommt die Rettung in zehn Minuten – oder halt erst in 30 Minuten? Da geht es um Menschenleben.“ Und Darabos prangert wieder „ÖVP-Untergriffe“ an.
Befragung am 13. Jänner, Berufsheer startet 2014
Schon kristallisiert sich ein Termin für die Befragung heraus: Darabos sprach sich für den 13. Jänner 2013 aus, kann sich aber auch den 20. Jänner vorstellen. Wenn die Volksbefragung positiv ausfällt, könne das Profi-Heer schon im Jahr 2014 starten, so der SPÖ-Minister.
Innenministerin: "Da geht es um Menschenleben"
ÖSTERREICH: Sie müssen mit Darabos die Fragen für die Volksbefragung festlegen. Ein Riesenstreit?
Johanna Mikl-Leitner: Nein, ich glaube, dass wir uns bis Mitte September einigen. Ich bin für eine einfache Frage, die für jeden zu verstehen ist. Sollen der Wehrdienst und der Zivildienst erhalten bleiben – ja oder nein?
ÖSTERREICH: In Ihrer Fragestellung soll auch der Zivildienst vorkommen?
Mikl-Leitner: Es soll den Leuten klar sein, worum es geht. Nämlich auch um den Erhalt der sozialen Dienste – angefangen von der Rettung, Krankenpflege bis hin zur Behindertenbetreuung. Es geht um die Frage: Kommt die Rettung in zehn Minuten – oder halt erst in 30 Minuten? Da geht es um Menschenleben.
ÖSTERREICH: Jetzt sagt aber Darabos, der Zivildienst ist durch ein Freiwilligenmodell zu ersetzen.
Mikl-Leitner: Ich glaube das nicht. Sehen Sie sich doch Länder an, die die Wehrpflicht abgeschafft haben: Dort werden bei Weitem nicht ausreichend Freiwillige gefunden – das ganze Ehrenamt ist doch in Gefahr.
ÖSTERREICH: Wie hält die Koalition den Streit aus?
Mikl-Leitner: So professionell sind wir schon: Auf der einen Seite führen wir die sachliche Auseinandersetzung – auf der anderen Seite arbeiten wir gut zusammen.
ÖSTERREICH: Ihr Kollege Schützenhöfer will auch Frauen zum Dienst verpflichten. Und Sie?
Mikl-Leitner: Das ist eine Einzelmeinung, die ich nicht teile und die keine Rolle bei der Volksbefragung spielt.
Verteidigungsminsister: "Erstaunt über VP-Untergriffe"
ÖSTERREICH: Erwarten Sie einen Streit über die Fragen der Volksbefragung?
Norbert Darabos: Ich will mich mit Ministerin Mikl-Leitner rasch einigen, wenn möglich noch in der kommenden Woche.
ÖSTERREICH: Die ÖVP will fragen, ob Wehr- und Zivildienst bleiben. Sie würden lieber 2 Modelle vorlegen?
Darabos: Genau. Es geht ja um die Alternative zur Wehrpflicht, also um die von mir geforderte Profi-Armee. Das sollte auf jeden Fall enthalten sein.
ÖSTERREICH: Wann soll die Volksbefragung konkret stattfinden?
Darabos: Ich würde meinen, der 13. Jänner wäre ein guter Termin, aber es ist auch der 20. möglich.
ÖSTERREICH: Droht bis dahin nicht eine Schlammschlacht? Ministerin Mikl-Leitner sagt, es gehe um Menschenleben.
Darabos: Ich bin schon überrascht über diese Untergriffigkeit. Es ist völliger Unsinn, dass dann die Rettung länger brauchen würde. Wir haben einen Ersatz für den Zivildienst vorgesehen. Ich sehe das als verzweifelten Versuch jener, die diese Reform verhindern wollen. Ich hoffe auf Sachlichkeit und nicht auf eine Horrorszenario-Kampagne, so wie es in den ersten Tagen leider gewirkt hat.
ÖSTERREICH: Sie garantieren: Rettung und Katastrophenschutz sind gesichert?
Darabos: Natürlich.
ÖSTERREICH: Treten Sie zurück, wenn Sie die Befragung verlieren?
Darabos: Ich werde niemanden den Gefallen machen, die Volksbefragung zu einer über meine Person zu machen. Ich werde es nach der Volksbefragung bekannt geben.
Interviews: G. Schröder