Gesundheitsreform
Bund und Länder streiten über Spitäler
09.06.2010
Dass die Regierung über die Zusammenlegung sprich Schließung von Spitälern nachdenkt, bringt die Landeshauptleute auf die Barrikaden.
Der steirische SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves zeigt sich empört über Pläne der SPÖ-Regierungsmannschaft, kleinere Spitäler zu sperren oder in Pflegeheime umzuwandeln. Vor Beginn des SPÖ-Bundespräsidiums sprach er Mittwochvormittag von einem "Bärendienst aus Wien" vor den Landtagswahlen. Ob das eine bewusste Aktion gegen ihn gewesen sei, wolle er nun in der Sitzung erfahren, so der Landeshauptmann.
Argument der Standortgarantie
Voves betonte, dass es für
die steirischen Krankenhäuser eine Standortgarantie gebe: "An der wird sich
nichts ändern." Reformen unternehme man ohnehin selbst, indem es
Spezialisierungen in den einzelnen Spitälern gebe.
"Kurze Wege für ein langes Leben"
Auch der
burgenländische SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl erkennt keinen Sinn daran,
Spitäler zu schließen, wenn sie weniger als 300 Betten haben, wie das
gestern in Folge eines Rechnungshof-Berichts ventiliert worden war: "Es
braucht kurze Wege für ein langes Leben." Wenn ein kleines Spital wie jenes
in Kittsee schwarze Zahlen schreibe und beste Qualität biete, sehe er keinen
Grund, es zuzusperren. Zudem gebe es auch im Burgenland eine
Standortgarantie.
Selbst reformiert
Kein Problem mit Zusammenlegungen hat hingegen
Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl, immerhin habe sein Bundesland als
einziges bereits entsprechende Projekte in den vergangenen Jahren
durchgeführt. Und es werde auch in Zukunft solche Zusammenlegungen geben,
wenn diese Sinn hätten. Das werde von Fall zu Fall entschieden. Welche
Spitäler betroffen sein könnten, wollte das Stadtoberhaupt nicht sagen.
Faymann für Beruhigung
SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann
zeigte sich bemüht, in der Diskussion zu kalmieren. Von Zusperren könne
keine Rede sein. Er habe schon gestern betont, dass es nicht darum gehe,
Spitäler ersatzlos zu streichen. Vielmehr könnten daraus nach einer
örtlichen Bedarfsprüfung Pflegeheime entstehen, gebe es doch einen immer
größeren Bedarf nach entsprechenden Einrichtungen.
Schieder will Bedarf klären
SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas
Schieder, der die ganze Debatte losgetreten hatte, sah sich missverstanden.
Schieder hatte zum Thema Verwaltungsreform unter anderem gemeint: "Das heißt
auch, dass man kleine Spitäler schließen muss." Das wollte er heute nicht
mehr in den Vordergrund stellen. Es gehe nicht ums Sperren sondern um eine
kritische Bedarfsprüfung. Bevor nicht im niedergelassenen Bereich ein
entsprechendes Alternativ-Angebot entstanden sei, könne man ohnehin keine
Schließungen vornehmen.
Stöger teilt Partei-Meinung
Unterstützung erfuhren Faymann
und Schieder von SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger. Dieser schloss
Zusammenlegungen nicht aus, wenn man dafür eine bessere Qualität in den
Spitälern sowie Raum für Pflegeeinrichtungen schaffen könne. Die
Überlegungen, was zu tun sei, müssten aber jedenfalls vor Ort stattfinden.
Bund will mit Ländern reden
Dass sämtliche 81 Spitäler mit
weniger als 300 Betten zugesperrt werden könnten, schließt sowohl Schieder
als auch ÖVP-Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka aus. Allerdings
will die Regierung nun mit den Ländern über Strukturreformen reden. Der
Expertenbericht habe gezeigt, dass durch Krankenhaus-Kooperationen
Effizienzsteigerungen im dreistelligen Millionenbereich möglich seien. "Da
dürfen Landesgrenzen keine Rolle spielen", so Lopatka.
Der Expertenbericht über das Gesundheits-und Pflegesystem konstatiert eine Überversorgung mit teuren Akutbetten. Hier liegen Österreichs Spitäler um 70 % über dem EU-Schnitt, was Mehrkosten von 2,9 Mrd. Euro verursacht. Dieses Geld sollte nach Ansicht der Experten in die günstigere Versorgung der Bevölkerung durch niedergelassene Ärzte und in die Schaffung von Pflegeplätzen umgeschichtet werden. Außerdem kritisieren die Experten die ineffiziente kleinteilige Spitalsstruktur: 81 von 130 öffentlichen Spitälern haben weniger als 300 Betten, was gegenüber größeren Häusern zu Kostennachteilen führt. |