Zieleinlauf

Schmied gegen Verländern von Schulsachen

12.08.2009

Die Eckpunkte der geplanten Reform der Schulverwaltung stehen: Das Schulwesen wird Bundessache.

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© Lisi Niesner/TZ ÖSTERREICH
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SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied spricht sich im Zuge der geplanten Reform der Schulverwaltung gegen eine Verländerung des Schulwesens aus. Der Vorschlag etwa, dass alle Pädagogen Landeslehrer werden sollen, ist für Schmied "unvorstellbar": "In Zeiten der Europäischen Union und der Globalisierung können wir nicht dienstrechtliche Landesgrenzen errichten." Gleichzeitig betont sie, "keinen Dirigismus vom Minoritenplatz" zu wollen, wichtig sei ihr, die Verantwortung der Schulstandorte zu stärken.

Bundesposition steht
Für ihre Reformpläne im Bereich der Schulverwaltung kann sich Schmied nun auf eine einheitliche Bundesposition stützen, ein entsprechendes Papier wurde den Parlamentsparteien bereits übermittelt. Es soll in der ersten Sitzung des für die Verwaltungsreform eingesetzten Unterausschusses des Verfassungsausschusses Ende August erstmals diskutiert werden.

Schulwesen wird Bundessache
Vorgesehen ist eine Verwaltung auf zentraler Ebene, wobei das Schulwesen Bundessache (derzeit geteilte Kompetenzen zwischen Bund und Ländern) wird und Bildungsdirektionen die bisherigen Landesschulräte ablösen sollen. Ein einheitliches Bundesdienstrecht für Lehrer (derzeit Dienstrechte für Bundes- und Landeslehrer) mit höheren Einstiegsgehältern, flacherer Gehaltskurve und einer höheren Lehrverpflichtung sowie eine neue Lehrerausbildung mit Eignungstests, Auswahlverfahren und eine verpflichtende Weiterbildung für alle Lehrer in der unterrichtsfreien Zeit sind weitere Eckpunkte der Reform.

Mehr Verantwortung für Direktoren
Hauptanliegen Schmieds ist aber nicht so sehr die Schulverwaltung selbst, sondern die Stärkung der Verantwortung der einzelnen Schulstandorte. "Wie können wir den Paradigmenwechsel von der Verordnungs- und Erlasskultur zu einer Verantwortungskultur schaffen", ist für sie die Schlüsselfrage. Dazu sollen für Direktoren, die nur mehr befristet auf fünf Jahre bestellt werden, Qualifikationsmöglichkeiten geschaffen werden, etwa Master-Studien für Schulmanagement. Weil die Schulchefs für die Qualität ihrer Schule verantwortlich sein sollen (Stichwort: Bildungsstandards), würden sie auch die Personalverantwortung benötigen - sie sollen sich ihre Lehrer selbst aussuchen können. "Der Direktor wird erst sagen 'meine Lehrer' und damit Verantwortung für sie übernehmen, wenn er auch mitentscheidet, wer mit im Team ist", so Schmied.

Landeslehrer als Blackbox
Die Ministerin spricht sich weiters für ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für alle Lehrer aus. Bei den Bundeslehrern (AHS, HTL, etc.) würde derzeit bereits wie in einem Unternehmen über ein SAP-System abgerechnet, man könne kontrollieren, welcher Lehrer wo im Einsatz sei, mit welcher Lehrverpflichtung und Fächerverteilung. Die Landeslehrer würden dagegen im Budget des Unterrichtsministeriums unter Sachaufwand verbucht, das Geld an die Bundesländer überwiesen. Das sei "eine Blackbox für den, der zahlt", also den Bund. Als Betriebswirtin sagt Schmied: "Das geht so nicht", Aufgaben- und Ausgabenverantwortung müssten zusammenfallen.

Aus für Bezirksschulräte
Bei der Schulverwaltung genügen Schmied drei Ebenen: Bund, Land oder Region und der Schulstandort. Der Bund soll für Gesetzgebung, Vollzug und Qualitätssicherung zuständig sein. Die Schulen würden auf Landesebene eine Organisation benötigen, weil es nicht sinnvoll sei, dass jeder Direktor etwa eine eigene Personalabteilung aufbaue. Dafür sollen Bildungsdirektionen die derzeitigen Landesschulräte ersetzen. Bezirksschulräte würde man in diesem Modell ebenso nicht mehr benötigen wie die in manchen Bundesländern existierenden Parallelstrukturen mit Landesschulrat und Ämtern der Landesregierung für Bundes- und Landesschulen.

Keine großartigen Einsparungen
Die Reform dieser Verwaltungsstrukturen will Schmied aber "nicht unter dem Aspekt der Einsparung sehen". Es gehe vielmehr darum, die dadurch freiwerdenden Ressourcen den Schulen zur Verfügung zu stellen. So könnten etwa Direktoren im Pflichtschulbereich, die derzeit keine Sekretärin haben, administrative Kräfte zur Unterstützung erhalten. Ein hohes Einsparungspotenzial durch die Reform der Schulverwaltung erwartet Schmied ohnedies nicht. "Da schwirren Milliarden-Beträge herum, die ich nicht nachvollziehen kann." So werde etwa die geplante Abschaffung der Bezirksschulräte "monetär nicht sehr viel bringen", der Rechnungshof habe das mit fünf Mio. Euro beziffert. Der "größte Gestaltungsspielraum" ergebe sich natürlich durch ein neues Dienst- und Besoldungsrecht, in einer Neuregelung der Arbeitszeit.

Weniger Politik in der Bildung
Dass mit den Bildungsdirektionen auch die Kollegien der Landesschulräte und damit demokratisch legitimierte Gremien abgeschafft würden, wie Kritiker einwenden, stört Schmied nicht: Ihr ist ohnedies "zu viel Politik im Bildungssystem", "ein bisschen weniger Parteipolitik tut der Schule gut". Sinnvoll wäre es aber, Beiräte einzubinden, "in denen aber wirklich die Gesellschaft abgebildet ist". Die Bildungsdirektionen würde Schmied am liebsten als Bundesbehörde sehen (so wie es derzeit die Landesschulräte auch sind), es gebe aber auch andere Varianten, die man besprechen müsse.

Schritt für Schritt
Die Reform der Schulverwaltung kann sich Schmied auch "in Portionen" vorstellen: "Wir warten nicht auf den Big Bang, genauso wie es nicht DIE Schulreform gibt, sondern ganz viele Akupunkturpunkte, wo man gleichzeitig arbeiten muss, um das in Schwung zu bringen." So kann sich Schmied vorstellen, bei der Stärkung der Verantwortung an den Schulstandorten "sehr rasch gemeinsame Sichtweisen zu finden".

Reden mit Ländern und Gewerkschaft
Verbunden damit sei aber auch das neue Dienstrecht, etwa wegen der Befristung der Direktorenstellen. Dessen Inkrafttreten wurde von der Regierung "zugegebenermaßen optimistisch" - so Schmied - mit September 2010 fixiert. Ob das gelingt, werde stark von den Verhandlungen mit den Sozialpartnern - sprich der Lehrergewerkschaft - abhängen. Für die neue Lehrerausbildung wurde von Unterrichts- und Wissenschaftsministerium eine Expertengruppe eingesetzt, die bis Jahresende Vorschläge vorlegen soll, umgestellt werden soll bis zum Ende der Legislaturperiode. Für die anderen geplanten Maßnahmen will sich die Ministerin auf keine Zeitpläne festlegen, viel wird dabei von den Verhandlungen mit den Ländern abhängen, die von den Finanzstaatssekretären Reinhold Lopatka (ÖVP) und Andreas Schieder (SPÖ) geführt werden.

Opposition fordert Taten
Unterstützung für die Pläne der Regierung kommt von Grünen und BZÖ. Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser findet die Vorschläge von Schmied "prinzipiell begrüßenswert", sie gingen in die richtige Richtung. Jetzt gehe es darum, sie umzusetzen. Die Forderung von BZÖ-Bildungssprecherin Ursula Haubner nach Abschaffung der Doppelgleisigkeiten im Schulsystem und eine damit verbundene Verwaltungsvereinfachung deckt sich mit der Bundesposition zur Schulverwaltungs-Reform.

Für Walser ist "eine umfassende Reform ein Eckpfeiler für die Verbesserung des Bildungsbereichs". Wirklich umsetzbar sei die Verwaltungsreform aber erst, wenn Einigkeit über das künftige Schulsystem vorhanden sei.

Haubner nannte als Ziel jeder Schulreform, "dass das Geld bei den Schülern und Lehrern direkt ankommt und nicht in der Verwaltung versandet". Es müsse eine Zusammenlegung der Kompetenzen geben, mit einem einheitlichen und flexiblen Lehrerdienstrecht. Daher sei es notwendig, die Schulverwaltung inklusive der gesamten Finanzierung ganz in eine Hand zu geben und die Schulautonomie noch mehr zu stärken.

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