Schulen im Check
Schmied vergibt Gütesiegel für Schulen
11.07.2009
Jahrzehntelang war es ein Tabu – doch jetzt ist es Realität: Claudia Schmied unterzieht Österreichs Schulen einem strengen Qualitäts-Check. Die besten bekommen ein Gütesiegel.
Claudia Schmied ist einfach kein Thema zu heikel. Um ihre Mission von einem modernen, effizienten Schulsystem zu verwirklichen, wartet die Unterrichtsministerin zum Schulschluss mit einer neuen Maßnahme auf: Nach den Sommerferien wird es österreichweit 200 Schulen geben, die die Tagesbetreuung Neu anbieten. Um den Schülern eine innovative Form der Ganztagsschule zu bieten, unterzieht sie diese Schulen auch gleich einem Qualitäts-Check.
81 Schulen mit Gütesiegel
Der Test des Ministeriums
funktioniert wie in der Schule: Wer besteht bekommt ein Gütesiegel. Die
anderen müssen sich verbessern. „200 Schulen haben sich angemeldet und nur
81 haben das Gütesiegel bekommen“, so Schmied zu ÖSTERREICH.
Für das „Sehr gut“ erhalten die Top-Schulen eine Belohnung: Ihr Budget für die Tagesbetreuung wird verdoppelt. Das soll den Ehrgeiz der anderen Direktoren anheizen. Erklärtes Ziel: 2013 bereits 1.000 Schulen mit Gütesiegel zu haben.
Claudia Schmied im Österreich-Interview
ÖSTERREICH: Frau
Minister Schmied, welche Kriterien mussten die 81 Schulen erfüllen, um das
Qualitätssiegel vom Ministerium zu bekommen?
Claudia Schmied:
Insgesamt haben sich 200 Schulen beworben, aber nur 81 konnten den
Qualitäts-Check bestehen. Das zeigt, wie hoch die Anforderungen sind. Die
Schulen mussten ihre Pläne für das ganztägige Schulangebot darlegen. Wie
schaut die Mittagsverpflegung der Kinder aus? Wie sind die Förderprogramme
gestaltet? Welche Freizeitaktivitäten von Kultur bis Sport werden
angeboten? Auch die Abfolge des Lern- und Förderunterrichts wurde von einem
Team des Ministeriums geprüft. Und nur wo es erstklassige Qualität gab,
konnte das Siegel vergeben werden.
ÖSTERREICH: Als Anreiz das Ganztagsmodell anzubieten, gab es für die Schulen
eine Verdoppelung des Budgets...
SCHMIED: Das ist richtig. Ich möchte
eine angebotsorientierte Bildungspolitik vertreten. Das heißt, ich will den
Bedürfnissen der Eltern gerecht werden. Noch in dieser Legislaturperiode
möchte ich diese modernen Ganztagsangebote auf 800 bis 1.000 Standorte
ausweiten. Das wäre ein Fünftel der Pflichtschulen mit Qualitätssiegel und
ein großer Schritt.
ÖSTERREICH: Ist das Ziel der Ganztagsschule, dass die Kinder nach 17 Uhr
Zeit für Freunde und Familie haben?
Schmied: Auf jeden Fall. Denn
in diesen Schulen soll auch die Förderung der Kinder und das gemeinsame
Lernen gelingen. Ich erwarte mir durch dieses Modell einen starken Rückgang
der Nachhilfe. Das wäre eine echte finanzielle Entlastung für die Eltern. In
Zukunft soll alles, was die Schule betrifft, auch in der Schule gut
bewältigt werden.
"Das Gütesiegel soll die Schulen ehrgeizig machen"
ÖSTERREICH: Kann das Gütesiegel einer Schule auch wieder entzogen werden?
Schmied:
Ja, die Schulen bekommen das Gütesiegel für zwei Jahre. Dann werden sie
wieder einem Qualitätscheck unterzogen.
ÖSTERREICH: Schafft man durch dieses System nicht eine
Zwei-Klassen-Gesellschaft im Bildungssystem?
Schmied: Nein. Ich glaube
viel mehr, dass es zu einer Wettbewerbssituation mit einem Schneeballeffekt
kommen wird. Ich mache mir keine Sorgen, dass nicht auch die anderen Schulen
ehrgeizig werden.
ÖSTERREICH: Wenn Sie das Budget dieser Schulen verdoppeln und die Lehrer
auch am Nachmittag die Kinder betreuen, wird das sehr kostspielig. Woher
nehmen Sie die finanziellen Mitteln?
Schmied: Wenn wir den aktuellen
OECD-Bericht anschauen, dann gibt Österreich im internationalen Vergleich
viel Geld pro Schüler aus, nur die Leistungen sind mittelmäßig. Das heißt,
wir müssen mit dem Schulinvestitionsprogramm die Infrastruktur verbessern
und beim neuen Dienst- und Besoldungsrecht auch zu einer neuen Gestaltung
der Lehrerarbeitszeit kommen.
ÖSTERREICH: Sind neue Verträge nicht eine Mission Impossible?
Schmied:
Nein. Die aufrechten Verträge möchte ich auch nicht verändern, sondern die
Junglehrer sollen die neuen All-In-Verträge bekommen.