Erster Zank
Schmieds Schul-Plan spaltet die Koalition
01.03.2009
Die Regierungskoalition steht vor ihrer ersten Zerreißprobe: Der Plan, die Unterrichtszeit der Lehrer zu erhöhen, spaltet die Koalition.
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Bisher war es so schön kuschelig in der Großen Koalition. Doch der Plan von SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied, die Lehrverpflichtung der Lehrer um zwei Stunden pro Woche zu erhöhen, beschert der Regierung eine erste ernste Bewährungsprobe. Denn: Die Lehrer-Gewerkschaft ist fuchsteufelswild. Streiks und Demonstrationen stehen im Raum. ÖVP-Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer und Bildungssprecher Werner Amon kritisieren Schmieds Plan besonders scharf. Im Ministerrat und im Parlament werde es keine Zustimmung geben, behaupten die lang gedienten Abgeordneten.
ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll kritisierte die Vorgehensweise von Schmied, aber inhaltlich ablehnend äußerte er sich bisher nicht. Hintergrund: Er zieht sich auf den Standpunkt zurück, dass jedes Ressort für seine Schwerpunktsetzungen selbst verantwortlich sei.
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Vorgangsweise schriftlich festgehalten
Dass das
Unterrichtsministerium mehr Budget als andere Ressorts zugesprochen bekommen
habe, wurde von Pröll an die Bedingung geknüpft, Strukturmaßnahmen
durchzuführen. In einem Gesprächs-Protokoll sei das auch schwarz auf weiß
nachzulesen, heißt es nun von SPÖ-Seite. Auch der konkrete Schritt, dass die
Lehrer zu mehr Unterricht ohne Lohnausgleich verpflichtet werden sollen, sei
vereinbart worden. Sogar zwischen Pröll und Kanzler Werner Faymann soll
diese Vorgangsweise abgesprochen worden sein. Pröll nimmt dazu öffentlich
derzeit nicht Stellung: Schließlich sitzt ihm Beamtengewerkschafter
Neugebauer im Nacken. Zudem sind die Lehrer eine wichtige ÖVP-Klientel.
Kanzler Faymann hat sich hingegen offen hinter seine Bildungsministerin
gestellt.
SPÖ-Kritik
Abgesehen von den sehr erbosten Gewerkschaftern
kommt indessen auch Kritik von der Schmieds Parteikollegen. Der Vorstoß
komme „zur falschen Zeit“, so Salzburgs Landeschefin Gabi Burgstaller, die
am kommenden Sonntag Wahlen zu schlagen hat.
ÖVP gespalten
Oberösterreichs VP-Landeshauptmann Josef
Pühringer – selbst ausgebildeter Lehrer – bezeichnet die geplante Ausweitung
der Unterrichtsverpflichtung als „unmöglich“.
Aber es formieren sich auf ÖVP-Seite auch Unterstützer. Der Chef der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, ist auf Schmieds Seite und findet ihren Plan „couragiert und mutig“. Auch Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl unterstützt die Reform.
Busek für Schmied-Vorschlag
Für den früheren
ÖVP-Bildungsminister Erhard Busek ist die Diskussion ein Déjà-vu: Er wollte
in seiner Amtszeit die Unterrichtsstunden von 50 auf 45 Minuten reduzieren
und ist damals an der mächtigen Lehrergewerkschaft, in Person von Urgestein
Fritz Neugebauer, kläglich gescheitert. „Ich halte Schmieds Vorstoß für
notwendig“, so Busek gegenüber ÖSTERREICH. Er glaubt auch nicht, dass die
Lehrer sich weniger aufregen würden, wenn man vorher mit ihnen gesprochen
hätte. Statt „gewerkschaftliche Stellungnahmen“ abzugeben, sollten sich die
Pädagogen überlegen, ob sie angesichts der Krise nicht auch einen Beitrag
leisten müssten. Denn: „Wir müssen letztendlich doch alle mehr arbeiten.“
Rote Parteikollegen wie der oberösterreichische Landeschef Erich Haider und der steirische Landeshauptmann Franz Voves gehen derzeit noch auf Tauchstation. Die steirische Bildungslandesrätin Bettina Vollath äußerte sich nur vorsichtig positiv.
Brief an Lehrer
Die Ministerin bleibt angesichts der Aufregung
und Empörung cool. Sie beharrt auf ihrem Vorhaben (siehe Interview). Um die
Aufregung in den Schulen zu beruhigen, hat sie sich per Brief an Lehrer,
Schüler und Eltern gewandt: Darin wirbt sie noch einmal für einen
„Solidarbeitrag der Lehrer“. Bereits im April soll die neue Regelung
beschlossen werden.