Wegen Schmiergeld

Aus für die Eurofighter?

14.11.2012


Knalleffekt: Laut deutscher Justiz ist definitiv Schmiergeld geflossen.

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Für die Grünen ist die Causa Eurofighter schon vor Abschluss des juristischen Verfahrens geklärt. Der Abgeordnete Peter Pilz, der den Eurofighter-Untersuchungsausschuss im Jahr 2007 geleitet hat, sieht den Fluss von Schmiergeldzahlungen bereits als erwiesen an. Damit könnten die Eurofighter zurückgegeben werden. Im Kaufvertrag ist nämlich eine Art „Bestechungs-Paragraf“ drinnen. Soll heißen: Wenn es Korruption beim Jet-Deal gegeben habe, kann die Republik die Kampfjets einfach zurückschicken. Das ist es auch, was Pilz von Verteidigungsminister Norbert Darabos jetzt fordert. Einzige noch offene Frage sei es, wer die Empfänger des Geldes waren, sagte Pilz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, der sogar ein Vertreter der deutschen Botschaft lauschte.

"Besondere Bestechungs-Gründlichkeit der Deutschen"
Was dieser dabei zu hören bekam, wird ihm möglicherweise nicht so gut gefallen haben. Pilz macht nämlich die EADS Deutschland als zentrale Stelle für die Verteilung von „Schmiergeld“ im Zuge des Eurofighter-Kaufs aus. So habe EADS Deutschland Wert darauf gelegt, „die italienische Schmiergeldschiene unter deutscher Kontrolle zu stellen“, so Pilz, der von einer „besonderen Bestechungsgründlichkeit“ der Deutschen sprach.

Größter Korruptions-Fall der Republik
Pilz bezeichnete den Eurofighter-Deal als „größten Korruptions-und Kriminalfall der Republik“ und forderte, dass die Republik sich das Geld zurückholt und den Deutschen „das Klumpert zurückgibt“. Pilz sieht die Eurofighter-Affäre „am Beginn des Finales“ und glaubt, dass sie im Frühjahr 2013 abgeschlossen werden wird. Er forderte Verteidigungsminister Norbert Darabos (S) auf, einen Vertragsausstieg vorzubereiten und sich dem Strafverfahren anzuschließen, um Entschädigungszahlungen für die Republik sicherzustellen. Immerhin gehe es um Schmiergeldzahlungen zwischen 100 und 180 Mio. Euro.

Kompliziertes Geflecht
Pilz zeichnete gleichzeitig „das Netzwerk der Schmiergeldflüsse“. Demnach ist das ganze Geld von EADS Deutschland geflossen und zwar über die Briefkastenfirma Vector Aerospace, die Geld an weitere Firmen verteilt habe. Konkret seien 78 Mio. Euro rekonstruierbar, geflossen seien aber mindestens 93 Mio. Euro, so Pilz. 29 Mio. Euro seien an eine Centro Consult und 42,1 Mio. an eine Columbus Trade Services geflossen. Letztere habe Geld an die Kärntner „Lakeside Privatstiftung“ gezahlt und damit, so Pilz, in Richtung des mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider. 12,5 Mio. seien an eine Firma namens Comco geflossen und 7,7 Mio. an die Euro Business Development GmbH (EBD). Diese 7,7 Mio. könnten laut Pilz das Erfolgshonorar der Briefkasten-Besitzer gewesen sein.

Alles "Gegengeschäfte"
Alle diese Gelder sollen unter dem Deckmantel der Gegengeschäfte verteilt worden sein. Laut Pilz sind im Geschäftsbericht der Vector Gegengeschäfte als einziger Firmenzweck angeführt. Dem Wirtschaftsministerium, das für die Gegengeschäft zuständig war, sei diese Firma aber völlig unbekannt gewesen. Das einzige Gegengeschäft sei damit "das Schmiergeld-Gegengeschäft“ gewesen, so Pilz. „Wir wissen, von wem es kommt und wir wissen, dass es Schmiergeld ist“, so Pilz. Einzige offene Frage sei, wer das Geld genommen habe. Pilz geht von „drei Gruppen von Empfängern“ aus: Politiker, Beamte und Unternehmen. Letztere seien nicht unwesentlich, da ein wesentlicher Teil des Geldes „dem Kauf von Scheingeschäften“ gedient habe.
 

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Sollte es im Zuge des Eurofighter-Deals zu Schmiergeldzahlungen gekommen sein, hat Österreich das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Geregelt ist das in den Verhaltensregeln (Code of Business Conduct), die zwischen der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH und der Republik vereinbart wurden. Die APA bringt im Folgenden diese Verhaltensregeln im Wortlaut:

  • 1. Von Bieterseite ausdrücklich zugesagt wird, es zu unterlassen, natürlichen oder juristischen Personen, die mittelbar oder unmittelbar an der Auftragsvergabe mitwirken oder auf die Auftragsvergabe Einfluss nehmen können, in Kenntnis dieser Umstände Vorteile iSd Paragrafen 304 StGB anzubieten oder zu gewähren oder darauf hinzuwirken, dass Dritte solchen Personen einen derartigen Vorteil anbieten oder gewähren;
  • 2. Von Bieterseite ausdrücklich zugesagt wird, dafür zu sorgen, dass auch durch sonstige Dritte, welche dem unmittelbaren oder mittelbaren beherrschenden Einfluss eines Bieters unterliegen, kein gemäß Pkt. 1 untersagtes Verhalten gesetzt wird, es sei denn, dass dieses Anbieten oder Gewähren eines Vorteils nachweislich weder im Zusammenhang mit der gegenständlichen Angebotseinholung steht noch geeignet ist, die Auftragsvergabe mittelbar oder unmittelbar zu beeinflussen - wofür der Bieter die Beweislast trägt;
  • 3. Von Bieterseite wird ausdrücklich zugesagt, dafür zu sorgen, dass auch durch Rechtsgeschäfte, die aus oder im Zusammenhang mit der gegenständlichen Angebotseinholung abgeschlossen werden, insbesondere im Zuge der Abwicklung von Gegengeschäften kein Anbieten oder Gewähren von Vorteilen in dem Pkt. 1 und Pkt. 2 untersagten Umfang erfolgt, wobei der Bieter dieser Unterlassungspflicht genügt, wenn er die Einhaltung dieser Verpflichtung durch zumutbare Prüf- und Überwachungsmaßnahmen, insbesondere hinsichtlich der im Zuge dieser Angebotseinholung anzubietenden Gegenschäfte bestmöglich sicherstellt.#
  • 4. Die in obiger Ziffer 3 enthaltene Verpflichtung des Bieters gilt nur, wenn und soweit die dort definierten Rechtsgeschäfte vom Bieter selbst abgeschlossen werden.

 

Jeder Bieter erklärt sich damit einverstanden, dass bei Verletzung einer der oben genannten Verpflichtungen dem Auftraggeber folgende Rechte eingeräumt werden:

a) Ausscheiden des Angebots des betreffenden Bieters oder Forderung des Ausscheidens des betreffenden Bieters aus seiner Bietergemeinschaft bis zur Auftragsvergabe;

b) nach Auftragsvergabe gänzlicher oder teilweiser Rücktritt vom Vertrag mit dem betroffenen Bieter oder der Bietergemeinschaft, welcher dieser Bieter angehört;

c) wobei in beiden oben genannten Fällen jeder Bieter, welcher die vorgenannte Rechtsfolge auslöst, solidarisch mit allfälligen weiteren Mitgliedern seiner Bietergemeinschaft für sämtliche Schäden des Auftraggebers, insbesondere für jeglichen frustrierten Aufwand sowie alle Kosten zweckmäßiger Ersatzvornahmen haftet.
 

 

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10:59 Uhr: Das war's. Die Pressekonferenz ist beendet. In Kürze folgt hier eine Zusammenfassung. Wir bedanken uns fürs Lesen.

10:54 Uhr: Stronachs Magna mit involviert?
"Wie sieht es mit Magna-Deals im Zusammenhang mit Eurofightern aus?" Pilz antwortet: "Es gibt weitere Schmiergeldkreisläufe. Meine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft macht es mir derzeit aber unmöglich, darüber zu sprechen. Damals konnte man sich schon fragen: Warum kämpfte der ehemalige Magna-Chef Siegfried Wolf damals wie ein Löwe für die Eurofighter?"

10:53 Uhr: "Alles Firmen ohne Mitarbeiter"
Was sagt Vector Aerospace zu den Vorwürfen? Pilz: "Alle drei involvierten Staatsanwaltschaften gehen davon aus, dass es eine Schutzbehauptung ist, dass Vector Aerospace nicht in Scheingeschäfte eingebunden gewesen sei. Das sind alles Firmen mit Riesen-Umsätzen, aber ohne Mitarbeiter".

10:47 Uhr: Gegengeschäfte
"Es ist auszuschließen, dass über Vector Aerospace offizielle Gegengeschäfte gelaufen sind. Deshalb ist die Schutzbehauptung von Vector Aerospace, für Gegengeschäfte gegründet worden zu sein, schlichtweg falsch!"

10:38 Uhr: Pilz greift nun Verteidigungsminister Darabos an
"Beim größten Schmiergeld-Netzwerk Vector Aerospace weigert sich der Verteidigungsminister, hier tätig zu werden. (...) Ich frage mich, wessen Interessen der Herr Darabos vertritt - die der Republik sind es nicht. Wenn er die von Vector Aerospace vertritt, soll er sich dort als Geschäftsführer eintragen lassen", so Pilz in scharfem Ton.

10:34 Uhr: "Voodoo-Ökonomie"
Die Gegengeschäfte hätten "Voodoo-Ökonomie"-Ausmaße angenommen. So seien Vorträge am Joanneum abgerechnet worden - rein rechnerisch mit einem Stundensatz von 80.000 Euro für die Vortragenden...

10:29 Uhr: Pilz führt weiter aus: "Haider war Nutznießer"
Jörg Haider sei nur einer von jenen gewesen, die Nutznießer der Schmiergelder waren. "Ich gehe davon aus, dass es Bestechungsgelder für Politiker und - unterschätzen Sie das nicht - auch für Unternehmen sind, um Scheingeschäfte durchzuführen."

10:26 Uhr: Wiener Waffenhändler erhielten Dutzende Millionen
29 Millionen Euro gingen in jedem Fall an den Wiener Waffenhändler Walter Schön via "Centro Consult". Bisher war man von 21 Millionen Euro ausgegangen, Pilz will weitere 8 Millionen Euro entdeckt haben. Er hat das der Staatsanwaltschaft bereits mitgeteilt. Den Waffenhändlern Schön und Blatter gehört die EBD, an die 7,7 Millionen Euro gegangen sind. Bei beiden Herren gab es bereits Hausdurchsuchungen!

10:22 Uhr: Kompliziertes Geflecht
Pilz wusste früher nicht, wie das Geld nach Österreich zurückkam. Nun aber weiß er es: Von EADS Deutschland. "Die gesamte Korruption ging von EADS Deutschland aus.", so der Grüne. Vector Aerospace soll von London aus an mehrere Schmiergeldsysteme überwiesen haben. An das "System Columbus" alleine 41,2 Millionen Euro, über das via Lakeside auch Geld an Jörg Haider gegangen sein soll.

10:19 Uhr: Kopf der Schmiergeld-Bande ein Italiener?
Pierluigi Romagnoli - er sitzt derzeit in Italien in U-Haft - war laut Pilz über das Mitglied des Eurofighter-Konsortiums Alenia zu EADS Deutschland gekommen, nur um die Schmiergelder abzuwickeln.

10:14 Uhr: Deal mit der Staatsanwaltschaft
Pilz sagte, er habe die Beweis-Unterlagen von der italienischen "Guardia di Finanza" (Finanzaufsicht in Italien) schon vor einem Jahr erhalten, mit der Korruptions-Staatsanwaltschaft war aber abgesprochen, erst nach den Hausdurchsuchungen öffentlich darüber zu sprechen. Dann führt er die Details aus:

  • Das Resümee: Scheinfirmen - Pilz hat ein Netz von Scheinfirmen gefunden, das im Zusammenhang mit Vector Aerospace steht: Auf den British Virgin Islands, den Cayman Islands und anderen Steueroasen. Pilz weiter: : "Auf Anfrage beim Wirtschafts- und Verteidigungsminister, ob Vector Aerospace bekannt sei, hieß es: Völlig unbekannt."
  • 93 Millionen Euro Schmiergeld: Pilz kommt jetzt so richtig in Fahrt. EADS Deutschland habe Millionenbeträge über die Briefkastenfirma Vector Aerospace und andere Scheinfirmen gezahlt: Insgesamt die Wahnsinns-Summe von 93 Millionen Euro!

10:06 Uhr: Es geht los
Shakehands mit allen Journalisten, und jetzt legt Peter Pilz gleich los: "Ich hätte nie gedacht, einmal aus Deutschland etwas über Korruption zu lernen."
Und weiter: "Ich sage seit Jahren: Wir holen uns das Geld zurück und schicken das Klumpert (Anm.: gemeint sind die Eurofighter) mit der Bahn retour." Pilz will den Verteidigungsminister - "der noch ein bisschen strampelt" - dazu bringen, dass er "von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht". Bei einem Korruptionsfall ist ein solcher Rücktritt sofort möglich, so Pilz.

10:00 Uhr: In Kürze beginnt die Pressekonferenz
Der Presseraum der Grünen-Partei in der Löwelstraße ist bis zum letzten Platz gefüllt. Unzählige Journalisten, Reporter und Kamerateams haben Stellung bezogen. Alle sind gespannt, was genau Peter Pilz zur Eurofighter-Causa sagen wird.

Alle Hintergrund-Infos zu dem Eurofighter-Krimi:



72 Millionen zu viel
So heißt es im Papier: „Die Schmiergelder waren dabei in den von der Republik Österreich zu entrichtenden Kaufpreis eingerechnet, der sich entsprechend erhöhte.“ Der Kaufpreis soll um 72 Mio. Euro zu hoch gewesen sein.

Bei Korruption gehen Jets retour
Tatsächlich ist im Kaufvertrag eine Art „Bestechungs-Paragraf“ drinnen. Soll heißen: Wenn es Korruption beim Jet-Deal gegeben habe, kann die Republik die Kampfjets einfach zurückschicken. Das ist es auch, was Pilz von Verteidigungsminister Norbert Darabos jetzt fordert.

In ÖSTERREICH antwortet Darabos: „Der Ankauf der Eurofighter von ÖVP und FPÖ muss zur Gänze aufgearbeitet werden. Ich begrüße deshalb die Ermittlungen der Justiz. Wenn es Beweise gibt, hat die Republik Handhabe, Konsequenzen zu ziehen. Diese Beweise gibt es leider noch nicht. Es laufen derzeit Ermittlungen. Wenn Schmiergeld nachgewiesen ist, dann wird sich die Republik mit allen gesetzlichen Möglichkeiten schadlos halten.“

Der Jet-Deal in Zahlen

15 Jets kaufte Österreich, 1,6 Milliarden müssen bis 2014 an EADS gezahlt werden. Parallel handelte Schwarz-Blau „Kompensationsgeschäfte“ aus: 300 A-Firmen liefern Waren um 3 Mrd. an EADS. 1.376 Geschäftsfälle wurden abgewickelt. Die Justiz glaubt, dass bei einem Teil dieser Deals Schmiergeld geflossen sein soll.

(gü)

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