Caritas und Diakonie erhöhen Druck und fordern Politik zum Dialog auf.
Auch wenn Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) am Sonntag klargestellt hat, dass sie nicht mit den Votivkirchen-Flüchtlingen reden will, werden Kirchenvertreter wie Franz Küberl und Michael Chalupka nicht müde, sich für den Dialog einzusetzen. Als Vorbild könnte Kardinal Christoph Schönborn dienen: Er besuchte Sonntagabend die Asylwerber, die seit gut einem Monat - teils im Hungerstreik - in der kalten Kirche ausharren, um Gehör bei der Politik zu finden.
"Es war ein Besuch bei Menschen in Bedrängnis", sagte Schönborn in einer Kathpress-Aussendung vom Montag - und bat "die verantwortlichen Politiker und Beamte, bei der Lösung der schwierigen Grundsatzfragen und der Behandlung der persönlichen Schicksale genau das im Blick zu haben: dass es sich hier um ganz konkrete Mitmenschen handelt, die vor völlig unsicheren, düsteren Zukunftsaussichten stehen." Die Sorge um die Not der Menschen sei Kernauftrag des Evangeliums, betonte der Kardinal.
Schon mehrfach in der Votivkirche war der Direktor der evangelischen Diakonie, Michael Chalupka. Auch Politikern würde "kein Stein aus der Krone fallen", wenn sie mit den Menschen vor Ort sprächen, sagte er im ORF-"Morgenjournal". Aber: "Wenn man mit ihnen redet, kann man danach vielleicht weniger politische Härte an den Tag legen, weil es einen sicher persönlich bewegt", vermutete er als Grund für die Gesprächsverweigerung. "Ein bisschen unglaubwürdig" ist für ihn das Argument, man wolle sich nicht erpressen lassen. Denn die Diakonie habe - in "ganz leiser Diplomatie" - im Sommer ein Papier mit Verbesserungsvorschlägen vorgelegt, und auch keine Antwort bekommen.
Caritas-Appell an Politik
Caritas-Präsident Franz Küberl appellierte am Montag laut Kathpress an die Politik, im Sinne einer Lösung "vernünftige Formen des direkten Kontakts" mit den Betroffenen aufzunehmen. Es sei Aufgabe der Regierung, eine "politisch und menschlich kluge Entschärfung für die Situation der Flüchtlinge in der Votivkirche und damit ein Grundmaß an Lebensperspektive anzubieten". Die von den Flüchtlingen deponierten Wünsche - etwa nach besserer Unterbringung oder Zugang zum Arbeitsmarkt - würden zum Großteil mit jenen Forderungen übereinstimmen, die Caritas, Diakonie und andere Hilfsorganisationen seit langem erheben.
Sozialministerium verweist auf Arbeitsmöglichkeiten
Von Regierungsseite kam Montag kein Gesprächsangebot, sondern eine Aussendung des Sozialministeriums mit dem Hinweis auf Arbeitsmöglichkeiten für Asylwerber. Sie könnten während des Verfahrens - nach drei Monaten Wartefrist - in Saisonberufen im Tourismus und in der Landwirtschaft tätig werden, teilte das Ministerium mit. Außerdem könnten jugendliche Asylwerber bis zum 18. Lebensjahr eine Lehre in einem "Mangelberuf" (also wo sich keine sonstigen Bewerber finden, Anm.) beginnen.
Hungerstreik
In der Votivkirche harrten weiterhin rund 40 Asylwerber aus, ein guter Teil von ihnen Hungerstreik. Ihr Gesundheitszustand ist "erfreulich stabil für diese Situation", ergab eine Untersuchung durch die Johanniter. Zwölf Personen mussten vorübergehend ins Krankenhaus, sind jetzt aber wieder in der Kirche. Die Lage ist dort ruhig, die Flüchtlinge würden "sehr respektvollen Umgang mit dem Gotteshaus" pflegen, alle Gottesdienste könnten in normalen Bahnen verlaufen, berichtete Caritas-Wien-Sprecher Klaus Schwertner.
Wiener Grüne kritisieren Polizeieinsatz
Die Wiener Grünen waren von der Räumung des Flüchtlings-Camps im Wiener Votivpark in der Nacht auf Freitag nach eigenen Angaben nicht informiert. Klubobmann David Ellensohn hat den Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl in einem Brief gebeten, mitzuteilen, mit wem in der Stadt dieser Einsatz abgesprochen wurde. In einer Aussendung vom Montag verurteilte Ellensohn das "brutale Vorgehen" der Polizei im Sigmund Freud-Park - und auch, dass die Bundesregierung ernsthafte Gespräche mit den Flüchtlingen verweigere.
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