Der Wiener Erzbischof nahm im Stephansdom beim Hochamt zum Fest Christi Himmelfahrt zur aktuellen Diskussionen Stellung - "Parteien bestimmen ihre Nähe oder Distanz zur Kirche selbst."
Der Streit zwischen FPÖ und Kirche spitzt sich weiter zu: Strache forderte sogar Kardinal Schönborn heraus. Mit Kalkül: Experten sehen die FPÖ dadurch im Aufwind. Schönborn antwortete in der heutigen Perdigt im Dom:
Missbrauch des Kreuzes
Inhaltlich deutlich, aber ohne Nennung der
FPÖ hat sich Kardinal Christoph Schönborn gegen die Verwendung des Kreuzes
durch die Freiheitlichen bei deren EU-Wahlkampagne gestellt. Das Kreuz als
"Zeichen der Versöhnung und der Feindesliebe" dürfe nicht als "Kampfsymbol
gegen andere Religionen, gegen andere Menschen politisch missbraucht"
werden, sagte der Wiener Erzbischof in seiner Predigt beim Hochamt zu
Christi Himmelfahrt im Wiener Stephansdom.
Gegen FPÖ-Slogan
Zudem stellte sich der Kardinal gegen den
Slogan "Abendland in Christenhand", mit dem von der FPÖ geworben wird:
"Meine Frage ist nicht, ob das Abendland in Christenhand bleibt, sondern ob
es Christus im Herzen hat. Ein glaubensloses Abendland, das ist zu fürchten".
Grundwerte einfordern
Gleichzeitig betonte der Kardinal, dass er
sich nicht parteipolitisch in Wahlkämpfe einmische. Aufgabe der Bischöfe sei
es aber, die christlichen Grundwerte "einzumahnen und notfalls auch
einzufordern". Das sehe er auch heute als seine Aufgabe, predigte der
Erzbischof laut "Kathpress".
Kreuz kein Machtsymbol
Im Evangelium vom Fest Christi Himmelfahrt
sei der weltweite Missionsauftrag Jesu an seine Gläubigen festgehalten.
"Mission" habe heute eine schlechte Presse, es klinge nach
"Zwangsbeglückung" und wecke alte Vorurteile gegen das Christentum. Aber
Jesus wolle keinen Zwang, unterstrich der Wiener Erzbischof: "Sein Kreuz ist
alles andere als ein Machtsymbol. Es ist das Zeichen einer Liebe, die bis
zum Letzten geht".
Auch Christen hätten freilich das Kreuz als Machtsymbol gebraucht und missbraucht. Es gehe aber vor allem darum, im Kreuz "ein Zeichen der Liebe zu sehen, die Gewalt nicht mit Gewalt, Hass nicht mit Hass beantwortet, sondern Hass und Feindschaft durch Hingabe und Verzeihen überwindet".
Vom Christentum geprägt
Er wünsche sich ein Europa, das vom
Christentum geprägt sei, betonte Schönborn: "Aber von einem Christentum, das
an Jesus Christus Maß nimmt".
Es sei "gut und wichtig", dass es gesellschaftliche Kräfte, auch politische Parteien, gebe, "die sich für humane und christliche Werte einsetzen". Denn nur im Miteinander könnten die bevorstehenden "schwierigen Zeiten" gemeistert werden. Als zentrale Punkte des "gemeinsamen Weges" nannte Kardinal Schönborn ein "intensives Bemühen um die Familie, die das sicherste und grundlegende soziale Netz darstellt", einen "kreativen Schutz des Lebens, des ungeborenen, des behinderten, des kranken, des alten und auch des sterbenden Lebens" und einen "vom Christentum inspirierten Umgang mit den Fremden". Dabei gehe es sowohl um die "Verfolgten", denen Aufnahme zu gewähren ist, als auch um die Immigranten, "die wir bei unserer niedrigen Geburtenzahl brauchen, um unser Sozialsystem erhalten zu können".
Die Aufregung um die FPÖ findet kein Ende, denn Heinz-Christian Strache heizt die Diskussion mit immer neuen Provokationen weiter an:
- In Wahl-Inseraten werden antisemitische Ressentiments erweckt. Die FPÖ spricht von einem „drohenden“ EU-Beitritt Israels.
- Auf Plakaten wird gegen Islam mobilgemacht: „Abendland in Christenhand.“
- Strache verwendete das christliche Kreuz in einer politischen Ansprache gegen einen Moschee-Bau.
- Und nun droht ein weiterer Eklat: HC Strache im ÖSTERREICH-Interview zur heutigen Predigt von Schönborn: „Ich erwarte mir klare Worte gegen die Islamisierung.“
Feiertagspredigt
Bisher hatte der Kardinal zu den Entgleisungen
der FPÖ geschwiegen, erst in der vergangenen Nacht ist er aus Rom nach Wien
zurückgekehrt.
FPÖ-Chef Strache gab ÖSTERREICH im Vorfeld ein Interview
ÖSTERREICH: Heute nimmt auch Schönborn Stellung zur
aktuellen Diskussion. Finden Sie das gerechtfertigt?
ÖSTERREICH: Stört Sie die Kritik von Weihbischof Laun?
ÖSTERREICH: Schadet Ihnen die aktuelle Diskussion?
ÖSTERREICH: Planen Sie nun weitere Eskalationen? |
Weitere Kritik aus Kirche
Fakt ist: Die Kritik an Strache nimmt
täglich zu. Nach Kanzler und Bundespräsident verurteilt auch der St.
Pöltener Bischof Klaus Küng den Stil der FPÖ scharf: „Das Kreuz ist ein
Zeichen des Heils und darf nicht als Ermutigung zur Aggression verwendet
werden.“ Sogar aus der eigenen Partei setzt es Schelte: „Mich stört es
gewaltig, die Kritik muss mit richtigen Worten und nicht mit Symbolik
geschehen“, so Vorarlbergs FPÖ-Klubchef Fritz Amann.
Straches Plan geht auf
Allerdings sind sich Polit-Experten
einig: Der FPÖ gelingt es, mit dieser Aktion zu mobilisieren. Experte Thomas
Hofer: „Die Diskussion bringt einen Fokus auf ein Thema, das ein zentrales
der FPÖ ist: die Ausländerdebatte.“
Und: Auch wenn jetzt Kritik aus der Kirche kommt, das kann Strache ignorieren, denn seine Kernwähler sind keine Kirchengänger, sagt Politologe Peter Filzmaier: „Die FPÖ hat traditionell eine Distanz zur Kirche gehabt. Diesen neuen Konflikt mit der Kirche nimmt er in Kauf.“
Provokation ist Konzept
Die Taktik ist nicht neu, so arbeiten
die rechten Parteien immer, sagt Politikwissenschafter Ferdinand Karlhofer:
„Es geht darum, Aufmerksamkeit zu provozieren. Wer einfache Antworten auf
schwierige Fragen bietet, kann punkten."