Verfassungs- und Menschenrechtler halten die Asylnovelle von ÖVP-Innenministerin Fekter für problematisch. Sie fürchten tausende neue Schubhäftlinge.
Die Kritik an den Fremdenrechtsplänen von ÖVP-Innenministerin Maria Fekter wird immer lauter. Gegenüber Ö1 hat sich nun - nach dem Verfassungsrechtler Heinz Mayer - auch sein Kollege Bernd-Christian Funk zu Wort gemeldet sowie mehrere Menschenrechtsexperten. Die Grünen halten die Asylnovelle auch für problematisch. Hauptkritikpunkt ist die Ausweitung der Schubhaft. Geht es nach Fekter, sollen Asylwerber künftig leichter vor ihrer Abschiebung in Schubhaft genommen werden können.
"Menschenrechts- und verfassungswidrig"
So lautet das
einstimmige Urteil der Experten über Fekters Schubhaft-Vorhaben. Die
Verschärfung des Fremdenpolizeigesetzes sieht vor, dass künftig Asylwerber,
insbesondere Dublin-Fälle - also Menschen, die auf eine Abschiebung in einen
andere EU-Staat warten - leichter in Schubhaft genommen werden können.
"Ausnahme wird zum Regelfall"
Ausgenommen sind zwar
Kinder oder schwangere Frauen. Durch das neue Gesetz wäre aber die Schubhaft
nicht mehr eine Ausnahme wie bisher, sondern vielmehr die Regel, kritisiert
Manfred Nowak vom Institut für Menschenrechte der Uni Wien: "Sobald
die Behörde feststellt, dass ein Asylwerber aus einem anderen
EU-Mitgliedsland kommt, muss diese Person in Schubhaft genommen werden, es
sei denn, ganz besondere Umstände sprechen dagegen. Das heißt, es wird die
Regel werden."
"Grundsatz wird umgedreht"
Verfassungsexperte Mayer
hält die Pläne für verfassungswidrig: "Es wird der
verfassungsrechtliche Grundsatz - Schubhaft im Ausnahmefall - umgedreht in
den Grundsatz - Schubhaft im Regelfall. Und das halte ich für
verfassungswidrig."
"Bedenklich, wenn nicht verfassungswidrig"
Mayers
Kollege Bern-Christian Funk von der Universität Wien sagt, er teile diese
Bedenken, "dass dieser Entwurf Bestimmungen und Eingriffsmöglichkeiten
vorsieht, die verfassungsrechtlich bedenklich sind, um nicht zu sagen -
verfassungswidrig."
"Nur wenige tauchen unter"
Die Bedenken der
Verfassungsrechtler teilt auch die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev
Korun: "Das neue Asylgesetz bedeutet, dass tausende unbescholtene
Asylwerber in Schubhaft genommen werden in Zukunft, weil vielleicht ein
anderes EU-Land für ihr Asylverfahren zuständig ist." Korun
fordert die Innenministerin auf, die Statistik auf den Tisch zu legen. Sie
geht davon aus, dass sehr wenige Asylwerber vor der drohenden Abschiebung
untertauchen. Mit Meldepflichten, die es derzeit schon gibt, würde man dem
Problem beikommen, ohne weitere Verschärfungen, so die Grüne.
"Tausende neue Schubhäftlinge"
Roland Schönbauer
vom UN-Flüchtlingshochkommissariat rechnet mit tausenden neuen
Schubhäftlingen durch das neue Gesetz: "Allein 2009 gab es schon
über 1.400 Zustimmungen anderer EU-Staaten, Asylwerber zurückzunehmen. Diese
1.400 Männer, Frauen und Kinder müssten bei neuer Gesetzeslage Wochen und
Monate in Schubhaft kommen." Schönbauer fordert Fekter auf, ihre Pläne
zu überdenken bzw. zurückzunehmen.
"Unbescholtene hinter Gitter"
Caritas-Direktor Michael
Landau glaubt, dass aufgrund der Regelung Unbescholtene "ins Gefängnis
gesteckt" werden könnten. Dass Asylwerber oft mit Kriminalität in Verbindung
gebracht würden, hält der Caritas-Direktor für ein "Ablenkungsmanöver" von
der "schlechten Aufklärungsquote".