Der ÖVP-Klubchef hält diese Variante für zu teuer, sie würde die große Steuerreform gefährden. Die SPÖ wittert Uneinigkeit innerhalb der VP.
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures attestiert der ÖVP "Uneinigkeit" in Sachen Teuerungsbekämpfung. Sie verwies am Freitag darauf, dass Finanzsprecher Günther Stummvoll (V) und Generalsekretär Hannes Missethon (V), eine Senkung der Mehrwertsteuer nicht ausgeschlossen haben, während VP-Klubobmann Wolfgang Schüssel seine Ablehnung gegenüber dieser Maßnahme kundtat. Kritik an der ÖVP-Haltung in der Inflationsfrage kam auch von FPÖ und BZÖ.
Die "permanenten Widersprüche und das Durcheinander innerhalb der ÖVP" deuten für Bures auf die "Führungsschwäche" von ÖVP-Obmann Wilhelm Molterer hin. Die Aussagen Stummvolls und Missethons interpretiert die Ex-Ministerin allerdings dahingehend ,dass "der Druck der SPÖ offensichtlich Wirkung" gezeigt habe, was sie "erfreue". Bures appellierte an den Noch-Koalitionspartner zu einem "raschen gemeinsamen Vorgehen".
Schüssel gegen Senkung
Zuvor hatte ÖVP-Klubobmann Wolfgang
Schüssel eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel abgelehnt. Man
müsse vielmehr "treffergenau" vorgehen, findet Schüssel und
bleibt skeptisch bei Maßnahmen, die "alle zu zahlen" hätten.
Der schwarze Klubchef hält eine Reduktion der Mehrwertsteuer offenbar für zu
teuer und fürchtet, dass entsprechende Maßnahmen die notwendige strukturelle
Steuerreform gefährden könnten
Zu dem von der ÖVP angekündigten Entlastungspaket verrät der schwarze Klubchef noch nichts, das sei Sache des Finanzministers.
Schon 700 Mio. bewegt
Man dürfe auch nicht auf das bereits
Geschehene vergessen: Seit Anfang des Jahres habe man die "gewaltige
Summe" von 700 Mio. Euro an Entlastungen geschaffen - siehe die
Befreiung von Arbeitslosen-Beiträgen für Bezieher niedriger Einkommen, die
befristete Erhöhung der Pendlerpauschale und des Kilometergeldes, das
ersatzlose Auslaufen der Schenkungs- und Erbschaftssteuer oder die
Gebührenbefreiung etwa bei Geburten.
Erfolg nicht garantiert
Davor hatten Schüssels Parteifreunde,
ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon und ÖVP-Finanzsprecher Günther
Stummvoll erklärt, die Volkspartei erwäge derzeit alle Für und Wider. Aber
auch sie blieben bei dem Vorschlag eher reserviert, da unklar sei, ob die
Senkung vom Handel an den Konsumenten weitergegeben werde. Der
niederösterreichische ÖVP-Landeshauptmann Erwin Pröll hatte sich in
ÖSTERREICH für eine MwSt-Reduktion auf Nahrungsmittel ausgesprochen.
"SPÖ-Vorschläge zu teuer"
Der SPÖ warfen
Missethon und Stummvoll vor, Versprechen abzugeben, die sie nach der Wahl
nicht halten könne. So hat die ÖVP errechnet, dass alle Vorschläge des
Noch-Koalitionspartners seit 2007 zur Teuerungsbekämpfung insgesamt 19 Mrd.
Euro kosten würden. Das wäre mehr als das Sechsfache des vereinbarten
Entlastungsvolumens. Auf den Steuerzahler würde damit eine zusätzliche
jährliche Belastung von rund 5.000 Euro zukommen. Sie appellierten, das
Budget im Auge zu behalten und keine Schulden in der Zukunft zu machen.
Konzept kommt nächste Woche
Grundsätzlich will die
Volkspartei nach einem "Drei-Stufen-Plan" vorgehen. Die erste
Stufe habe man mit dem Anti-Teuerungspaket von Anfang des Jahres mit
Erhöhung der Pendlerpauschale und Vorziehen der Pensionserhöhung schon
hinter sich. Derzeit befinde man sich in Phase zwei, der Abwägung neuer
zusätzlicher Maßnahmen. Das Ergebnis soll nächste Woche von
ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer präsentiert werden. Dritte Stufe soll
die "große Steuerreform" bilden, am Termin 2010 hält man
fest.
Leitl-Vorschlag abgelehnt
Wenig hält Stummvoll von der Idee der
Wirtschaftskammer, einen Inflationsabsetzbetrag einzuführen. Eine derartige
Regelung sei "heikel", da man mit der dadurch entstehenden
Automatik weniger Anreize setzt, die Teuerung selbst zu bekämpfen.
Hinhauen auf rotes Wien
Scharfe Kritik übte Missethon neuerlich
am "Gebührentreiberwahnsinn" des SPÖ-geführten Wien. So habe
die Sozialdemokratie in den vergangenen drei Jahren die Gebühren in den
verschiedensten Bereichen massiv angehoben und schreibe diesen Anstieg nun
mittels des beschlossenen Valorisierungsgesetzes automatisch fort.