Prozess
Schuldspruch für Ex-Grüne Sigi Maurer
09.10.2018Die ehemalige Grüne wurde wegen übler Nachrede verurteilt.
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Mit einem nicht rechtskräftigen Schuldspruch wegen übler Nachrede, aber einem Freispruch vom Vorwurf der Kreditschädigung hat am Dienstag der Prozess gegen die frühere Grüne-Abgeordnete Sigrid Maurer am Landesgericht Wien geendet. Sie hatte obszöne Nachrichten an sich auf Facebook und Twitter gepostet und darin den Besitzer eines Biergeschäfts als Verfasser beschuldigt, der sie daraufhin klagte.
Maurer muss 7.000 Euro zahlen
Für die üble Nachrede muss Maurer nach dem Urteil von Einzelrichter Stefan Apostol 150 Tagsätze je 20 Euro, also 3.000 Euro, an den Staat zahlen. Weitere 4.000 Euro für die "erlittene Unbill" gehen an den Kläger. Dessen weitergehenden Ansprüche wegen angeblichen Geschäftsrückgangs wurden auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Zudem muss die 33-Jährige die Kosten des Verfahrens übernehmen. Sie meldete volle Berufung an, die Gegenseite gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil nicht rechtskräftig ist.
Maurer: "Bin erschüttert"
Sigrid Maurer zeigte sich nach der Urteilsverkündung gegenüber Medien "sehr erschüttert". Sie habe nicht damit gerechnet und könne nicht nachvollziehen, dass man zu diesem Schluss kommt. "Ich werde nicht klein beigeben, wir werden in Berufung gehen und das Geld dafür aufstellen. "Es ist völlig eindeutig, dass er es gewesen sein muss."
Maurer hatte am 30. Mai veröffentlicht, dass sie am Vortag vom Besitzer des Craft-Beer-Geschäftes über den Facebook-Nachrichtendienst Messenger obszöne Nachrichten bekommen habe. "Gestern hat er mich da blöd angeredet und mir diese Nachrichten geschickt", berichtete Maurer und veröffentlichte einen Screenshot der Botschaft mit eindeutig sexuell anzüglichen Inhalten.
Morddrohung
Kurz nach dem Urteil bekam Maurer dann sogar eine Morddrohung. Die Ex-Grünen-Politiker teilte auf Twitter das Posting: „Hass hast du dir verdient. Zu Weihnachten gibt es ein Seil für dich und deines gleichen." Maurer empört sich dabei gleichzeitig über das Urteil und anonymisiert das Hassmail
Selber Schreibstil wie auf der Webseite
Der Geschäftsbesitzer wurde daraufhin von Usern mit Beschimpfungen überschwemmt, sein Lokal erhielt im Netz schlechte Bewertungen und der Mann wurde mehrfach bedroht. Der 40-Jährige bestritt, der Verfasser zu sein, und klagte. Der Unternehmer schloss sich dem Verfahren mit 20.000 Euro an, da er seiner Meinung durch den Shitstorm einen materiellen Schaden erlitten hat. Hinzu kommen medienrechtliche Anträge auf Entschädigung in der Höhe von 40.000 Euro.
Der Lokalbesitzer meinte, sein PC samt Facebook-Account wäre auch den Gästen zur Verfügung gestanden. Bei der ersten von zwei Nachrichten an Maurer habe er auf der Straße mit seiner Lebensgefährtin telefoniert, was er durch einen Gesprächsnachweis zu beweisen versuchte. Die auffällige Orthografie in den obszönen Botschaften und den Beiträgen auf der Homepage hatte Maurer im Glauben bestärkt, dass der Wirt diese verfast hatte.
Bei der heutigen Verhandlung zeigte sich jedoch, dass dieser Schreibstil vom früheren Besitzer des Lokals stammt, der als Administrator die Webseite des Geschäfts sowie dessen geschäftlichen Facebook-Auftritt betreut. Obwohl der Richter den Zeugen ausdrücklich darauf hinwies, er dürfe die Aussage verweigern, wenn er sich selbst belasten würde, blieb dieser dabei, er habe nichts damit zu tun und wäre auch nicht im bzw. vor dem Lokal gewesen, als Maurer vor diesem beim Vorbeigehen angepöbelt worden war.
Angeklagte habe Wahrheitsbeweis nicht erbracht
Richter Stefan Apostol machte in seiner äußerst ausführlichen Urteilsbegründung klar, dass der Tatbestand der üblen Nachrede "massiv" gegeben war und Maurer ihre Postings auch zugab. Nicht strafbar wäre dies nur dann, wenn die Angeklagte den Wahrheitsbeweis erbracht hätte. Eben dies sei nicht gelungen. Vom Vorwurf der Kreditschädigung gab es hingegen einen Freispruch weil die subjektive Tatseite nicht gegeben war.
Da Twitter als Medium gilt, gab es auch einen Schuldspruch nach Paragraf 6 Medienrecht wegen Verstoßes gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Die Gegenseite hätte befragt werden müssen. Absurderweise hätte ihre Mandantin den Belästiger auch noch kontaktieren müssen, kritisierte Verteidigerin Maria Windhager.
Richter glaube Geschäftsmann nicht
Apostol machte deutlich, dass er dem klagenden Geschäftsmann so gut wie nichts glauben würde, doch sei es eben nicht gelungen, nachzuweisen, dass dieser die sexuell anzüglichen Texte wirklich geschickt habe. Die seltsame Interpunktion würde eher auf den früheren Besitzer des Lokals und Administrator der Webseite hindeuten, es könnte aber auch ein Gast gewesen sein, während der Kläger für ein kurzes Telefonat aus dem Wirtshaus gegangen war. Es könnten aber auch mehrere "angetrunkene" Personen gewesen sein, die nach den Pöbeleien auch noch was "Lustiges" schreiben wollten. Unglaubhaft sei jedenfalls, dass der Wirt nicht wisse, wer für die Nachrichten verantwortlich sei. "Wir können aber nicht klären, wer es war."
"Was Ihnen angetan wurde, ist nicht strafbar - das steht aber auf einem anderen Blatt." Ob dies geändert gehört, ebenso. Besonders mildernd rechnete der Richter, dass Maurer aus "achtenswerten Beweggründen" gehandelt habe. Ebenfalls zugunsten der 33-Jährigen sprach ihre Unbescholtenheit und das Tatsachengeständnis, aber es sei eben keinesfalls ein reumütiges Geständnis gewesen. Dies sei von Maurer auch explizit verneint worden. Negativ wurde die Massivität des Vorwurfs an den Geschäftsmann bewertet.
Er sei mit der Strafe im unteren Viertel geblieben, weshalb das Urteil der beschränkten Auskunftspflicht unterliege. "Ein Arbeitgeber würde das nicht erfahren - falls es nicht jetzt schon jeder wüsste", sagte Apostol.
Maurer kündigt an, bis vor EU-Gericht zu ziehen
Auf Twitter gab sich Maurer kämpferisch. Sie werde berufen, "bis Straßburg wenn es sein muss."