Österreichs Demokratiequalität ist im Vergleich unterdurchschnittlich.
Dänemark, Finnland und Belgien haben die besten Demokratien. Zu diesem Ergebnis kommt ein von Wissenschaftern der Universität Zürich und des Wissenschaftszentrums Berlin entwickeltes "Demokratiebarometer", in dem die Entwicklung von 30 etablierten Demokratien zwischen 1995 und 2005 untersucht wurde. Österreich landete dabei auf Platz 20 - Probleme werden hierzulande etwa in der vergleichsweise wenig ausgebauten Presselandschaft, im geringen Organisationsgrad der Bevölkerung in politischen und gesellschaftlichen Vereinigungen, den Problemen der Polizei mit Foltervorwürfen sowie fehlenden Parteienfinanzierungsregeln und der vergleichsweise wenig effizienten Informationsfreiheitsgesetzgebung gesehen.
Demokratiebarometer
Das Demokratiebarometer misst mit 100 empirischen Indikatoren, wie gut ein Land die drei Prinzipien Freiheit, Gleichheit und Kontrolle sowie die neun grundlegenden Funktionen der Demokratie (Individuelle Freiheiten, Rechtsstaatlichkeiten, Öffentlichkeit, Wettbewerb, Gewaltenkontrolle, Regierungsfähigkeit, Transparenz, Partizipation und Repräsentation) erfüllt. Top-Platzierungen erreichten dabei die skandinavischen Länder, ganz hinten liegen Polen, Südafrika und Costa Rica. Während sich Italien laut dem Politikwissenschafter Marc Bühlmann (Uni Zürich) fast erwartungsgemäß am unteren Ende der Skala befinde (Platz 22), sei etwa die schlechte Platzierung von Großbritannien (26) und Frankreichs (27) überraschend. Die USA kommen auf Platz zehn, Deutschland auf Platz elf und die Schweiz auf Platz 14.
Mit dem Instrument lassen sich laut den Forschern auch Entwicklungen der Qualität demokratischer Systeme über die Zeit messen. Gute Nachricht: "Eine allumfassende Krise, also ein Rückgang der Demokratiequalität, lässt sich dabei aber nicht zeigen", so Bühlmann. Im Gegenteil: Fasse man die Demokratiequalität aller 30 Staaten zusammen, zeige sich zwischen 1995 und 2005 insgesamt eine Zunahme - auch in Österreich nahm sie in diesem Zeitraum zu.
Prinzip Freiheit
Das vergleichsweise schlechte Abschneiden Österreichs führen die Forscher auf "eine unterdurchschnittliche Erfüllung des Prinzips Freiheit zurück": Zwar habe Österreich einen ausgebauten und gut funktionierenden Rechtsstaat. Viel Bewegung sei in der Funktion "Individuelle Freiheiten" zu verzeichnen: "Hier machen sich die Diskussionen um die Religionsfreiheit und die Probleme der Polizei mit Foltervorwürfen bemerkbar". Noch stärker negativ ins Gewicht falle allerdings die Funktion "Öffentlichkeit": "Die vergleichsweise wenig ausgebaute Presselandschaft und der geringe Organisationsgrad der Bevölkerung in politischen und gesellschaftlichen Vereinigungen (sogenanntes soziales Kapital) tragen zum geringen Erfüllungsgrad in der Funktion 'Öffentlichkeit' bei."
Überdurchschnittlich schneidet Österreich dagegen beim Prinzip "Kontrolle" ab: Geringfügige Änderungen in der Funktion "Regierungsfähigkeit" seien insbesondere auf die unterschiedlich stabilen Koalitionsregierungen, die leichte Abnahme der Funktion "Wettbewerb" auf das geringere Angebot an Parteien bei den Wahlen 2002 zurückzuführen. Allerdings bleibe diese Funktion wie auch die "Gewaltenbalance" relativ stabil. Insbesondere die Wahlen 1999 hätten zu einer etwas besseren Balance zwischen Legislative und Exekutive geführt.
Bei der "Gleichheit" liegt Österreich insgesamt im Mittelfeld. Vergleichsweise schlecht schneidet Österreich dabei in der Funktion "Transparenz" ab: "Obwohl sich hier insgesamt eine leicht steigende Tendenz zeigt, ist der schwache Erfüllungsgrad dieser Funktion auf fehlende Parteifinanzregeln und vergleichsweise wenig effiziente Informationsfreiheitsgesetzgebung zurückzuführen." Leicht überdurchschnittlich platziert sich Österreich bei der "Repräsentation": Zwar hätten die Wahlen von 1999 eine schlechtere Abbildung der Bevölkerungspräferenzen und vergleichsweise hohe Disproportionalität zwischen Stimmen und Sitzen mit sich gebracht, dies sei aber 2001 korrigiert worden. Ebenfalls positiv wirkt sich der vergleichsweise hohe Frauenanteil im Parlament nach diesen Wahlen aus. Auch bei der "Partizipation" gibt es bessere Noten: Zwar nehme die Ungleichheit der elektoralen Partizipation hinsichtlich Geschlecht und Alter zu und die Beteiligung bei Wahlen eher ab, dafür habe es vergleichsweise starken Zulauf zu alternativen Partizipationsformen wie Demonstrationen und Petitionen gegeben.
(S E R V I C E - Internet: http://www.democracybarometer.org )