SPÖ-Unterrichtsministerin Schmied sieht sich im Kampf um mehr Unterrichtszeit aus dem ÖVP-Eck blockiert.
SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied ortet ein gut organisiertes "Netzwerk zur Verhinderung der Schulreform" aus ÖVP-nahen Lehrer- und Schülervertretern. Neben der Gewerkschaft der Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen (BMHS), deren Vorsitzender Jürgen Rainer die BMHS-Lehrer am Wochenende zum Boykott des PISA-Tests aufgerufen hat, spielen darin laut Schmied auch die AHS-Gewerkschaft und die Schülerunion eine "fragwürdige Rolle".
Kampfmaßnahmen + Pisa
Rainers Aufruf zeige, dass von
Lehrervertretern entgegen öffentlicher Aussagen konkrete Kampfmaßnahmen vor
Ende der Verhandlungen geplant seien. Vor allem der geplante Boykott der
PISA-Studie wäre wegen fehlender Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Ländern
"ein schwerer Schlag gegen alle Bemühungen, das österreichische Schulsystem
langfristig zu verbessern". Außerdem sei die Teilnahme an den PISA-Testungen
verpflichtend, in Kürze sollen Direktoren eine diesbezügliche Weisung
erhalten.
Nicht für "alte Schulden zahlen"
"Weit und breit
kein Netzwerk" sieht hingegen Rainer. Die BMHS-Gewerkschaft unterstütze jede
Reform, er sei aber nicht bereit für Dinge zu bezahlen, die "die Ministerin
zu verhandeln versäumt" habe bzw. für "alte Schulden" wie die Überziehung
des Budgets 2008. Er forderte, dass die Reformen nicht schon mit September
starten sollten. Außerdem solle die Gewerkschaft "auch bei der Entwicklung
und nicht nur bei Finanzfragen integriert" werden.
"Weder Streik noch Arbeitsverweigerung"
Die Aufregung
um den PISA-Test kann er nicht nachvollziehen, auch wenn das Rundschreiben
als interne Information für Lehrer-Vertreter und nicht für die
Öffentlichkeit gedacht gewesen sei. Es gehe dabei weder um Streik noch um
Arbeitsverweigerung, sondern um den Wegfall einer freiwilligen Leistung von
einem Lehrer pro teilnehmender Schule. Dieser helfe den Prüfern des
Bundesinstituts für Bildungsforschung (BIFIE) bei der Orientierung im
Schulhaus und transferiere die Daten. "Diese Unterstützung vor Ort werden
sie nicht mehr bekommen", sagte Rainer.
"Ich halte die Maßnahmen für gut, aber den Zeitpunkt nicht für glücklich gewählt", meinte die Vorsitzende der AHS-Gewerkschaft, Eva Scholik. Sie bestätigte auch, dass es mit Rainer "Gespräche am Rande" über einen Boykott der PISA-Testungen gegeben habe - "für den Fall, dass die Gespräche mit der Ministerin schlecht ausgehen sollten". Als Alleingang Rainers werde das Rundschreiben in der Lehrergewerkschaft nicht interpretiert. "Er sagt ja auch, dass das erst dann passiert, wenn die Gespräche nicht zu einem befriedigenden Ende kommen." Es müsse schließlich auch Schmied bewusst sein, "dass sie sich bewegen muss, wenn sie lösungsorientiert arbeiten will".
Gewerkschaftschefs und Spitzenbeamte
"Trotz dieser Provokationen"
will Schmied weiter verhandeln. Am Dienstag gibt es ein Treffen zwischen
Gewerkschaftsvorsitzenden und Spitzenbeamten aus Bundeskanzleramt, Bildungs-
und Finanzministerium zu Budget und Altersteilzeitmodellen. Medien sind
nicht zugelassen. Dabei sollen neben den bisherigen "Kompromissangeboten"
der Ministerin (Befristung der höheren Unterrichtsverpflichtung, Erhöhung um
nur eine Stunde und Streichung einiger Zulagen, Ergänzung um verbesserte
Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzgarantie) weitere Vorschläge diskutiert und
durchgerechnet werden.