Kein Impfstoff
Schweinegrippe: EU-Kritik an Österreich
02.08.2009
Erstmals kritisiert ein hoher Vertreter des EU-Parlaments das österreichische Vorgehen bei der Schweinegrippe.
Rüffel von der EU gibt es jetzt an den Vorsorgemaßnahmen von SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger. Dass Österreich in Zeiten der weltweiten Schweinegrippe-Pandemie immer noch keinen Impfstoff fix bestellt hat, stößt beim Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Europäischen Parlament, Jo Leinen (SPD), auf völliges Unverständnis. "Kein Land sollte in der jetzigen Situation zu lange zögern", sagt Leinen im Gespräch mit ÖSTERREICH.
ÖSTERREICH: Die Zahl der Schweinegrippe-Erkrankten erhöht sich immer
weiter. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?
Jo Leinen:
Der Höhepunkt der Erkrankungen ist längst noch nicht erreicht, das wird erst
im September und Oktober der Fall sein. Derzeit ist ein Hauptproblem, dass
die Menschen keine Immunität gegen das Virus haben, was bedeutet: Wer sich
ansteckt, erkrankt auch. Und durch die Tröpfchenübertragung und die
Urlaubszeit geschieht das im Augenblick besonders schnell.
ÖSTERREICH: Ein Impfstoff soll vor Erkrankungen schützen. Für Sie
realistisch?
Leinen: Insgesamt hat uns die Schweinegrippe
überrascht, wir stehen derzeit vor ihr wie das Kaninchen vor der Schlange.
Zwar arbeiten die Pharmafirmen schon eine geraume Zeit an der Entwicklung
eines Impfstoffes, aller Voraussicht nach wird der aber erst im Herbst für
landesweite Impfungen fertig sein. Wie das Virus dann allerdings aussehen
wird, weiß bisher niemand.
ÖSTERREICH: Sie rechnen mit Mutationen?
Leinen: Sie sind
nicht auszuschließen. Und dann müssen die Pharmafirmen mit ihrer Arbeit
wieder von vorne beginnen.
ÖSTERREICH: Österreich hat bisher noch keine Schutzimpfung fix bestellt. Ist
das für Sie nachvollziehbar?
leinen: Ich würde jedem Land
empfehlen, sich jetzt für den Ernstfall vorzubereiten, eine Grundversorgung
bereitzustellen und nicht zu lange zu zögern. Der Markt ist sehr klein und
wer hier zu spät kommt, den wird die Schweinegrippe besonders hart treffen.
ÖSTERREICH: Mit welcher weiteren Entwicklung rechnen Sie?Leinen: Nach dem August wird die Erkrankungswelle weiter anschwellen. Die EU rechnet mit bis zu einer Million Erkrankungen, aber es könnten deutlich mehr Fälle werden.