"Ein Ort der Vernichtung"

Selbstkritisch: Gedenken am Areal des früheren KZ Gusen

04.05.2022

Die versammelte österreichische Staatsspitze hat Mittwochabend am Areal des ehemaligen KZ Gusen in Oberösterreich der Befreiung des Lagers im Mai 1945 gedacht.  

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© APA/BMI/KARL SCHOBER
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"Gusen war in unserer Gedenkkultur nicht so gegenwärtig, wie es hätte sein müssen", räumte Bundespräsident Alexander Van der Bellen ein. Dieser Missstand werde nun behoben. Er sichere den Opferländern zu, dass Österreich alles tun werde, um das Areal zu einem Ort zu machen, "der dem Gedenken aller Opfer würdig ist".

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Während das Zentrum des ehemaligen Hauptlagers Mauthausen 1947 der Republik Österreich mit der Auflage übergeben wurde, eine Gedenkstätte zu errichten, und sich das Gedenken seither auf diesen Ort konzentriert, geriet das Nebenlager Gusen zunehmend in Vergessenheit. Nur eine kleine Gedenkstätte erinnerte an die Opfer, was zuletzt immer wieder für Diskussionen gesorgt hatte. Vor allem Polen - Heimatland vieler Opfer - machte Druck für ein würdigeres Gedenken und wollte das Areal sogar selbst kaufen. Heuer hat schließlich die Republik Österreich einige Flächen und Gebäudereste gekauft, darunter den ehemaligen Appellplatz, den Schotterbrecher und zwei SS-Verwaltungsgebäude. In den kommenden Jahren sollen sie in die bestehende Gedenkstätte Gusen integriert werden.

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"Ein Ort der Vernichtung"

"Gusen war ein Ort der Vernichtung", gedachte der Bundespräsident der Zigtausenden Opfer. Er erinnerte daran, dass das 1965 eingeweihte Memorial von Gusen "von internationalen Überlebenden-Verbänden finanziert und errichtet wurde, auf privater Basis. Erst 1997 übernahm die Republik Österreich die Verantwortung für das Memorial und errichtete 2004 ein Besucherzentrum mit Dauerausstellung." Nun sei der Grundstein gelegt, "der Würde und der Bedeutung des Ortes angemessen" zu gedenken.

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Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagte, dass Gusen ein Spiegelbild dafür sei, wie Österreich nach 1945 mit seiner Geschichte umgegangen sei. "Nur durch die Initiative vieler, die sich um diesen Ort verdient gemacht haben", sei es möglich, sich dieser Geschichte zu stellen. "Die Gedenkkultur hat sich in unserem Land Gott sei Dank in den letzten Jahren stark verändert."

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ging auf einen weiteren Aspekt der Nachkriegsgeschichte der Gegend ein, als hier Einfamilienhäuser und Wirtschaftsbetriebe errichtet wurden. Aber "die Leute, die hier leben, die darf man nicht dafür verantwortlich machen. Die Republik hat sich dazu entschieden, Mauthausen zum Ort des Gedenkens zu machen und Gusen aufzugeben. Und heute haben wir dazu einen anderen Zugang", betonte er. Für Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) "zeigt dieser Ort ganz besonders die Verdrängungskultur der jungen Zweiten Republik", als ehemalige Lagergründe parzelliert und billig verkauft wurden. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte, dass mit dem Kauf des Areals nun auch in Gusen ein würdiges Gedenken möglich gemacht werde. "Gedenkarbeit ist wichtig, weil die Zeitzeugen leiser werden, weniger werden, verstummen."

Lichtprojektion mit Namen der Opfer

Das feierliche Gedenken, zu dem auch zahlreiche weitere Regierungsmitglieder, Vertreter der Klubs von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS, mehrerer Botschaften sowie von Religionsgemeinschaften und Opferverbänden gekommen waren, hatte am frühen Abend in der Gedenkstätte Mauthausen begonnen, wo die Ehrengäste am Sarkophag Blumen niederlegten und Biografien von Opfern vorlasen. Fortgesetzt wurden die Feierlichkeiten dann am ehemaligen Appellplatz von Gusen. Nach Einbruch der Dunkelheit projizierte die Lichtinstallation #eachnamematters in Zusammenarbeit mit dem Linzer Ars Electronica Center die Namen der Opfer an die Außenmauer des Memorial Gusen.

Im KZ Mauthausen, das am 5. Mai 1945 von US-Truppen befreit worden ist, und seinen 49 Nebenlagern waren an die 200.000 Menschen inhaftiert, etwa die Hälfte davon überlebte nicht. Allein in Gusen wurden 71.000 Menschen aus fast 30 Nationen gefangen gehalten. Sie mussten dort unter enormem Blutzoll eine unterirdische Stollenanlage errichten, in der die Nazis unter dem Decknamen "Bergkristall" eine geheime Rüstungsproduktion betrieben.
 

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