Der Rechtsextreme wurde an der Grenze gestoppt, durfte nach einer Kontrolle aber weiterfahren.
Der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, ist nach Berichten über ein mögliches deutsches Einreiseverbot am Montagabend in Deutschland eingereist. Laut "Passauer Neue Presse" (Online-Ausgabe) traf Sellner in einem schwarzen Mini gegen 18.00 Uhr am Grenzübergang Passau ein und wurde von Beamten einer Kontrolle unterzogen wurde. Gegen 18.45 Uhr stand dann fest: Sellner darf einreisen.
Der "Spiegel" hatte am Wochenende mit Verweis auf Sicherheitskreise berichtet, dass für Sellner ein Eintrag in der internen Fahndungsdatenbank der deutschen Bundespolizei hinterlegt wurde. Bei einer Kontrolle könnten die Polizisten dem Österreicher den Grenzübertritt verwehren. Hintergrund dafür war die umstrittene Konferenz von Rechtsextremen in Potsdam, bei der der Aktivist über das Thema "Remigration" referiert hatte. Am Sonntag hieß es, die Ausländerbehörde von Passau prüfe die Möglichkeit einer Einreisesperre für Sellner. In Abstimmung mit den deutschen Sicherheitsbehörden werde beurteilt, ob eine Gefährdung für die Sicherheit und öffentliche Ordnung bestehe.
Kontrolle an Grenze
Sellner seinerseits kündigte am Sonntag in Sozialen Medien an, Passau zu besuchen und sich an der deutsch-österreichischen Grenze notfalls abschieben zu lassen. Unter dem Titel "Meine Flucht nach Deutschland" dokumentierte er am Montag via Live-Kanal auf Telegram seine Reise. In dem Video sagte der 35-Jährige, er wisse nicht genau, ob wirklich ein Einreiseverbot bestehe. "Wir stellen es auf die Probe." Er zeigte sich gespannt, was passiert: "entweder der erste Pushback von Passau und der Beweis, dass eine Grenze gesichert werden kann, wenn man nur möchte. Oder die Tatsache, dass trotz großem Getöse und großem Theaterdonner eine Einreise unproblematisch ist."
Beamte der deutschen Bundespolizei Passau kontrollierten daraufhin aus Österreich einreisende Autos. Polizeihauptkommissar Jürgen Bockstedt erklärte gegenüber der Mediengruppe Bayern, es wurde kontrolliert, ob bei Martin Sellner eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung vorliege. Die Entscheidung, ob er einreisen dürfe, lag bei der Bundespolizei in Potsdam. Bockstedt: "Wir haben die Gründe hinterfragt, warum er einreist, und wir haben keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt - und deswegen darf er einreisen."
"Willkommenskultur war überwältigend"
Sellner jubelte: "Die Willkommenskultur in Passau war überwältigend." An der Grenze gab es gemäß "Passauer Neue Presse" großes Medieninteresse. Auch Kamerateams waren demnach an Ort und Stelle. Ein Passauer Wirt, in dem Sellner laut eigener Ankündigung Kuchen essen wollte, hatte am Montag reagiert und sein Café geschlossen. Der Gastronom kämpfe nun mit Hasskommentaren, berichtete die Zeitung.
Sellner war bis 2023 Sprecher der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung Österreich (IBÖ). Die Rechercheplattform Correctiv hatte im Jänner ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam öffentlich gemacht, an dem einige deutsche Politiker teilgenommen hatten. Sellner hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Das Treffen hat zu Protesten in Deutschland und Österreich geführt. In Deutschland gehen seit Wochen hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. In Österreich kam es am vergangenen Freitag erstmals zu Demonstrationen gegen rechts. Vor dem Parlament in Wien versammelten sich trotz Regens bei einer breit unterstützten Großkundgebung nach Veranstalterangaben mindestens 80.000 Menschen, um die "Demokratie zu verteidigen". Laut Polizei waren es bis zu 35.000 Personen. Auch in Innsbruck und Salzburg gab es Protestveranstaltungen.