EU-Streitgespräch
„Sie haben keine Ahnung vom EU-Job"
30.05.2009
Die EU-Spitzenkandidaten von ÖVP und SPÖ, Ernst Strasser und Hannes Swoboda, im ÖSTERREICH-Streitgespräch vor der EU-Wahl.
In Umfragen liegen die beiden Finalisten der Großparteien Kopf an Kopf. Jetzt geht es um letzte Profilierungen: Wie stehen Strasser (ÖVP) und Swoboda (SPÖ) zum Rechtsruck in der FPÖ. Und wer legt Spesen und Kontakte offen.
ÖSTERREICH: Herr Strasser, warum wählt die ÖVP
Nationalratspräsident Martin Graf nicht ab?
Ernst Strasser: Genau
das, was manche jetzt fordern, dass man den Herrn Graf hinausschmeißt, das
will ja die FPÖ mit diesen inakzeptablen Provokationen erreichen. Wir müssen
hier mit Konsequenz und Besonnenheit reagieren.
ÖSTERREICH: Dennoch gibt es auch in der ÖVP Konsens, dass
Graf dem Ansehen des Landes schadet. Muss man jetzt nicht sagen, Graf ist zu
weit gegangen?
Strasser: Er ist auch zu weit gegangen, das
ist jenseits der Grenze und auch Josef Pröll hat das bereits klar gesagt.
Hannes
Swoboda: Wenn jemand von einem Gremium gewählt wird, dann muss man die
Möglichkeit haben ihn auch wieder abwählen zu dürfen. Die ÖVP hält sich die
Chance mit der FPÖ zusammenzugehen offen. Die ÖVP hat nie gesagt, dass Sie
mit der FPÖ nichts zu tun haben will. Das ist eine Wischiwaschi-Haltung.
Strasser:
Vollständiger Unsinn. Sie wissen, dass es genaue Regeln gibt, wie man
Politiker abwählt. Wir halten uns an diese Regeln.
ÖSTERREICH: Herr Strasser, fordern Sie Graf dezidiert zum
Rücktritt auf?
Strasser: Ich wüsste an seiner Stelle,
was zu tun ist. Aber auf Provokationen sollte man nicht mit Provokationen
antworten. Das ist Antwort genug.
ÖSTERREICH: Zum Thema Transparenz. Wann werden Sie Ihre
Spesen offenlegen, Herr Swoboda?
Swoboda: Das Jahr 2007
steht bereits auf meiner Webseite, 2008 wird demnächst kommen.
ÖSTERREICH: Das wollten Sie laut ihrer eigenen Ankündigung
bereits nach der Wahl 2004 machen.
Swoboda: 2004 haben wir
angekündigt, wir garantieren, dass kein Euro, der für Spesen gezahlt wird,
in die Tasche eines Abgeordneten fließt. Wir haben nicht gesagt, dass wir
das offenlegen werden. Aber wir haben in all den Jahren Rechnung geführt.
Ich habe aber noch nicht gehört, ob Sie das machen werden, Herr Strasser.
Strasser:
Ich habe überhaupt nichts dagegen, meine Spesen offenzulegen. Ich muss das
jetzt auch in meiner Firma dem Finanzamt melden.
ÖSTERREICH: Und Ihre Lobbying-Aktivitäten? Die will Herr
Swoboda ja auch offenlegen.
Strasser: Ich habe keine
unternehmerischen Tätigkeiten, die in irgendeiner Weise mit dem EU-Parlament
zu tun haben. Das EU-Parlament lässt unter bestimmten Umständen
Lobbying-Aktivitäten zu. Ich schließe aber komplett aus, dass es aus meiner
unternehmerischen Tätigkeit solche Aktivitäten gibt.
Swoboda:
Da haben Sie keine Ahnung von der Tätigkeit eines Abgeordneten. Jeder
Abgeordnete wird von Unternehmen permanent ,gelobbyt'. Worum es geht, ist
volle Transparenz. Man muss die Kontakte öffentlich machen.
Strasser:
Wenn Sie Unternehmer sind, können Sie zu jedem Antrag ja oder nein sagen.
Das ist wie beim Heiraten. Und alle solche Anfragen werde ich mit Nein
beantworten. Aber ich habe überhaupt kein Problem, jeden Lobbying-Kontakt
auch öffentlich zu machen.
Swoboda: Ich nehme an, Sie
heiraten nicht so oft, wie Sie Firmen gründen.
ÖSTERREICH: Sehen Sie sich mehr als Unternehmer oder als
Politiker, Herr Strasser?
Strasser: Ich bin Unternehmer und
Politiker, meine Aufteilung ist fifty-fifty.
Swoboda: Das kann
sich nicht ausgehen. Man kann kein Halbzeit-Politiker im EU-Parlament sein.
Strasser:
Es geht sich ja auch im Wahlkampf gut aus. Ich habe mich aus allen
operativen Tätigkeiten zurückgezogen um meine Energie dem Parlament zu
widmen.