Asyl-Zentrum
Skandal-Lager Traiskirchen
29.07.2015
Die tristen Zustände sprengen jede Vorstellungskraft. Ab Montag droht Sperre.
Das Erstaufnahmezentrum Traiskirchen am Mittwoch: Es regnet, hat frische 16 Grad und mit 4.600 Flüchtlingen halten sich hier so viele Schutzsuchende wie noch nie zuvor auf – unter desaströsen Bedingungen: Sie schlafen zu Dutzenden in überfüllten Räumen, kauern am Gang, haben keine Privatsphäre. Mehr als 2.000 von ihnen sind überhaupt obdachlos, es gibt nicht einmal einen Schlafplatz für sie, sie können nur auf Kartons oder Decken im Freien liegen.
Waschen müssen sie sich im Fluss, die hygienischen Zustände sind katastrophal. Viele haben sich Zelte besorgt, als Schutz vor Regen oder Hitze. Aber die Wiese ist nass, somit auch die Zeltböden und die Stimmung am Tiefpunkt. „Ich fühle mich wie ein Tier“, klagt Bahser aus dem Irak beim ÖSTERREICH-Lokalaugenschein. Traiskirchen ist längst Synonym für eine humanitäre Katastrophe mitten in Österreich.
Werden jetzt Container
und Zeltstädte errichtet?
Ein Ende der dramatischen Lage ist nicht in Sicht. Die Politik findet seit Monaten keine Lösung, selbst die neuen Verteilerzentren sind voll und täglich kommen bis zu 150 Flüchtlinge an. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte eine Sperre von Traiskirchen an, falls die Länder bis Freitag keine Konzepte vorlegen. Ein Aufnahmestopp ab Montag ist wahrscheinlich. Die Flüchtlinge sollen in Notquartiere wie leer stehende Hotels, Container und Zeltstädte in jenen Ländern, die die Quote nicht erfüllen, gebracht werden.
Parallel dazu beauftragte Niederösterreichs Erwin Pröll (ÖVP) gesundheitspolitische Kontrollen in Traiskirchen durch Ärzte der Landessanitätsdirektion. Seuchen oder Epidemien werden befürchtet. Auch aus diesem Grund ist eine Sperre via Bescheid der Bezirkshauptmannschaft bald denkbar.
J. Prüller
Das miese Geschäft der Schlepper-Mafia
Sie agieren ohne Rücksicht auf das Schicksal der Flüchtlinge, pferchen sie in überfüllte Schiffe und kassieren Tausende Euro. Im Zielland setzen Schlepper die Flüchtlinge nahe Autobahnen aus – die Details des miesen Geschäftszweigs.
- Bis zu 12.000 Euro: Für eine Überfahrt über das Mittelmeer verlangen die Schlepper zwischen 8.000 und 12.000 Euro. Eine Fahrt von Libyen nach Italien kostet zum Beispiel 4.000 Euro für das höchst gefährliche Unterdeck und 6.000 Euro für das Oberdeck. Teures Geld für eine Reise in die völlige Ungewissheit.
- Milliardengeschäft. Laut internationalen Studien werden weltweit mit der Schlepperei Milliarden Euro umgesetzt, die Schlepper-Gelder fließen hauptsächlich in die Türkei, nach Griechenland und Spanien.
- Heuer schon 350 Anzeigen: Geschnappt werden meist die kleinen Fische: Die Polizei intensiviert den Kampf gegen Schlepper, heuer gab es 350 Anzeigen wegen Menschenschmuggels, das sind 25 Prozent mehr als 2014.