Urteil
Skin-Affäre: Niederlage für die FPÖ
18.03.2015
Das OLG hob das bestehende Urteil auf und übte harsche Kritik.
Der Rechtsstreit um die Skinhead-Reportage von ORF-Redakteur Ed Moschitz ist um eine Facette reicher. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat Moschitz bei seiner Klage gegen die FPÖ wegen übler Nachrede und Verletzung der Unschuldsvermutung recht gegeben. Das Straflandesgericht hatte im Vorjahr gegen Moschitz entschieden, das OLG hob das Urteil nun auf und übte harsche Kritik an der ersten Instanz.
Hintergrund der medienrechtlichen Auseinandersetzung ist eine "Am Schauplatz"-Dokumentation, für die Moschitz im März 2010 zwei jugendliche Skinheads zu einer FPÖ-Veranstaltung nach Wiener Neustadt begleitet hatte, wo es zu einer Begegnung mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kam. Strache warf dem ORF-Redakteur vor laufender Kamera vor, die beiden Skinheads zu neonazistischen Parolen angestiftet zu haben. Was danach folgte, waren monatelange Auseinandersetzungen um angebliche "Sieg Heil"- oder "Heil Hitler"-Sager und Vorwürfe der FPÖ, wonach Moschitz beziehungsweise der ORF die Aufnahmebänder manipuliert hätten.
Strafrechts-Verfahren eingestellt
Strafrechtlich ist die Causa seit Mai 2013 erledigt, die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt hat ein Verfahren gegen Moschitz wegen Anstiftung zur Wiederbetätigung und Beweismittelfälschung eingestellt, weil man keinen tatsächlichen Grund zur weiteren Verfolgung sah. Im Zuge der Ermittlungen stärkte der Oberste Gerichtshof (OGH) auch das Redaktionsgeheimnis des ORF und hielt fest, dass der ORF Bild- und Tonmaterial nicht herausgeben muss, wie es damals die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt verlangt hatte.
Daneben wehrte sich Moschitz in einem medienrechtlichen Verfahren gegen FPÖ-Vorwürfe, wonach er die jugendlichen Skins zu Nazi-Parolen angestiftet und danach die Videobänder des ORF manipuliert hätte. Moschitz klagte die Partei wegen übler Nachrede und Verletzung der Unschuldsvermutung. Richter Stefan Apostol wies die Klagen in erster Instanz ab und sorgte mit der Begründung schon damals für Aufsehen. Es sei unbestritten, dass Moschitz in die Dokumentation aktiv eingegriffen habe. "Es war offenkundig, dass doch etwas nachgeholfen werden musste, auf eine Weise, die das Ganze zuspitzt", so Apostol damals. Und sollte zusätzlich ein "Nazisager" bei der betreffenden Veranstaltung fallen, wäre dies für Moschitz wohl "der Jackpot" gewesen. Der Richter ging aufgrund der Beweislage davon aus, dass der Sager gefallen sei und nachträglich vom Band entfernt wurde. "Die Möglichkeit der Manipulation hat bestanden." Eine andere Sicht der Dinge wäre "völlig lebensfremd".
Zurück vors Erstgericht
Das OLG hat dieses Urteil nun aufgehoben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Urteil Apostols wird dabei vom OLG zerpflückt und für juristische Verhältnisse harsch kritisiert. Die Entscheidung des Erstgerichts wird als "lebensfremd" und "korrekturbedürftig" bezeichnet, die Beweiswürdigung sei "vielfach nicht nachvollziehbar, sondern wirkt teilweise konstruiert und einseitig" und beinhalte "seltsame Hypothesen". Auf 59 Seiten weist das OLG auf zahlreiche Mängel sowie die extrem einseitige Beurteilung von Zeugenaussagen im Ersturteil hin und hält unter anderem auch fest, dass der Bedeutungsinhalt der publizierten FPÖ-Vorwürfe sehr wohl eine Verletzung der Unschuldsvermutung umfasse.
Moschitz-Anwältin Maria Windhager sprach gegenüber der APA von einem wichtigen Etappensieg. "Es war sehr belastend, dass uns im Erstverfahren nicht geglaubt wurde. Es ist uns aber in mühevoller Kleinarbeit gelungen, die Zweifel und Widersprüche aufzuzeigen. Das Oberlandesgericht hat unsere Bedenken aufgegriffen und teilt diese", sagte Windhager.
Erleichterung
Erleichtert zeigte sich auch Moschitz selbst. "Ich freue mich, dass uns immer die oberen Instanzen recht gegeben haben und wenn am Ende die Gerechtigkeit siegt. Das ist auch ein Erfolg für den ORF, weil es auch die Glaubwürdigkeit des ORF stärkt." Für das neuerliche Erstverfahren, dass von einem neuen Medienrichter geführt werden muss, gab sich der ORF-Journalist zuversichtlich. "Ich stelle mich dem gern noch einmal. Ich habe ja nichts zu verbergen. Ich werde das durchkämpfen, damit so etwas auch meinen Kolleginnen und Kollegen im ORF in Zukunft nicht so leicht passieren kann. Man kann das dem Herrn Strache nicht durchgehen lassen."