2. Prozess in der Korruptionsaffäre Strasser: Er setzte auf neue Verteidigung.
Dienstag, 9.02 Uhr, Großer Schwurgerichtssaal des Landesgerichts, Beginn einer Verhandlung mit Seltenheitswert: Niemand Geringerer als Ex-ÖVP-Innenminister Ernst Strasser sitzt auf der Anklagebank – und das bereits zum zweiten Mal. Vorwurf: Bestechlichkeit.
Strasser: »Geheimdienstler wollten Druck ausüben«
Mit ernster Miene humpelt er kurz davor an Journalisten vorbei. „Guten Morgen“, mehr sagt er nicht. Er trägt einen dunklen Anzug, wirkt angespannt. Er ist gehandicapt. Der linke Gipsfuß und die zwei Krücken sind Nachwehen des Skiunfalls vor ein paar Wochen.
Der Vorwurf: Der ehemalige EU-Politiker soll für 100.000 Euro Einfluss auf EU-Richtlinien genommen haben. Im ersten Prozess im November bezeichnete er jene Journalisten, die ihn überführten, als Geheimdienstagenten. Das Urteil – vier Jahre Haft – hob der OGH schließlich auf.
Jetzt die zweite Auflage. Strasser schwächte seine erste Agentenversion leicht ab. „Ich fürchtete, es wären Geheimdienstler, die mich unter Druck setzen wollten. Ich habe nie zugestimmt, Gesetze zu beeinflussen. Ich habe versprochen, für Beratungen zur Verfügung zu stehen.“
© APA/ Hochmuth
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»Vielleicht wollten sie mich als Geisel nehmen«
Richterin Helene Gnida agierte knallhart: Als Strasser bei wiederholtem Nachfragen keine Antwort gab, warnte sie ihn. „Ich frage Sie noch einmal, dann geh’ ich weiter, das könnte dann Ihr Schaden sein“, sagte sie forsch. Warum Strasser glaubte, dass die „Lobbyisten“ vom Geheimdienst stammten, fragte sie ihn: „Vielleicht wollte mich der Nachrichtendienst als Geisel haben“, antwortete Strasser.
Strasser erhielt 50.000 € pro Jahr von Hochegger
Auch Lobbyingtätigkeiten Strassers für Peter Hochegger und die Tiroler Wasserkraft waren Thema im Prozess. Strasser: „Ich hatte Projekte mit Hochegger. Ich erhielt 50.000 Euro pro Jahr. Für die Tiroler Wasserkraft war ich nicht aktiv tätig.“ Auch andere Beratungstätigkeiten während seiner Abgeordnetenzeit für Red Bull oder Alpine kamen zur Sprache.
Ex-Parteifreund Karas: Massive Einflussnahme
Am frühen Nachmittag sagte ÖVP-EU-Spitzenkandidat Othmar Karas als Zeuge aus. Er belastete Strasser schwer: „Ich habe noch nie so eine Einflussnahme erlebt“.
Weil Richterin Gnida detailliert wegen Gesetzesänderung nachbohrte, platzte Strassers Anwalt Thomas Kralik der Kragen. „Wir reden seit Stunden von dem Karas-Antrag, und das ist rechtlich gar nicht relevant.“
Das Urteil wird am 13. März verkündet. Für Ernst Strasser gilt die Unschuldsvermutung.
(pli, prj)