Nach der Einstellung des Dörfler-Verfahrens hat der Rat gegen Justiz und Ministerium Anzeige erstattet. Die Grünen haben gleich Dörfler selbst angezeigt.
Der Rat der Kärntner Slowenen übt heftige Kritik an ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner wegen der Einstellung des Verfahrens gegen den Kärntner BZÖ-Landeshauptmann Gerhard Dörfler. Ihre Begründungen für diesen Schritt seien "absurd", findet der Rechtsanwalt und stellvertretende Ratsobmann Rudi Vouk. Der Rat wirft der Justiz massive Beeinflussung der Politik vor und hat deshalb bei der Korruptions-Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet.
Vouk fühlt sich "verarscht"
Er fühle sich
regelrecht "verarscht", so Vouk. Die Vorgangsweise der Justiz sei "ein
Rückfall in Zeiten vor der bürgerlichen Revolution und vor der Demokratie".
Bandion-Ortner habe in den vergangenen Tagen mehrere verschiedene
Begründungen für die Einstellung des Amtsmissbrauch-Verfahrens gegen Dörfler
vorgebracht, von denen seiner Ansicht nach keine einzige haltbar sei. Die
neueste Variante, wonach ja kein Schaden entstanden sei, verstehe er noch
weniger als die vorherigen. Vouk: "Ist die Rechtsordnung kein
schützenswertes Gut?"
"Wir werden verhöhnt"
Es sei schon richtig, dass
Angehörige der Minderheit kein "subjektives Recht" auf die
Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln habe, so Vouk. "Genau deshalb
fordern wir seit Jahrzehnten ein Verbandsklagerecht." Das werde der
Volksgruppe vorenthalten, um sich dann darauf zu berufen. "Wir werden
immer wieder verhöhnt", kritisiert Vouk.
Bleibt Dörfler auf den Fersen
Eines stehe jedenfalls fest:
Dörfler wisse nun ganz genau, dass das Nichtvollziehen der Vorgaben des
Verfassungsgerichtshofes bezüglich der Ortstafeln von Bleiburg und Schwabegg
den Tatbestand des Amtsmissbrauchs erfülle. "Wenn er also jetzt
weiterhin nichts unternimmt, setzt er ja den Amtsmissbrauch fort, dann
werden wir ihn wieder anzeigen", kündigt Vouk an.
Ratsobmann Karel Smolle verlangt überhaupt gleich Dörflers Rücktritt. Er sei als Landeshauptmann "unerträglich" und für diese Funktion ungeeignet. Von ÖVP und SPÖ verlangen Smolle und Vouk, dass sie die Ortstafelfrage "rasch und ohne Einbeziehung des BZÖ" lösen müssten. Die ÖVP habe immer wieder Lösungen mit dem Argument blockiert, das BZÖ müsse eingebunden sein. "Eine offensichtlich rechtswidrige Ansicht" habe aber in einer Verordnung der Bundesregierung keinen Platz, argumentiert Vouk.
Anzeigen gegen StA und Ministerium
Konsequenzen müsse es aber
auch bei der Justiz geben, fordert der Anwalt. Das Nicht-Agieren der
Staatsanwaltschaft gegen Jörg Haider und Gerhard Dörfler habe immerhin
massiven Einfluss auf die Politik gehabt. "Es ist fraglich, ob Haider
als Angeklagter oder Verurteilter bei der Nationalratswahl 2008 so
erfolgreich gewesen wäre", mutmaßt Vouk. Deshalb habe man Anzeige
gegen die Verantwortlichen bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt und dem
Justizministerium erstattet. Dem Leiter der Staatsanwaltschaft Klagenfurt,
als hierorts Letztverantwortlichem, empfahl Vouk, "seine Pensionierung
zu beantragen". Das wäre das Mindeste, was an Konsequenzen zu ziehen
sei.
Grüne Anzeige gegen Dörfler
Die Grünen haben Dörfler
wegen der Ortstafelverrückung im Jahr 2006 neuerlich angezeigt. Nach der
Einstellung eines Verfahren hatten Slowenenorganisationen zwar einen
Fortführungsantrag gestellt, der Grüne-Minderheitensprecher Wolfgang Zinggl
ist aber der Meinung, dass der Antrag auf Fortführung des Verfahrens keine
optimale Maßnahme ist, den Fall neu aufzurollen oder zu überprüfen.
"Wissentlich Höchstrichter ignoriert"
Zinggl
argumentiert in seiner neuen Anzeige, Dörfler habe öffentlich zugegeben, "nicht
nur in der Vergangenheit wissentlich und absichtlich geltendes
Verfassungsrecht und Verfassungsgerichtserkenntnisse ignoriert" zu
haben. Seiner Ansicht nach hat Dörfler damit Amtsmissbrauch begangen. Das
Justizministerium begründet ja die Einstellung des früheren Verfahrens
damit, dass Dörfler kein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden konnte. Denn
strafbar wegen Amtsmissbrauch sei nur der Beamte, der seine Befugnis
wissentlich missbraucht und dabei mit dem Vorsatz handelt, konkrete Rechte
anderer - etwa Angehörige einer Minderheit - zu schädigen. Der VfGH habe
aber mehrmals ausgesprochen, dass es kein subjektives Recht des
Einzelnen/einer Gruppe von Minderheitenangehörigen auf Aufstellung
zweisprachiger Ortstafeln gebe.
Bandion-Ortner für politische Lösung
Justizministerin
Bandion-Ortnerselbst plädiert für eine politische Lösung. Es sei
"unbefriedigend", dass in der Causa Entscheidungen des
Verfassungsgerichtshofs seit Jahren nicht umgesetzt würden. Es gebe eine
"Gesetzeslücke", Politik und der "Verfassungsgesetzgeber" seien deshalb
gefordert, so Bandion-Ortner Montagvormittag. Darüber hinaus müsste die
Bundesregierung endlich die fehlende Verordnung in Sachen Ortstafeln
erlassen.
Kein Schädigungsvorsatz bei Dörfler
Kritik an der
Einstellung des Amtsmissbrauchsverfahrens gegen Dörfler wegen seiner
gemeinsamer "Ortstafelverrückung" mit dem verstorbenen Jörg Haider weist sie
erneut zurück. Amtsmissbrauch sei ein "komplexes Thema" und in diesem Fall
nach Einschätzung vieler Rechtsexperten nicht erfüllt. Der Tatbestand des
Amtsmissbrauchs brauche eine "konkrete Schädigung" und es müsse letztlich
eine "Verurteilung naheliegen". Der Verfassungsgerichtshof selbst habe
festgestellt, dass es "kein subjektives Recht" auf Aufstellung von
zweisprachigen Ortstafeln gebe, weshalb der Schädigungsvorsatz fehle.