Ortstafel-Konflikt
Slowenien ist sauer auf Faymann
27.08.2009
Der Bundeskanzler will über die zweisprachigen Ortstafeln weiter mit Kärnten und dem BZÖ verhandeln statt ein Machtwort zu sprechen.
Die slowenische Politik tritt in der Kärntner Ortstafel-Frage weiter aufs Gas. Nachdem Ministerpräsident Borut Pahor seinen österreichischen Amtskollegen Werner Faymann bei seinem Slowenien-Besuch am Mittwoch unerwartet deutlich auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs hingewiesen hatte, haben sich am Donnerstag weitere Spitzenpolitiker für eine schärfere Gangart Ljubljanas ausgesprochen und harte Kritik an den als unverbindlich gewerteten Worten des Kanzlers geübt.
"Faymann unterschätzt uns"
Innenministerin
Katarina Kresal warf dem Kanzler vor, mit seiner Betonung einer politischen
Lösung der Ortstafel-Frage "die Republik Slowenien zu unterschätzen". "Wir
sind überrascht von der Leichtigkeit, mit der der österreichische
Bundeskanzler die Frage der zweisprachigen Ortstafeln zur politischen, und
nicht rechtlichen Frage, erklärt", kritisierte die Chefin der
Liberaldemokraten (LDS). Slowenien dürfe nicht akzeptieren, dass diese
eindeutige Rechtsfrage wieder zum Spielball der Politik werde, betonte die
frühere Rechtsanwältin in Anspielung auf die Ortstafel-Erkenntnisse des
Verfassungsgerichtshofs.
"Nicht verhandeln, sondern verlangen"
Die slowenische
Regierung solle mit der österreichischen Seite keine Verhandlungen mehr
führen, "sondern unzweideutig und konsequent die Achtung der der Minderheit
zustehenden Rechte verlangen", forderte die LDS-Chefin. "Sonst muss
Slowenien dieses Problem internationalisieren und ähnlich wie Österreich
handeln, das seinen Streit mit Italien bezüglich der Rechte seiner
Minderheit in Südtirol ohne Vorbehalte bis zu den Vereinten Nationen
getragen hat, wo es sein Ziel auch erreicht hat", erinnerte Kresal.
"Keine guten Nachbarn"
Der Chef des slowenischen
Parlamentsausschusses für Auslandsslowenen, Miro Petek, zeigte sich
ebenfalls enttäuscht vom Treffen Pahor-Faymann in Brdo. Pahor "hat die
Erwartungen der slowenischen Öffentlichkeit, insbesondere aber der
Volksgruppe in Kärnten, nicht erfüllt", kritisierte der Politiker der
größten Oppositionspartei SDS (Slowenische Demokratische Partei). Auch er
forderte die Regierung auf, sich im Kampf für die Rechte der Kärntner
Slowenen von der österreichischen Südtirol-Politik inspirieren zu lassen.
"Solange die grundlegenden Menschenrechte der slowenischen Volksgruppe in
Österreich verletzt werden, ist es eine große Heuchelei, von
gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu sprechen", sagte Petek.
"Es ist eine Schande"
Noch schärfer äußerte sich der
parteilose Abgeordnete und frühere Minderheiten-Staatssekretär Franc Puksic.
"Was gestern passiert ist, ist eine Schande für unseren Staat und unsere
Außenpolitik." Pahor habe den Status Sloweniens als Rechtsnachfolgerin
Jugoslawiens im Staatsvertrag nur erwähnt, "um dem Druck der slowenischen
Öffentlichkeit zu entsprechen". Der Regierungschef hätte seinem
österreichischen Kollegen auch klarmachen müssen, "dass Slowenien alles tun
wird, dass es zur Erfüllung von Artikel 7 des Staatsvertrags durch
Österreich kommen wird".
VfGH-Urteil basiert auf Staatsvertrag
Pahor hatte die seit acht
Jahren überfällige Aufstellung zusätzlicher zweisprachiger Ortstafeln in
Kärnten als "Problem" in den bilateralen Beziehungen bezeichnet und betont,
dass Wien eine "Verpflichtung" gegenüber Ljubljana habe. Die
Ortstafel-Entscheidungen der Verfassungsrichter fußen nämlich auf Artikel 7
des Staatsvertrags, den Jugoslawien mitunterzeichnet hatte.
Nicht ohne das BZÖ
Wien bestreitet, dass Ljubljana die
Rechtsnachfolge Jugoslawiens in diesem Vertrag geltend machen kann. Faymann
meinte außerdem, dass sich eine Ortstafel-Lösung "nicht vor Gericht
durchsetzen" lasse und er die vom BZÖ dominierte Kärntner Landespolitik in
die Entscheidung einbinden wolle. "Das ist der einzige Weg", sagte Faymann.