Experten-Check
So nackt ist der Wahlkampf
19.08.2013Nackte Politiker, Nächstenliebe und so viel Social Media wie nie prägen den Wahlkampf.
Halbzeit im Wahlkampf – und die erste Bilanz zeigt: So nackt war der österreichische Wahlkampf noch nie. Sowohl Jungpolitiker Frank Stronach als auch FP-Chef Heinz-Christian Strache setzen auf ihren Body. Für das ÖSTERREICH-Interview am Wochenende hatte Stronach oben ohne posiert, am Sonntag konterte
der Freiheitliche via Facebook in der Badehose. Was bei Stronach noch als geniales Ablenkungsmanöver bewertet wird, ist für den Polit-Experten und Kommunikationsberater Thomas Hofer bei Strache „wenig originell“ (siehe unten).
Auch inhaltlich nackt
Die Gags können nicht verdecken, dass der Wahlkampf auch inhaltlich recht nackt
ist. Die Themen entstehen vor allem durch Eigenfehler (Beispiel ÖVP und Arbeitszeit) und werden von der SPÖ beinhart ausgenützt. Was auffällt: die FPÖ setzt nicht auf Aggression und die Grünen punkten vor allem mit den neuen Medien und führen den bisher witzigsten Wahlkampf.
SP setzt voll auf Kanzler
Der Wahlkampf ist komplett auf Kanzler Werner Faymann zugeschnitten. Die SPÖ wartet hauptsächlich auf Aufregerthemen, die ihr von der ÖVP aufgelegt werden (Frauenpension, Arbeitszeit) und krallt sich dann darin fest. Analyse: Basiswahlkampf und fokussierte Linie. Reitet eine Attacke nach der anderen.
VP schießt Eigentore
Die ÖVP hat Rückenwind aus der gewonnenen Heeres-Befragung und den Landtagswahlen. Sie setzt mit den neuen Plakaten auf Heimat. Mit den Themen Frauenpension und Arbeitszeit macht sie es der SPÖ leicht, die zum Teil uneinheitliche Linie aufzuzeigen. Analyse: Schöne Plakate, aber thematische Eigentore und mangelnde Abstimmung.
FP: Kampagne schwach
Die FPÖ plakatiert Nächstenliebe und fährt damit die schwächste Kampagne seit Langem. Der verkappte Anti-Ausländer-Wahlkampf regt nur die Kirche auf. Wenig originell: Als Stronach nackt posiert, postet Obmann Strache ein Foto in Badehose. Analyse: Problem: Zu viel Aggression treibt Wähler zum neuen Team Stronach.
Grüne: Spritzige Linie
Erstmals wirkt ein Wahlkampf der Grünen wirklich professionell. Die Linie ist einheitlich, kritisch-witzig. Um bei Jungen zu punkten, setzen sie aufs Internet. In Zeiten von Korruption müssten die Grünen Wahlsieger werden. Werden aber oft überschätzt. Analyse: Werbelinie fällt auf. Gefahr, dass Thema Arbeitsmarkt alles überdeckt.
Stronach: Aufs und Abs
Ein Wahlkampf voller Aufs und Abs. Extrem professionelle Plakate, Stronachs Auftritte wirken skurril, haben aber Kult-Faktor. Größter Rückschlag war der
Lindner-Rückzieher. Professionell überdeckt mit der Heimholung Sofias und Nackt-Auftritt. Analyse: Plakate weisen auf Stronachs Stärken hin. Er hätte
aber noch mehr Potenzial.