Vertrauliche Mails geleakt:
So will die Justiz das Ibiza-Video schwärzen
27.07.2020
Mails zeigen: Die Justiz will viele Stellen des Ibiza-Videos weiter geheim halten. Kripo-Experten erledigen die Schwärzung bis Mitte August, dann geht die zensurierte Datei an den Staatsanwalt.
"Es ist geplant, vorerst das geschwärzte Transkript und die Video-Datei ,wz-complete.mp4' mit den unkenntlich gemachten Stellen in einer ersten Tranche etwa Mitte August 2020 an die WKStA zu übermitteln", rapportiert ein Inspektor des Bundeskriminalamts an die Oberstaatsanwaltschaft. Zuvor ist noch zu lesen: "Wie mit X. (Name der Redaktion bekannt) vereinbart." Diese brisanten internen Mails sind der Investigativplattform EU-Infothek zugespielt worden. Der Herausgeber der EU-Infothek, Prof. Gert Schmidt, zu ÖSTERREICH: "Dass hier von wenigen Personen vorausgewählt werden soll, was die Abgeordneten und vielleicht auch die Öffentlichkeit tatsächlich zu sehen bekommt, klingt schon irgendwie, wie wenn wir einen ,Staat im Staate' hätten."
In den geleakten Mails wird auch erklärt, wie die Zensur des Ibiza-Videos, das Heinz-Christian Strache im Vorjahr den Vizekanzler-Job gekostet hat, ablaufen soll: "Bei den entsprechenden Passagen ist Ton und Bild komplett zu entfernen, jedoch das Video nicht zu unterbrechen und weiterlaufen zu lassen." Damit werden die ermittelnden Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und vermutlich dann auch die Abgeordneten im Ibiza-Untersuchungsausschuss ziemlich oft nur schwarze Bilder sehen . . .
Massive Kritik der FPÖ an Zensur
Lediglich an manchen Stellen den Ton wegzulassen und die Mundpartien zu verpixeln wurde abgelehnt: Das hätte einen "immensen Mehraufwand" bedeutet. In einer zweiten Tranche würden dann die weiteren vom Bundeskriminalamt sichergestellten Video- und Audio-Dateien von den Vorbesprechungen und Treffen der Ibiza-Clique (auch mit Johann Gudenus) an die WKStA übergeben werden.
"Das kann's bitte nicht sein: Da wird eine massive Zensur geplant. In diesem Fall darf nichts geschwärzt werden, wir sind im U-Ausschuss erwachsene Menschen, wir halten das schon aus, wir brauchen kein kinderprogrammtaugliches Video. Wir müssen alles sehen", kritisiert der Kopf der FPÖ-Gruppe im Untersuchungsausschuss, Christian Hafenecker. Es sei demokratiepolitisch abzulehnen, dass eine Behörde die Auswahl trifft, was vom Hauptbeweismittel zu sehen sein darf. Hafenecker: "Es drängt sich damit natürlich auch der Verdacht auf, dass viele Passagen nicht gezeigt werden dürfen, die diese ganze Causa vielleicht in ein anderes Licht rücken würden."
Werden entlastende Passagen wieder weggelassen?
So ist bereits jetzt bekannt, dass Heinz-Christian Strache vor den bereits oft kritisierten Aussagen in der Ibiza-Finca immer wieder betont hätte, nichts Illegales machen zu wollen. Und auch, dass er im Video klar gegen Antisemitismus auftrat sowie lange sehr wertschätzend über einen verstorbenen Zeitungsherausgeber sprach, sowie gegen einen bekannten Kolumnisten wetterte, der ihn angeblich unter Druck setzen wollte. Diese Aussagen blieben bisher unveröffentlicht.
Die nun geplante Vorgehensweise der Justiz wird jedenfalls sicher eine neue innenpolitische Debatte über die Rechte des parlamentarischen Untersuchungsausschusses auslösen.
RS