Darabos-Interview

Soldaten abziehen, wenn Neutralität gefährdet ist

29.01.2008

SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos äußert sich zum beginnenden Tschad-Einsatz des Bundesheeres im Interview mit ÖSTERREICH.

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© ÖSTERREICH/ Kernmayer
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ÖSTERREICH: Sie haben die österreichischen Truppen vor dem bevorstehenden Einsatz in den Tschad verabschiedet. Wie gefährlich ist dieser für die Bundesheer-Soldaten?

Norbert Darabos: Es ist eine Mission, die natürlich ein gewisses Risiko beinhaltet, aber der Einsatz ist in einer Wertigkeit festgelegt, die zwischen Afghanistan liegt, wo es gefährlicher ist, und Kosovo, das weniger gefährlich ist. Insofern haben Sie auch gesehen, dass die Soldaten sehr entschlossen und gut vorbereitet sind. Ich sehe diesem Einsatz also schon gespannt, aber mit einer gewissen Gelassenheit entgegen, weil ich weiß, dass wir alles getan haben, um uns bestens darauf vorzubereiten.

ÖSTERREICH: Sie haben angekündigt, selbst die Truppen im Tschad besuchen zu wollen. Wann genau werden Sie fahren?

Darabos: Ungefähr Mitte Februar fahre ich nach N’Djamena und nach Abéché, in das Hautquartier der Österreicher sowie in das weitere Einsatz-Gebiet.

ÖSTERREICH: Fliegen Sie mit den Soldaten, die erst später in den Tschad kommen, gemeinsam hin?

Darabos: Nein, wenn ich komme, sollten schon alle dort sein, sonst macht das wenig Sinn.

ÖSTERREICH: Sie betonen immer wieder, dass der Einsatz ein europäischer ist. Doch es gibt Kritik, dass Frankreich, das große strategische Interessen im Tschad hat, sich überproportional stark beteiligt. Wie wird Österreich reagieren, wenn sich Frankreich im Konflikt auf eine Seite schlägt?

Darabos: Das kann gar nicht passieren. Frankreich hat natürlich Interessen im Tschad, gar keine Frage. Aber diese EUFOR-Mission ist klar getrennt von allen anderen Interessen. Wenn es danach ginge, dürften Sie keine Friedensmissionen in der ganzen Welt beschicken. Haben wir etwa kein Interesse an Stabilität und Wachstum am Westbalkan? Mit der Lösung, dass die Hälfte des Kontingents von Frankreich gestellt wird, kann ich leben.

ÖSTERREICH: Sie sagen selbst, Frankreich hat Interessen im Tschad. Wie sind diese mit der österreichischen Neutralität vereinbar?

Darabos: Die EU-Mission ist unparteilich und neutral. Wir mischen uns ja nicht in einen Krieg zwischen Staaten ein. Es gibt im unmittelbaren Grenzgebiet bewaffnete Auseinandersetzungen, aber wir schützen Flüchtlingslager. Sollte Frankreich wider Erwarten Partei ergreifen, werde ich der Erste sein, der die Neutralitätsfrage stellt. Aber das ist aus meiner Sicht auszuschließen.

ÖSTERREICH: Was heißt „die Neutralitätsfrage stellen“?

Darabos: Wenn wer auf einer Seite aktiv eintritt, ist Österreich fehl am Platz. Aber das ist nicht zu erwarten.

ÖSTERREICH: Das heißt dann Rückzug?

Darabos: Ja.

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